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Macht Leslie Mothershed, der Mann, dem bald die Welt gehören wird, Paßfotos? Das wäre, als wollte man Michelangelo auffordern, einem das Bad zu streichen!

«Nein«, sagte er grob.

«Ich belästige Sie nicht gern, aber ich sitze schrecklich in der Patsche. Ich muß morgen früh um acht nach Tokio fliegen, und als ich vorhin einen Blick in meinen Paß geworfen habe, hab’ ich gesehen, daß das Foto sich irgendwie abgelöst hat. Es ist verschwunden! Ich hab’s überall gesucht. Und ohne Paßfoto lassen sie mich nicht durch die Kontrolle. «Der kleine Mann war den Tränen nahe.

«Sorry«, erwiderte Mothershed,»ich kann Ihnen nicht helfen.«

«Ein Foto wäre mir hundert Pfund wert!«

Hundert Pfund? für einen Mann mit einem schottischen Schloß, einem französischen Chäteau und einer Luxusjacht? Das war eine Beleidigung.

«Ich könnte Ihnen sogar noch mehr zahlen«, jammerte der Kleine.»Zwei- oder dreihundert Pfund. Ich muß dieses Flugzeug unbedingt nehmen, wissen Sie, sonst bin ich meinen Job los!«

Dreihundert Pfund für ein Paßbild? Die reine Aufnahme ohne die Arbeit in der Dunkelkammer würde nicht mehr als eine halbe Minute in Anspruch nehmen. Mothershed begann zu rechnen. Das waren 600 Pfund pro Minute — oder ein Stundenlohn von 36000 Pfund. Wenn man von einem Achtstundentag ausging, ergab das 288000 pro Tag. Und bei einer Fünftagewoche.

«Tun Sie mir den Gefallen?«

Mothershed Ego lag im Kampf mit seiner Geldgier, und die Geldgier siegte. Ein bißchen Taschengeld könnte ich gut brauchen.

«Gut, kommen Sie rein«, sagte er.»Stellen Sie sich dort drüben an die Wand.«

«Vielen Dank. Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar.«

Mothershed wünschte sich, er hätte eine Polaroid gehabt. Mit der wäre alles ganz einfach gewesen. Er griff nach seiner Konica mit eingebautem Blitz und sagte:»Den Kopf ein bißchen nach rechts drehen… so ist’s gut!«

Binnen zehn Sekunden war die Aufnahme gemacht.

«Das Entwickeln dauert ‘ne Weile«, sagte Mothershed.»Am besten kommen Sie in…«

«Ich warte lieber, wenn’s Ihnen recht ist.«

«Wie Sie wollen.«

Mothershed ging mit der Kamera in seine provisorische Dunkelkammer, schaltete die Deckenbeleuchtung aus, ließ nur die kleine rote Lampe brennen und nahm den Film heraus. Er würde rasch arbeiten, ohne sonderlich auf Qualität zu achten. Paßfotos sahen sowieso immer gräßlich aus.

Als Mothershed zehn Minuten später das Negativ begutachtete, glaubte er plötzlich, Rauch zu riechen. Er holte prüfend Luft. Bildete er sich das nur ein? Nein, der Brandgeruch wurde sogar immer stärker. Er drehte sich um und wollte die Tür öffnen. Sie schien zu klemmen. Mothershed warf sich dagegen. Sie gab nicht nach.

«Hallo!«rief er ängstlich.»Was ist dort draußen los?«

Keine Antwort.

«Hallo?«Er warf sich erneut gegen die Tür, die aber durch irgend etwas Schweres von außen blockiert schien.»Mister?«

Wieder keine Antwort. Das einzige Geräusch war ein ständig lauter werdendes Prasseln. Der Brandgeruch wurde überwältigend stark. Die Wohnung brannte! Bestimmt ist der Mann weggegangen, um Hilfe zu holen! Leslie Mothershed warf sich erneut gegen die Tür, die aber keinen Millimeter nachgab.»Hilfe!«brüllte er.»Holt mich hier raus!«

Unter der Tür quollen Rauchschwaden in den kleinen Raum. Mothershed spürte bereits die Hitze der Flammen. Er bekam kaum noch Luft. Als er spürte, daß ihm die Sinne schwanden, sank er auf die Knie.»Lieber Gott, laß mich nicht sterben. Nicht jetzt, wo ich reich und berühmt werden könnte…«»Hier Reggie.«

«Ist der Auftrag ausgeführt?«

«Ja, Sir. Ein bißchen zu sehr durchgebraten, aber rechtzeitig serviert.«

«Ausgezeichnet.«

BLITZMELDUNG

TOP SECRET ULTRA SIS AN DIREKTOR NSA PERSÖNLICH 1. AUSFERTIGUNG VON 1 AUSFERTIGUNG(EN)

BETREFF: OPERATION DOOMSDAY

3. LESLIE MOTHERSHED — LIQUIDIERT TEXTENDE

Als Robert Bellamy gegen zwei Uhr morgens in die Grove Road zurückkam, um den Eingang zu überwachen, herrschte dort ein völliges Verkehrschaos. Auf der Straße standen ein halbes Dutzend Löschfahrzeuge, ein Krankenwagen und drei Streifenwagen mit eingeschalteten Blinklichtern. Er arbeitete sich bis in die erste Reihe der Neugierigen vor.

Ein Feuer hatte das Haus 213A Grove Street verwüstet. Die Wohnung des Fotografen im ersten Stock war nur noch ein gähnendes schwarzes Loch.

«Um Gottes willen, wie ist das passiert?«fragte Robert einen Feuerwehrmann.

«Wissen wir noch nicht. Bitte zurücktreten!«

«Die Wohnung dort oben gehört meinem Cousin. Ihm ist hoffentlich nichts passiert?«

«Leider doch, Sir«, sagte der Mann in mitfühlendem Tonfall.»Er wird gerade abtransportiert.«

Robert beobachtete, wie zwei Sanitäter eine Tragbahre mit einer zugedeckten Gestalt in den Krankenwagen schoben.

«Ich habe bei ihm gewohnt«, behauptete er.»Meine ganzen Sachen sind noch in seiner Wohnung. Am besten gehe ich kurz rauf und.«

Der Feuerwehrmann schüttelte den Kopf.»Das würde nichts nützen, Sir. Die Wohnung ist völlig ausgebrannt.«

Völlig ausgebrannt. Mitsamt den Fotos und der kostbaren Liste mit den Namen und Adressen der Fahrgäste des Busses.

Soviel zu deinem vermeintlichen Glückstreffer, dachte Robert bedrückt.

21

Auf den Straßen von Zürich drängten sich fremdartige Lebewesen: eigenartig mißgestaltete Riesen mit grotesken Körpern und winzigen Augen, deren Haut die Farbe von gekochtem Fisch hatte. Diese Wesen waren Fleischfresser, und sie haßte den Aasgeruch, den ihre Leiber absonderten. Einige der Weibchen trugen Tierfelle — die Überreste von Lebewesen, die sie ermordet hatten. Sie stand noch immer unter dem Schock des gräßlichen Unfalls, der ihren Gefährten die Lebensessenz geraubt hatte.

Sie war seit vier Zyklen des Trabanten, den diese Lebewesen Luna nannten, auf der Erde und hatte seither keine Nahrung zu sich genommen. Das einzige Wasser, das sie hatte trinken können, war das frische Regenwasser in der Viehtränke des Bauern gewesen, aber seither hatte es nicht mehr geregnet. Und alles sonstige Wasser war ungenießbar. Sie hatte versucht, Obst und rohes Gemüse zu essen, aber beides war im Vergleich zu den saftigen Früchten ihrer Heimat völlig geschmacklos.

Sie war hochgewachsen, elegant und schön und hatte leuchtendgrüne Augen. Nach dem Absturz hatte sie die Gestalt einer

Erdbewohnerin angenommen, so daß sie sich unerkannt in der Menge bewegen konnte.

Jetzt saß sie an einem Tisch auf einem harten, unbequemen Stuhl, der für Menschenleiber bestimmt war, quälte sich mit einer Portion Salat ab und las die Gedanken der Erdbewohner in ihrer Umgebung.

Am Nebentisch saßen zwei dieser Wesen. Einer von ihnen redete auf den anderen ein.»Das ist die Chance deines Lebens, Franz! Mit fünfzigtausend Franken kannst du gleich zu Anfang einsteigen. Fünfzigtausend kannst du doch leicht aufbringen?«Sie las seine Gedanken. Los, du geiziges Schwein, ich brauche die Provision!

«Klar, aber ich weiß nicht recht.«Das Geld müßte ich mir von meiner Frau borgen.

«Hab’ ich dich bei Investitionen jemals schlecht beraten?«Entschließ dich endlich!

«Das ist verdammt viel Geld.«Soviel gibt sie mir nie.

«Bei diesem Potential? Damit kannst du Millionen verdienen!«Sag schon ja.

«Gut, ich bin dabei.«Vielleicht kann ich einen Teil ihrer Juwelen verpfänden, ohne daß sie’s merkt.