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«Sie müssen sich ein wenig gedulden», sagte Hercule Poirot.

IV

Ashley Lodge, der Wohnsitz von General Grant, war kein großes Haus. Es lag am Fuß eines Hügels, hatte gute Stallungen und einen weitläufigen, etwas vernachlässigten Park.

Innen war es, was ein Realitätenhändler «komplett möbliert» nennen würde. Buddhas mit gekreuzten Beinen grinsten aus Nischen herunter, indische Messingtabletts und Tische hinderten die Bewegungsfreiheit. Elefantenprozessionen verzierten die Kaminsimse, und andere überladene Messingarbeiten schmückten die Wände.

Inmitten dieses anglo-indischen Heimes fern der Heimat saß der General in einem großen, schäbigen Lehnstuhl. Eines seiner Beine ruhte bandagiert auf einem anderen Stuhl.

«Gicht», erklärte er. «Haben Sie je an Gicht gelitten, Monsieur – hm – Poirot? Macht einen verteufelt schlecht gelaunt! Das verdanke ich meinem Vater. Hat sein Leben lang Portwein getrunken und mein Großvater auch. Es hat mir übel mitgespielt. Wollen Sie etwas trinken? Läuten Sie bitte meinem Burschen.»

Ein Diener im Turban erschien. General Grant sprach ihn mit Abdul an und befahl ihm, Whisky und Soda zu bringen. Als der Whisky kam, schenkte er eine so reichliche Portion ein, daß Poirot protestierte.

«Kann Ihnen nicht Gesellschaft leisten, Monsieur Poirot.» Der General litt offenbar Tantalusqualen. «Mein Doktor-Wallah sagt, es ist Gift für mich. Ich glaube keinen Augenblick, daß er es wissen kann. Ignoranten, die Ärzte – Spielverderber. Sie verbieten einem das Essen und Trinken und verordnen einem irgendeinen Papp wie gedünsteten Fisch. Gedünsteten Fisch – pah!»

In seiner Entrüstung bewegte der General unvorsichtigerweise sein schlimmes Bein und fluchte über den Schmerz. Dann entschuldigte er sich wegen seiner Ausdrucksweise.

«Ich bin wie ein alter Brummbär. Meine Töchter machen einen Bogen um mich, wenn ich einen Gichtanfall habe. Ich nehme es ihnen nicht übel. Ich höre, Sie haben eine von ihnen kennengelernt –»

«Ja, ich hatte dieses Vergnügen. Sie haben mehrere Töchter, nicht wahr?»

«Vier», bestätigte der General mürrisch. «Nicht ein Junge darunter, vier ausgewachsene Mädel. Eine große Sorge heutzutage.»

«Sie sind alle vier sehr reizend, höre ich.»

«Nicht übel, nicht übel. Ich weiß nie, was für Unfug sie treiben, wissen Sie. Man kann Mädel heutzutage nicht im Zaum halten. Sie wachsen einem über den Kopf. Lockere Zeiten – alles ist gelockert. Was kann ein Mann allein machen? Ich kann sie doch nicht einsperren, nicht wahr?»

«Ich höre, sie sind in der Nachbarschaft sehr beliebt.»

«Außer bei ein paar von den boshaften alten Weibern», sagte General Grant. «Es gibt hier viel Schafe, die die Lämmchen spielen. Eine von diesen Witwen mit den Unschuldsaugen hat mich fast eingefangen – sie ist immer hergekommen und hat geschnurrt wie ein Kätzchen. ‹Armer General Grant – Sie müssen ein so interessantes Leben geführt haben.›» Der General zwinkerte und legte einen Finger an die Nase. «Etwas zu deutlich, Monsieur Poirot. Nun, alles in allem genommen, ist es keine üble Gegend. Etwas zu betriebsam und lärmend für meinen Geschmack. Ich habe das Land geliebt, als es noch echtes Land war – nicht all dieses Herumchauffieren und Jazz und das verdammte ewige Radio. Ich dulde keines im Haus, und die Mädel wissen es. Ein Mann hat das Recht auf ein wenig Ruhe im eigenen Heim.»

Poirot lenkte die Konversation vorsichtig auf Antony Hawker.

«Hawker? Hawker? Mir unbekannt. Halt, warten Sie, ich kenne ihn doch. Antipathischer Kerl mit zu nahe beisammen liegenden Augen. Ich traue nie einem Mann, der einem nicht gerade ins Gesicht sehen kann.»

«Er ist mit Ihrer Tochter Sheila befreundet, nicht wahr?»

«Sheila? Nicht daß ich wüßte. Die Mädchen sagen mir nie etwas.»Die buschigen Augenbrauen zogen sich über der Nase zusammen – die durchdringenden blauen Augen blickten aus dem roten Gesicht geradewegs in Poirots Augen. «Hören Sie, Monsieur Poirot, um was handelt es sich? Möchten Sie mir nicht sagen, weshalb Sie mich aufgesucht haben?»

Poirot erklärte bedächtig:

«Das ist schwer zu sagen – vielleicht weiß ich es selbst kaum. Ich möchte nur eines sagen: Ihre Tochter Sheila, und vielleicht alle ihre Töchter, haben einige unerwünschte Freundschaften geschlossen.»

«In schlechte Gesellschaft geraten, wie? Das habe ich befürchtet. Hie und da schnappt man ein Wort auf.» Er blickte Poirot Mitleid heischend an. «Aber was soll ich tun, Monsieur Poirot? Was soll ich tun?» Poirot schüttelte ratlos den Kopf. General Grant fuhr fort: «Was ist denn an den Leuten auszusetzen, mit denen sie verkehren?» Poirot erwiderte mit einer Gegenfrage: «Ist Ihnen nicht aufgefallen, General Grant, daß irgendeine Ihrer Töchter launenhaft, hektisch – dann wieder deprimiert – reizbar – ungleichmäßig in ihren Stimmungen war?»

«Verflucht noch einmal, Sir, Sie sprechen wie die medizinische Ecke im Blatt der Hausfrau. Nein, ich habe nichts bemerkt.»

«Das ist ein Glück», meinte Poirot ernst.

«Zum Teufel, was steckt hinter all dem?»

«Rauschgifte!»

«Was?» Er brüllte das Wort heraus.

Poirot fuhr fort:

«Man versucht, Ihre Tochter Sheila zur Kokainistin zu erziehen. Das geht sehr schnell. Ein bis zwei Wochen genügen. Wenn die Gewohnheit eingerissen ist, wird ein Süchtiger jeden Preis bezahlen und alles tun, um sich das Gift zu verschaffen. Sie können sich vorstellen, was für einen Fischzug derjenige machen kann, der es vertreibt.» Er hörte schweigend das Toben und die zornigen Flüche an, die aus dem Mund des alten Mannes flossen. Dann, als der Sturm sich gelegt und der General ganz genau beschrieben hatte, was er dem hündischen Sohn einer Hündin tun würde, wenn er ihn erwischen sollte, sagte Poirot:

«Zuerst müssen wir, wie Ihre bewunderungswürdige Mrs. Benton sagt, den Hasen fangen. Wenn wir einmal unseren Rauschgiftschieber erwischt haben, werde ich ihn Ihnen mit dem größten Vergnügen ausliefern, General.»

Er stand auf, stolperte über ein reich geschnitztes Tischchen und gewann sein Gleichgewicht wieder, indem er das bandagierte Bein des Generals packte. Er murmelte:

«Ich bitte tausendmal um Entschuldigung; und darf ich Sie bitten – verstehen Sie mich, inständig bitten – Ihren Töchtern kein Wort von all dem zu sagen.»

«Was? Ich werde die Wahrheit schon aus ihnen herausbringen, seien Sie versichert!»

«Das ist gerade das, was Sie nicht herausbringen werden. Alles, was Sie herausbringen werden, ist eine Lüge.»

«Aber verflucht noch einmal, Sie –»

«Ich versichere Sie, General, daß Sie den Mund halten müssen. Es ist lebenswichtig – verstehen Sie: lebenswichtig.»

«Also schön, wie Sie wollen», brummte der alte Haudegen. Er war besiegt, aber nicht überzeugt – Poirot tappte vorsichtig durch die indischen Kunstgewerbeerzeugnisse hindurch und ging fort.

V

Mrs. Larkins Wohnzimmer war überfüllt. Mrs. Larkin selbst mixte an einem Seitentisch Cocktails. Sie war eine große Frau mit kastanienbraunem Haar, das sie in einer Rolle im Nacken trug. Ihre Augen waren graugrün mit großen schwarzen Pupillen. Sie bewegte sich leicht mit einer gewissen melancholischen Grazie. Sie sah aus wie Anfang der Dreißig, und nur bei genauer Beobachtung sah man die Fältchen an den Augenwinkeln, die darauf schließen ließen, daß sie um zehn Jahre älter war.

Hercule Poirot war von einer munteren älteren Dame, einer Freundin von Lady Carmichael, eingeführt worden. Man gab ihm einen Cocktail und bat ihn, einem jungen Mädchen, das in der Fensternische stand, ebenfalls einen zu bringen. Das Mädchen war klein und blond, ihr Gesicht war weiß und rosa und von verdächtiger Engelhaftigkeit. Poirot merkte sofort, daß ihre Augen flink und mißtrauisch waren.