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»Eleborn hat sie geschickt. Er entrichtet dir seine Grüße und hofft, dass er dich bald besuchen kann.«

»Eleborn …« Ihr Blick war wieder in sich gekehrt, als könnte sie in die Vergangenheit sehen. »Er war bei mir, als ich die Eibe für meinen Bogen gefällt habe. Er hat mich nicht an die Meister der Weißen Halle verraten. Kennst du ihn, Nodon?«

»Nein, nur dem Namen nach.«

»Er erschafft wundervolle Skulpturen aus Licht und Wasser. Die Kinder werden seine Kunst lieben.« Sie ging zur Wiege, die neben dem Bett stand.

Nodon vermeinte eine gewisse Scheu zu spüren, als sie dies Möbelstück näher betrachtete. Die Wiege war weiß und in einem schweren Holzrahmen so aufgehängt, dass sie schwingen konnte. Eine niedrige Trennwand unterteilte sie in zwei Schlafplätze. Der Himmel über dem Kopfende war mit fliegenden Pegasi ausgemalt. Die Mitte des Bildes beherrschte ein Rappe mit weit ausgebreiteten Schwingen, der eine schneeweiße Blesse auf der Stirn trug. Sternauge, der Pegasus Nandalees.

Sie erkannte ihn und strich mit der Hand über das Bild. »Schön«, sagte sie leise. »Von wem ist dieses Geschenk?«

Nodon räusperte sich verlegen. »Von mir … Ich bin kein sehr begnadeter Maler … Ich …«

»Für mich ist die Wiege das schönste von allen Geschenken.« Sie winkte Firaz, die zögernd in der Tür stand. Dann nahm sie der Gazala die Kinder ab und legte die beiden in ihr neues Bett.

»Hast du ihnen schon Namen gegeben?«

»Ja, ich habe mit Gonvalon lange darüber gestritten.« Sie lächelte. »Unser Sohn soll Meliander heißen, unsere Tochter Emerelle.« Plötzlich standen ihr Tränen in den Augen. »Weißt du, er hat mir fest versprochen, er würde bei mir sein, wenn die beiden zur Welt kommen.« Ihre Stimme klang plötzlich rau. »Ich dachte …« Sie schüttelte den Kopf. »Er hat Wort gehalten. Er war dort. Im Geburtshaus. Ich weiß nicht, wie er das gemacht hat. Aber er hat sie beide gesehen. Wenigstens dieses eine Mal.«

Nodon fühlte sich elend. Er hätte sich für diesen Betrug nicht hergeben sollen.

Nandalee blickte zu ihm auf. »Ich weiß, du und Gonvalon, ihr wart keine Freunde. Die beiden werden einen Vater brauchen … Ich werde ihnen nicht alles geben können, was sie benötigen.«

Nodon hob abwehrend die Hände. »Nein, darin wäre ich nicht gut …«

Nandalee sah ihm fest in die Augen. »Ich glaube, du kannst in allem gut sein, wenn du es nur willst. Das ist deine besondere Gabe, Nodon.«

Er wich ihrem Blick aus, sah zu den Fenstern, dann in die Wiege. Emerelle schlief. Aber aus Melianders entstelltem Gesicht sahen ihn zwei wache Augen aufmerksam an. Wieder hatte Nodon das absurde Gefühl, dass der Kleine alles verstanden hatte. Und auch seine Augen schienen ihn zu bitten, dass er zustimmte.

»Ich könnte es versuchen«, sagte er schließlich zögerlich. »Aber erwarte nicht zu viel von mir.«

Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn sanft auf die Wange. »Danke. Sie werden dich dafür lieben.«

Der Schwertmeister sah zur Wiege hinab. Genau davor fürchtete er sich. Liebe.

Neue Aufgaben

Er hörte das harte Schlagen der Stöcke schon, als er noch mehrere Straßen entfernt war. Sie waren schnell, sehr schnell, dachte er zufrieden. Er zog den weiten Kapuzenmantel ein wenig enger, doch vermochte er das Licht nicht ganz zu verbergen. Auch war er sich der Blicke bewusst, die ihm folgten. Bidayn hatte die Stadt verändert. Jeder hier in Uttika schien zu wissen, dass es ein Geheimnis gab. Der Goldene las es in den Augen der Kobolde, die dicht entlang der Mauern huschten, in den Augen der Kentauren, die stets die Mitte der Straßen nahmen, in den Augen der Faune und Minotauren, der einen Elfe, die seinen Weg kreuzte.

Er schärfte seine Sinne. Lauschte auf das Raunen, das wieder auflebte, sobald er vorübergegangen war.

»Der gehört auch dazu …«

»Ja, sie hat noch einen geholt …«

»Dass Shanadeen nicht merkt, wen er sich da ins Haus geholt hat…«

»Die werden sein Vermögen durchbringen …«

»Warum sind die nicht bei den Kriegern, die nach Nangog gerufen werden …«

»Haben sich freigekauft mit Shanadeens Vermögen …«

Nun, unauffällig war sie nicht geblieben. Selbst von ferne hatte er gespürt, wie sie sich verändert hatte. Sie wollte ihre Macht ausleben. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, so sehr auf sie zu bauen.

Am Morgen war Lyvianne bei ihm gewesen, um ihm vom Geheimnis, das sie aufgedeckt hatte, zu berichten. Sie hatte ihn wahrlich überrascht. Sie hatte zwar nicht alles durchschaut, was im Komplott um Anatu geschehen war, aber das, was sie zu berichten wusste, war schon ungeheuerlich gewesen. Es hatte ihn aufgewühlt, aber er würde die Wahrheit über den Purpurnen noch zurückhalten. Dieses Wissen war Macht. Er musste den rechten Augenblick abpassen, es zu nutzen.

Plötzlich verstummte das Klacken der hölzernen Übungsschwerter. Zu abrupt. Sie hatte ihn bemerkt, da war er sich sicher. Er sah die Gasse hinab zu der Tür in der hohen Mauer. Wie von Geisterhand bewegt, schwang sie auf.

Der Goldene blieb stehen. Sie sollte zu ihm kommen. Er konnte sie riechen. Seine Sinne waren ganz auf sie gerichtet. Verwesungsgeruch haftete ihr wieder an. Ob sie sich eines Tages zu ihrer wahren Haut bekennen würde, um diesem Geruch zu entfliehen?

Hinter der Mauer wurde nicht geflüstert. Er spürte sie alle, seine Mörder, die sie für ihn auserwählt hatte. Lemuel, den Maurawan, der Vögel mehr liebte als sein eigenes Volk. Kyra, die Märchenerzählerin, die vor ihrem Vater Solaiyn fortlief, der sich als sein Feldherr so nützlich erwiesen hatte. Asfahal, der Blender mit der verletzten Seele, der es nie müde wurde, Trost in fremden Armen zu suchen und so viele gebrochene Herzen hinter sich ließ. Und Valarielle, die es liebte, sich in Dunkelheit zu hüllen. Die fünf waren sich so nahe gekommen, dass Blicke genügten, um zu wissen, was zu tun war. Das war gut! Sie könnten vieles erreichen.

Er hörte leise Schritte. Dann stand sie in der Tür. Bidayn. Sie war nicht mehr das Mädchen, das er nach Nangog geschickt hatte. Sie wirkte härter. Jetzt, da sie ein eigenes Ziel hatte, hatte sie viel entschlossener geübt als in der Weißen Halle. Sie hatte sich ihren Körper untertan gemacht, sich gestählt. Sie hielt seinem Blick stand. Das gefiel ihm.

»Wir müssen reden, Dame Bidayn.«

Sie nickte und kam auf ihn zu. Die Pforte in der Mauer schloss sich.

Sie roch nach frischem Schweiß, ein Duft, den er schon immer an Frauen gemocht hatte. »Ich hatte Euch gebeten, unauffällig zu bleiben, meine Dame. Mir scheint, es ist Euch nicht sonderlich geglückt, meinem Wunsch nachzukommen.«

»Mich betrübt, Euch enttäuscht zu haben, doch kann ich Euch versichern, dass in dieser Stadt niemand ahnt, was ich oder meine Gefährten wirklich sind.« Sie blieb zwei Schritt vor ihm stehen. Er spürte, wie seine Aura der Macht auf sie wirkte, und sie versuchte, sich zu widersetzen. Es würde ihr nicht gelingen. Kein Albenkind konnte sich einer Himmelsschlange widersetzen. Aber es war bemerkenswert, dass sie es versuchte.

»Darf ich mich erklären, mein Gebieter?«

»Ich bin verärgert.« Er sah, wie sie kurz zusammenzuckte, als er sie ein wenig gespielten Zorn spüren ließ. »Ihr solltet hier im Verborgenen bleiben!«

»Ein Wunsch, der unmöglich Wirklichkeit werden konnte«, entgegnete sie mit fester Stimme. »Diese Stadt ist zu klein für fünf Elfen wie uns. Es ist unmöglich, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Und das Land ringsherum bietet keinen Ort, an dem wir ungestört üben könnten. Keine versteckten Buchten, denn überall entlang der Küste gibt es Fischer. In den flachen Hügeln vor der Stadt wandern zu viele Hirten mit ihren Herden. Längst hätten unerwünschte Augenpaare beobachtet, was wir tun. Wie Valarielle Finsternis webt und wir ein Teil dieser Finsternis werden. Hier inmitten der Stadt habe ich dafür gesorgt, dass dies nicht geschehen kann.«

Er lachte leise. »Nur dass man Eure Holzschwerter noch drei Straßen entfernt hört, meine Dame. Was glaubt Ihr, was die Albenkinder Uttikas über Euch denken?«