Ein Stück flußaufwärts von Tongling, gegenüber der Stadt Datong, befindet sich eine ellenbogenförmige Flußbiegung. In der Beuge dieses Ellenbogens liegen zwei dreieckige Inseln, zwischen denen sich ein Kanal gebildet hat. Der Kanal ist ungefähr eineinhalb Kilometer lang, fünf Meter tief und zwischen vierzig und zweihundert Meter breit, und genau dieser Kanal wird das halbnatürliche Schutzgebiet der Delphine sein.
An beiden Enden des Kanals werden zur Zeit Zäune aus Bambus und Metall errichtet, durch die das Wasser des Hauptflusses ununterbrochen strömen kann. Um das zu bewerkstelligen, müssen gewaltige Umbauarbeiten vorgenommen werden. Auf einer der beiden Inseln werden eine große Tierklinik und Auffangbecken zum Halten verletzter oder frisch gefangener Delphine errichtet. Auf der anderer entsteht eine Fischfarm, um ihnen Nahrung zu bieten.
Es ist ein enorm umfangreiches Projekt.
Es ist sehr, sehr kostspielig, sagte das Komitee feierlich und dabei könne man nicht einmal sicher sein, daß es funktionieren werde. Trotzdem müßten sie es versuchen. Der Baiji, erklärten sie uns, bedeute ihnen sehr viel, und es sei ihre Pflicht, ihn zu schützen.
Mark fragte sie, wie in aller Welt sie das Geld dafür aufgetrieben hätten. Alles sei in so unglaublich kurzer Zeit in dis Tat umgesetzt worden.
Ja, sagten sie, wir mußten sehr, sehr schnell arbeiten.
Sie hatten das Geld aus vielen Quellen bekommen. Ein beträchtlicher Anteil stammte von der Zentralregierung und die Kommunalregierung hatte sogar noch etwas mehr beigesteuert. Außerdem waren große Summen von der Menschen und von Firmen aus der Gegend gespendet worden.
Darüber hinaus, sagten sie etwas zögernd, hätten sie begonnen, sich mit Öffentlichkeitsarbeit zu beschäftigen, und würden es sehr begrüßen, wenn wir uns dazu äußerten. Chinesen verstünden wenig von solchen Dingen, während wir als Leute aus dem Westen, doch gewiß Experten wären.
Zuerst, sagten sie, hatten sie die örtliche Brauerei überredet, den Baiji als ihr Markenzeichen zu verwenden. Ob wir Baiji-Bier probiert hätten? Es sei ein gutes Bier und heute in ganz China sehr beliebt. Danach waren andere gefolgt. Das Komitee hatte begonnen...
An dieser Stelle stießen wir auf ein geringfügiges Vokabelproblem, und erst nach einer kurzen Diskussion mit dem Dolmetscher kam die richtige Formulierung schließlich zum Vorschein.
Sie hatten begonnen, Lizenzvereinbarungen zu treffen. Ortsansässige Firmen mußten Geld in das Projekt investieren und durften im Gegenzug das Baiji-Symbol verwenden, das dadurch seinerseits wieder für eine gute Publicity für den Baiji-Delphin sorgte.
Und so gab es mittlerweile nicht nur Baiji-Bier, sondern auch ein Baiji-Hotel, Baiji-Schuhe, Baiji-Cola, Baiji-computergesteuerte-Waagen, Baiji-Toilettenpapier, Baiji-Phosphordüngemittel und Baiji-Bentonit.
Bentonit kannte ich nicht, also fragte ich, was das sei.
Sie erläuterten, Bentonit sei ein Bergbauprodukt, das man zur Herstellung von Zahnpasta, beim Eisen- und Stahlgießen sowie als Zusatz für Schweinefutter verwende. Baiji-Bentonit sei ein sehr erfolgreiches Produkt. Ob wir, als Experten, ihre Öffentlichkeitsarbeit für gut hielten?
Wir sagten, sie sei ganz wunderbar, und gratulierten ihnen.
Es freue sie sehr, sagten sie, das von westlichen Experten zuhören.
Wir waren wegen dieser Lobpreisungen mehr als nur ein bißchen beschämt. Es war kaum vorstellbar, daß man irgendwo in der westlichen Welt imstande wäre, mit einer solch sagenhaften Geschwindigkeit, Phantasie und gemeinschaftlichen Entschlossenheit auf ein derartiges Problem zu reagieren. Obwohl uns das Komitee mitgeteilt hatte, man hoffe, nachdem Tongling vor kurzem zum erstenmal für Besucher geöffnet worden sei, daß die Delphine und das halbnatürliche Schutzgebiet der Gegend Touristen und Touristikeinnahmen brächten, lag auf der Hand, daß diese Einnahmen nicht der ausschlaggebende Beweggrund gewesen waren.
Zum Schluß sagten sie: »Die in diesem Gebiet lebenden Menschen verdienen etwas daran – das ergibt sich von selbst –, aber wir haben weiterreichende Pläne, nämlich, den Delphin als Art zu schützen, ihn nicht in unserer Generation aussterben zu lassen. Es ist unsere Pflicht, ihn zu schützen. Da wir wissen, daß nur noch zweihundert Exemplare dieser Tierart existieren, könnte sie aussterben, falls wir keine Maßnahmen ergreifen, es zu verhindern, und sollte das geschehen, müßten wir uns vor unseren Nachfahren und späteren Generationen schuldig fühlen.«
Als wir das Zimmer verließen, waren wir, zum erstenmal in China, gehobener Stimmung. Es schien uns, als hätten wir – trotz der gestelzten und unbeholfenen Förmlichkeit des Treffens – zum ersten und einzigen Mal einen flüchtigen Einblick in die chinesische Denkweise erhalten. Sie begriffen es als ihre natürliche Pflicht, dieses Tier zu schützen, sowohl um seiner selbst willen als auch für zukünftige Generationen. Es war das erste Mal, daß wir über unsere eigenen Grundvoraussetzungen hinausblicken und ihre hatten einsehen können.
Wild entschlossen, sie zu genießen, bestellte ich an diesem Abend noch einmal Tausendjährige Eier.
Little Barrier Irland: Douglas wird in Kürze aufwachen und feststellen, daß er nicht mehr in Zaire ist.
Links: Eine Expedition auf Little Barrier Island, die viele Stunden später vollkommen Kakapo-los zu Ende gehen wird.
Rechts: Einige aus beträchtlicher Höhe abgeworfene Kathedrale
Ein Kea mit dazugehörigem Scheibenwischer-Abrupf-Schnabel.
Ralph der Kakapo beißt sich behaglich im Finger des Kakapo-Spurenlesers Arab fest.
Qi Qi, der einzige in Gefangenschaft lebende Baiji. Er wurde 1980, durch einen Angelhaken schwer verletzt, von Fischern ans dem Dongting-See geborgen. Sie brachten ihn ins Hydrobiologische Institut von Wuhan, wo er mit Hilfe der traditionellen chinesischen Medizin wieder gesundgepflegt wurde.
Stoßstangenverkehr auf dem Yangtse.
Instrumente zur Echo-Peilung (an chinesischen Fahrrädern).
Selten oder selten selten?
Richard Lewis ist ein Mann, der eine idiotensichere Methode entwickelt hat, zackige Antworten auf seine Fragen zu bekommen.
Er fährt seinen Landrover (na schön, eigentlich ist es nicht sein Landrover, sondern der Landrover von irgend jemandem, der waghalsig genug war, ihn ihm zu leihen) in einer Art und Weise, die man wirklich nur als schmissig bezeichnen kann, über die mit Sicherheit nicht zum schmissigen Fahren gedachten Straßen von Mauritius. Die Straßen sind meist eng und löchrig, und wenn sie asphaltiert sind, endet der Asphalt gern unvermittelt in einer zwanzig Zentimeter tiefen Stufe. Über diese Straßen fährt Richard mit einem gefährlich an Elan grenzenden Pep, und wenn er einem eine Frage stellt, dreht er sich um, sieht einen an und sieht nicht wieder auf die Straße, bis man geantwortet hat. Todesangst ist nicht gerade die ideale Gemütsverfassung, um intelligente Antworten zu schmieden, aber man muß es versuchen.
Wir waren gut mit »Wie war der Flug?« (»Prima!«) und »Wie war das Essen?« (»Prima!«) und »Merkt ihr was von der Zeitverschiebung?« (»Uns geht's prima!«) klargekommen, aber dann kamen wir auf das, was er ganz offensichtlich für den Knackpunkt hielt.