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John le Carré

Die Libelle

Roman

Die zentrale Figur eines genialen Plans, den ein israelischer Meisterspion in Szene setzt, ist »Charlie«, eine junge englische Schauspielerin, die auf eine Rolle im wirklichen Leben vorbereitet wird, die komplexer und gefährlicher ist als alles, was sie bisher auf der Bühne gewagt hat. Das Ziel ist ein palästinensischer Spitzenterrorist...

ISBN 3-453-02214-9 (354860160X)

Originaclass="underline" The Little Drummer Girl

Aus dem Englischen von Werner Peterich

Erscheinungsdatum: Juni 1991

Best.-Nr. 01/6612

EIN HEYNE-BUCH

Vorwort

Teil I

Die Vorbereitung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Teil II

Der Preis

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Pressestimmen

Vorwort

Viele Palästinenser und Israelis haben mir beim Schreiben dieses Buches geholfen. Von den Israelis möchte ich besonders meine Freunde Yuval Elizur und seine Frau Judy von Ma’ariv erwähnen, die das Manuskript lasen, mich bei meinen Einschätzungen ließen, auch wenn sie noch so falsch waren, und mich auf einige gravierende Schnitzer aufmerksam machten, die ich gern vergessen möchte. Andere Israelis -insbesondere gewisse ehemalige und noch aktive Angehörige der Geheimdienst-Bruderschaft - verdienen ihres Rates und ihrer Hilfe wegen gleichfalls meinen Dank. Auch sie verlangten keinerlei Zusicherungen von mir und tasteten meine Unabhängigkeit in keiner Weise an. Mit besonderer Dankbarkeit denke ich dabei an General Shlomo Gazit, ehemals Chef des Militärischen Geheimdienstes und jetzt Präsident der Ben Gurion-Universität des Negev in Beer Sheva; er wird für mich immer der aufgeklärte israelische Offizier und Gelehrte seiner Generation sein. Es gibt aber auch noch andere, die ich hier nicht namentlich erwähnen darf. Dem Bürgermeister von Jerusalem, Teddy Kollek, gebührt mein Dank für seine Gastfreundschaft in Mishkenot Shàanim; das gleiche gilt für die legendären Mr. und Mrs. Vester vom American Colony Hotel, Jerusalem, und den Besitzern und Angestellten des Kommodore Hotels, Beirut, die, unter unmöglichen Umständen alles möglich gemacht haben; und Abu Said Abu Riss, dem Doyen der Beiruter Journalisten, der mir großzügig seinen Rat hat zuteil werden lassen, obwohl er von meinen Absichten keine Ahnung hatte. Von den Palästinensern sind einige tot, andere in Gefangenschaft und der Rest vermutlich zum größten Teil heimatlos und vertrieben. Die jungen Kämpfer, die sich in der oberen Wohnung in Sidon um mich gekümmert und im Mandarinen-Hain mit nur geplaudert haben; die bombenmüden, aber unbezwinglichen Flüchtlinge in den Lagern von Rashidiyeh und Nabitiyeh; nach allem, was ich höre, unterscheidet sich ihr Schicksal kaum von dem ihrer erdachten Gegenstücke in der vorliegenden Geschichte. Mein Gastgeber in Sidon, der palästinensische Militärkommandant Salah Ta’amari, verdient ein eigenes Buch, und ich hoffe, er schreibt es eines Tages. Möge vorläufig dies Buch seinen Mut verkünden. Ich danke ihm und seinen Helfern, dass sie mir das palästinensische Herz gezeigt haben.

Lt. Col. John Gaff, G.M., machte mich mit den banalen Schrecken selbst gebastelter Bomben vertraut und sorgte dafür, dass ich nicht versehentlich ein Rezept zu ihrer Herstellung lieferte. Mr. Jeremy Cornwallis von der Firma Alan Day Ltd., Finchley, war so nett, einen professionellen Blick auf meinen roten Mercedes zu werfen.

John le Carré, Juli 1982

Teil I Die Vorbereitung

Die Libelle

Es tanzt die schöne Libelle

Wohl auf des Baches Welle;

Sie tanzt daher, sie tanzt dahin,

Die schimmernde, flimmernde Gauklerin.

Gar mancher junge Käfertor

Bewundert ihr Kleid von blauem Flor,

Bewundert des Leibchens Emaille

Und auch die schlanke Taille.

...

O dass ich nie gesehen hätt

Die Wasserfliege, die blaue Kokett

Mit ihrer feinen Taille–

Die schöne, falsche Canaille!

Heinrich Heine

Kapitel 1

Den Beweis brachte der Anschlag in Bad Godesberg, obwohl die deutschen Behörden das nun weiß Gott nicht wissen konnten. Vor Bad Godesberg war zunehmend Verdacht aufgekommen, sehr viel sogar. Aber die ausgesprochen überlegene Planung - im Gegensatz zu der minderwertigen Qualität der Bombe - ließ den Verdacht zur Gewissheit werden. Früher oder später, heißt es im Gewerbe, hinterlässt jeder seine Signatur. Ärgerlich ist nur, das lange Warten.

Die Bombe explodierte viel später als vorgesehen, wahrscheinlich gut zwölf Stunden später - am Montagmorgen um acht Uhr sechsundzwanzig. Mehrere stehen gebliebene Armbanduhren, die den Opfern gehörten, bestätigten den Zeitpunkt. Wie bei den Vorläufern in den letzten paar Monaten hatte es keine Warnung gegeben. Aber das war auch nicht beabsichtigt. Der israelische Beauftragte für Waffenbeschaffung, der sich auf Reisen in Düsseldorf aufhielt, war mit seinem Auto ohne Vorwarnung in die Luft gesprengt worden, und auch die Organisatoren eines jüdisch-orthodoxen Kongresses in Amsterdam wurden nicht vor der Bombe gewarnt, die man ihnen in einem Buch versteckt, geschickt hatte, wobei die Ehrenvorsitzende zerfetzt wurde, während ihre Assistentin verbrannte. Das gleiche galt für die Mülleimerbombe, die vor einer israelischen Bank in Zürich zwei Passanten verstümmelt hatte. Nur bei der Stockholmer Bombe hatte es eine Warnung gegeben, und da stellte sich heraus, dass es sich um eine ganz andere Gruppe handelte, die mit der Serie überhaupt nichts zu tun hatte.

Um acht Uhr fünfundzwanzig war die Drosselstraße in Bad Godesberg eine von Diplomaten bewohnte, Baumbestandene Nebenstraße gewesen wie viele andere, von der politischen Bonner Hektik so weit weg, wie man es erwarten kann, wenn man sich nicht weiter als fünfzehn Autominuten entfernt. Es war eine neue, jedoch keineswegs kahle Straße mit üppigen, verschwiegenen Gärten, Dienstbotenzimmern über den Garagen und schmiedeeisernen Sicherheitsgittern vor den Butzenglas-Fenstern. Das Wetter im Rheinland hat den größten Teil des Jahres etwas von der schweißtreibenden Wärme des Dschungels; die Vegetation - wie die Zahl der Botschaftsangehörigen - wächst dort fast so schnell, wie die Deutschen ihre Straßen bauen, und noch etwas rascher, als sie ihre Karten herstellen. Aus diesem Grunde waren die Vorderseiten einiger Häuser bereits halb von dicht gepflanzten Koniferen verdunkelt, die, wenn sie jemals die ihnen zustehende Größe erreichen, vermutlich das ganze Viertel in ein Grimmsches Märchendunkel tauchen werden. Diese Bäume nun erwiesen sich als erstaunlich wirksamer Schutz gegen die Druckwelle, und schon wenige Tage nach dem Anschlag verkaufte ein Gartencenter sie als Spezialität. Eine ganze Reihe von Häusern hat ein ausgesprochen nationalistisches Aussehen. Die gleich um die Ecke der Drosselstraße liegende Residenz des norwegischen Botschafters zum Beispiel ist ein schmuckloses rotes Backsteinbauernhaus, das geradewegs aus dem Börsenmakler-Umland Oslos hierher verpflanzt zu sein scheint. Das ägyptische Konsulat weiter oben auf der anderen Seite strahlt das verlorene Air einer Villa aus Alexandria aus, die einst bessere Zeiten gesehen hat. Trauervolle arabische Musik dringt nach draußen, und vor ihren Fenstern sind für alle Ewigkeit gegen das Anbranden der nordafrikanischen Hitze die Rolläden heruntergelassen. Es war Mitte Mai, der Tag hatte wunderschön mit sich gemeinsam im leichten Wind wiegenden Blüten und frischem Laub begonnen. Die Magnolienblüte war gerade vorüber, und die traurigen weißen Blütenblätter, die zum größten Teil bereits abgefallen waren, hatten hinterher die Trümmer geziert. Bei so viel Grün drang vom Rauschen des Pendlerverkehrs auf der Autostraße kaum etwas herüber. Der auffälligste Laut bis zur Explosion war noch das Lärmen der Vögel, zu denen ein paar dicke Tauben gehörten; sie hatten eine Vorliebe für jene blassblaue Glyzine, die der ganze Stolz des australischen Militär-Attaches war. Einen Kilometer weiter im Süden machten von hier aus unsichtbare Lastkähne auf dem Rhein einen behäbigen, tuckernden Laut, den die Bewohner aber nur wahrnehmen, wenn er einmal aussetzt. Kurz, es war ein Morgen, ganz dazu angetan, einem deutlich zu machen, dass Bad Godesberg trotz aller Katastrophen, über die man in den ernsten und überängstlichen westdeutschen Zeitungen las - Wirtschaftsflaute, Geldentwertung, Pleiten und Arbeitslosigkeit, all die üblichen und anscheinend unheilbaren Leiden einer kräftig prosperierenden kapitalistischen Wirtschaft -, ein solider und anständiger Ort war, wo man durchaus leben konnte, und Bonn nicht halb so schlimm, wie es immer hingestellt wurde.