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In der Zwischenzeit sah die Stanton immer mal wieder in unserem Büro vorbei. Maury kam auf die Idee, für Passanten einen Ausstellungsraum einzurichten und die Stanton dort Kleinklaviere vorführen zu lassen. Ich gab meine Zustimmung zur Bestellung eines Bauunternehmers, der das Erdgeschoss des Gebäudes umbauen sollte; die Arbeiten begannen, und die Stanton spazierte oben herum, half Maury mit der Post und hörte sich an, was sie zu tun haben würde, sobald der Ausstellungsraum fertig war. Maury schlug vor, dass sie sich ihren Bart abrasierte, doch nach einem wortreichen Schlagabtausch zog er die Idee wieder zurück, und die Stanton lief herum wie eh und je: mit ihren langen weißen Bartfransen.

»Später«, erklärte Maury mir, als die Stanton mal nicht in der Nähe war, »werde ich sie sich selbst vorführen lassen. Ich gebe gerade der entsprechenden Verkaufstechnik den letzten Schliff.« Dies wollte er dann direkt in das Zentralmonadengehirn der Stanton einspeisen, um sich einen Streit wie den um den Bart zu ersparen.

Außerdem war Maury die ganze Zeit über damit beschäftigt, ein zweites Simulacrum zu bauen. Es wurde in unserer Autowerkstatt auf einer der Werkbänke montiert, und eines Donnerstags gestatteten mir die Mächte, die unsere neue Ausrichtung verfügt hatten, einen ersten Blick darauf.

»Wer ist es denn diesmal?« Argwöhnisch betrachtete ich das Ding, das aus kaum mehr als einem großen Komplex Solenoide, Kabeln, Stromkreisunterbrechern und so weiter bestand, das alles auf Aluminiumplatten gesetzt. Bundy prüfte gerade ein Zentralmonadenspulenrad; er hatte sein Voltmeter zwischen die Kabel gesteckt und las die Anzeige ab.

»Das ist Abraham Lincoln«, sagte Maury.

»Jetzt hast du wirklich deinen Verstand verloren.«

»Ganz und gar nicht. Ich will einen richtigen Knaller präsentieren, wenn ich Barrows nächste Woche besuche.«

»Ach so, verstehe. Von diesem Termin hast du mir noch gar nichts erzählt.«

»Denkst du etwa, ich gebe auf?«

»Nein. Ich wusste, dass du nicht aufgeben würdest. Ich kenne dich.«

»Ich habe immer den richtigen Riecher.«

Tags darauf, nach einigem Grübeln, schlug ich Doktor Horstowski im Telefonbuch nach. Das Büro von Pris’ Psychiater lag in einer der besseren Gegenden von Boise. Ich rief in der Praxis an und bat um einen kurzfristigen Termin.

»Dürfte ich Sie fragen, wer uns empfohlen hat?«, wollte die Arzthelferin wissen.

»Miss Priscilla Frauenzimmer«, sagte ich etwas widerwillig.

»In Ordnung, Mr. Rosen. Doktor Horstowski kann morgen um halb zwei mit Ihnen sprechen.«

Eigentlich hätte ich längst wieder unterwegs sein, Karten erstellen und Kleinanzeigen in Zeitungen aufgeben müssen. Aber seit Maurys Anruf bei Barrows gärte etwas in mir.

Vielleicht hatte es mit meinem Vater zu tun. Seit dem Tag, an dem er seine Augen auf die Stanton gerichtet und erfahren hatte, dass es sich um eine Maschine handelte, die möglichst nah an einen echten Menschen herankommen sollte, hatte er zunehmend abgebaut. Anstatt wie üblich jeden Morgen in die Fabrik zu gehen, blieb er jetzt oft zu Hause und saß vor dem Fernseher – in sich zusammengesunken, bekümmert, geistig irgendwie nicht auf der Höhe.

Ich erwähnte es Maury gegenüber.

»Armer Bursche. Louis, ich sage dir das ja nicht gern, aber Jerome wird langsam gebrechlich.«

»Dessen bin ich mir bewusst.«

»Er kann nicht mehr mithalten.«

»Und was soll ich deiner Meinung nach tun?«

»Frag doch mal deine Mutter und deinen Bruder. Vielleicht kriegt ihr heraus, was Jerome schon immer hobbymäßig tun wollte. Flugzeuge aus dem Ersten Weltkrieg nachbauen, die Fokker-Dreidecker, die Spad. Oder irgendetwas anderes. Das solltet ihr mal rausfinden, dem alten Herrn zuliebe.«

Ich nickte.

»Weißt du, du bist nicht ganz unschuldig daran. Du hast dich nicht genug um ihn gekümmert. Wenn man alt wird, braucht man Unterstützung. Ich meine keine finanzielle – moralische.«

Am nächsten Tag fuhr ich nach Boise und parkte um zwanzig nach eins vor dem hypermodernen Bürogebäude, in dem Doktor Horstowski residierte.

Doktor Horstowski erschien im Flur, um mich in sein Sprechzimmer zu bitten, und ich sah mich einem Mann gegenüber, der eiförmig gebaut war: Sein Körper war rundlich, sein Kopf war rundlich, er trug eine winzige runde Brille, es gab keinerlei Ecken und Kanten an ihm. Seine Bewegungen hatten etwas Fließendes, Weiches, so als rollte er. Auch seine Stimme war weich und gedämpft. Doch dann, als ich sein Sprechzimmer betrat und mich setzte und genauer hinsah, stellte ich fest, dass es ein Merkmal an ihm gab, das mir entgangen war: Er hatte einen wahren Zinken von Nase, so glatt und scharf wie ein Papageienschnabel. Und jetzt, da mir das aufgefallen war, konnte ich in seiner Stimme auch eine unterdrückte Härte mitschwingen hören.

Er setzte sich mit Block und Stift mir gegenüber, verschränkte die Beine und stellte mir einige Routinefragen.

»Womit kann ich Ihnen helfen?«, fragte er schließlich.

»Nun, ich habe da ein Problem. Ich bin Partner in dieser Firma, MASA Associates. Und ich habe das Gefühl, dass mein Partner und seine Tochter gegen mich sind und hinter meinem Rücken etwas aushecken. Vor allem habe ich das Gefühl, dass sie meine Familie demütigen und aus dem Geschäft drängen wollen, besonders meinen Vater Jerome, der schon zu alt und zu schwach ist, um sich zu wehren.«

»Um sich gegen was zu wehren?«

»Gegen die vorsätzliche, rücksichtslose Demontage der Rosen-Kleinklavier- und -Elektroorgelfabrik und unseres gesamten Vertriebssystems. Zugunsten eines verrückten Plans zur Rettung der Menschheit oder zum Sieg über die Russen oder so. Ich habe es, ehrlich gesagt, noch nicht ganz begriffen.«

»Warum nicht?« Sein Stift kratzte über das Papier.

»Weil sich der Plan von Tag zu Tag ändert.« Ich hielt inne; der Stift hielt ebenfalls inne. »Damit wollen sie mich offenbar voll und ganz verwirren. Und dann übernimmt Maury die Firma und die Fabrik vielleicht gleich auch noch. Außerdem haben sie sich mit einer reichen, mächtigen, finsteren Gestalt eingelassen, Sam K. Barrows aus Seattle, den Sie vermutlich aus den Magazinen kennen.«

»Ja. Fahren Sie fort.«

»Darüber hinaus handelt es sich bei der Tochter meines Partners, die bei der ganzen Sache die Hauptantriebskraft ist, um eine ehemalige Psychotikerin, die völlig skrupellos vorgeht.« Ich sah Horstowski erwartungsvoll an, doch er zeigte keine sichtliche Reaktion. »Pris Frauenzimmer.«

Er nickte.

»Was ist Ihre Meinung dazu?«

Horstowski starrte auf seine Notizen. »Pris ist ein sehr dynamischer Mensch.«

Ich wartete, aber es kam nichts mehr. »Sie denken, ich bilde mir das alles nur ein?«

»Was, meinen Sie, könnte deren Motiv sein?«

»Keine Ahnung. Ist es meine Aufgabe, das herauszufinden? Sie wollen die Simulacra an Barrows verhökern und ein Heidengeld verdienen, was denn sonst? Und berühmt werden und mächtig. Der reinste Größenwahn.«

»Und Sie stehen ihnen im Weg?«

»Richtig.«

»Sie haben keine derartigen Träume?«

»Ich bin ein Realist oder versuche jedenfalls einer zu sein. Was mich betrifft, ist diese Stanton… Haben Sie die Maschine je gesehen?«

»Pris hat sie einmal mitgebracht. Sie hat im Wartezimmer gesessen während der Sitzung.«

»Und was hat sie getan?«

»Eine Zeitschrift gelesen.«

»Haben Sie keine Gänsehaut bekommen bei dem Anblick?«

»Nein.«

»Ihnen macht die Tatsache, dass Maury und Pris sich etwas so Widernatürliches, Gefährliches ausdenken konnten, keine Angst?«

Horstowski zuckte mit den Schultern.