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»Sie ist zu Fuß gegangen.«

»Wie bitte?«

»Ich sagte, sie ist vom Busbahnhof zu Fuß zu meinem Büro gegangen.«

»Wie auch immer.« Maury lehnte sich zurück. »Was wir hier erreicht haben, hat es in der Elektronikbranche noch nicht gegeben.«

Nach dem Essen fuhren wir nach Ontario und kamen um zehn bei MASA Associates an.

»Merkwürdiges Städtchen.« Blunk betrachtete die leeren Straßen. »Alle schon im Bett.«

»Warten Sie, bis Sie die Lincoln sehen«, sagte Maury, als wir ausstiegen.

Beim Schaufenster blieben unsere Gäste stehen und lasen das Schild, das Maury angebracht hatte.

»Klingt ja toll.« Barrows legte die Stirn an die Scheibe und spähte hinein. »Ist nur keine Spur von ihr zu sehen. Was macht sie denn nachts, schlafen? Oder lassen Sie jeden Nachmittag um fünf, wenn die meisten Passanten unterwegs sind, einen Attentäter auf die Lincoln los?«

Maury schloss die Tür auf. »Sie ist vermutlich unten in der Werkstatt. Wir sehen mal nach.«

Kurz darauf standen wir alle in der Werkstatt. Maury machte Licht.

Und dort war die Lincoln. Sie hatte allein im Dunklen gesessen.

»Mr. President«, entfuhr es Barrows. Ich sah, wie er Mrs. Nild einen kleinen Schubs gab. Blunk grinste mit der gierigen Miene einer ausgehungerten, aber zuversichtlichen Katze; er genoss das Ganze. Colleen Nild reckte den Kopf und schnappte sichtlich beeindruckt nach Luft. Barrows wiederum wusste genau, was er zu tun hatte. Er streckte der Lincoln nicht etwa die Hand entgegen; er blieb als Respektsbezeugung ein paar Schritt vor ihr stehen.

Die Lincoln wandte den Kopf und sah ihn schwermütig an. Eine solche Hoffnungslosigkeit hatte ich noch nie in einem Gesicht gesehen. Ich zuckte zurück, Maury ebenfalls. Pris reagierte überhaupt nicht, sie blieb einfach in der Tür stehen. Die Lincoln erhob sich langsam, und der schmerzliche Ausdruck verschwand aus ihrem Gesicht. Mit brüchiger, schriller Stimme, die überhaupt nicht zu ihrer hochgewachsenen Gestalt passen wollte, sagte sie: »Ja, Sir.« Sie betrachtete Barrows freundlich und interessiert. Ihre Augen blinzelten leicht.

»Meine Name ist Sam Barrows. Es ist mir eine große Ehre, Sie kennenzulernen, Mr. President.«

»Vielen Dank, Mr. Barrows. Wollen Sie und Ihre Freunde es sich nicht bequem machen?«

Blunk riss mit einem Pfeifen die Augen auf. Er klopfte mir auf den Rücken. »Donnerwetter.«

»Sie erinnern sich an mich, Mr. President«, sagte ich zu dem Simulacrum.

»Ja, Mr. Rosen.«

»Und was ist mit mir?«, fragte Pris.

Die Maschine deutete eine Verbeugung an. »Miss Frauenzimmer. Und Sie, Mr. Rock – der Fels, auf dem das alles hier gebaut ist, nicht wahr?« Sie lachte in sich hinein. »Der Eigentümer oder Miteigentümer, wenn ich mich nicht irre.«

Maury fuhr sich durch die Haare. »Darf ich fragen, was Sie hier gerade gemacht haben?«

»Ich habe über eine Bemerkung von Lyman Trumbull nachgedacht. Wie Sie wissen, hat sich Richter Douglas mit Buchanan getroffen, und sie haben über die Zuordnung von Kansas unter die Lecompton Constitution gesprochen. Richter Douglas stellte sich später quer und bekämpfte Buchanan, ungeachtet der Tatsache, dass es sich um eine Regierungsmaßnahme handelte. Ich habe Richter Douglas nicht unterstützt, im Gegensatz zu einigen Freunden in meiner Partei. Aber in Bloomington, wo ich Ende 1857 war, sah ich keine Republikaner zu Douglas überwechseln, wie es in der New York Tribune stand. Ich bat Lyman Trumbull, mir nach Springfield zu schreiben und mir zu sagen, ob…«

»Sir, verzeihen Sie bitte«, unterbrach Barrows das Simulacrum. »Wir haben etwas Geschäftliches zu erledigen, und anschließend muss ich mit diesem Gentleman, Mr. Blunk, und Mrs. Nild hier zurück nach Seattle fliegen.«

Die Lincoln verbeugte sich. »Mrs. Nild.« Sie streckte ihr die Hand hin, und mit einem Lächeln trat Colleen Nild vor und schüttelte sie. »Mr. Blunk.« Die Lincoln gab dem kleinen, dicken Anwalt ebenfalls die Hand. »Sie sind nicht zufällig mit Nathan Blunk aus Cleveland verwandt?«

»Nein, tut mir leid. Sie haben einmal als Anwalt gearbeitet, nicht wahr, Mr. Lincoln?«

»Ja, Sir.«

»Ich praktiziere ebenfalls.«

»Ah ja. Sie besitzen also die göttliche Gabe, über Nichtigkeiten zu streiten.«

Blunk brach in ein herzhaftes Lachen aus.

»Mr. President«, meldete sich Barrows wieder zu Wort. »Wir sind von Seattle hierher geflogen, um mit Mr. Rosen und Mr. Rock eine finanzielle Transaktion zu besprechen – die eventuelle Unterstützung von MASA Associates durch Barrows Enterprises. Bevor wir eine endgültige Entscheidung treffen, wollten wir Sie kennenlernen und mit Ihnen reden. Wir haben kürzlich die Stanton getroffen, sie kam uns besuchen. Wir würden Sie und die Stanton gerne erwerben, dazu die zugrundeliegenden Patente. Als ehemaliger Rechtsanwalt sind Sie mit derartigen Transaktionen bestimmt vertraut. Nun möchte ich Sie etwas fragen. Ist Ihnen klar, in welcher Zeit Sie sich befinden? Wissen Sie beispielsweise, was Vitamine sind? Wissen Sie, welches Jahr wir haben?«

Als die Lincoln nicht gleich etwas erwiderte, winkte Maury Barrows beiseite. Ich trat hinzu.

»Um das geht es doch gar nicht«, sagte Maury. »Sie wissen nur zu gut, dass sie nicht dafür gebaut ist, mit solchen Themen klarzukommen.«

»Stimmt. Aber ich bin eben neugierig.«

»Lieber nicht. Sie könnten einen ihrer Hauptstromkreise zum Durchbrennen bringen.«

»Ist sie dermaßen empfindlich?«

»Nein. Aber mit solchen Fragen piesacken Sie sie ganz schön.«

»Ganz und gar nicht. Sie wirkt so überzeugend lebensecht, dass ich wissen möchte, in welchem Umfang sie sich ihrer neuen Existenz bewusst ist.«

»Lassen Sie sie in Ruhe.«

»Na schön.« Barrows nickte Colleen Nild und seinem Rechtsanwalt zu. »Dann fliegen wir eben zurück nach Seattle. David, sind Sie zufrieden mit dem, was Sie sehen?«

»Nein«, dröhnte Blunk. »Sie funktioniert bei weitem nicht so gut wie die Stanton, meiner Meinung nach.«

»Wieso das denn?«, fragte Maury.

»Sie… läuft unrund.«

»Sie ist gerade erst zu sich gekommen«, warf ich ein.

Maury sah mich an. »Nein, damit hat es nichts zu tun. Sie besitzt eine andere Persönlichkeit. Stanton ist unflexibler, dogmatischer. Lincoln dagegen ist immer wieder in Grübeleien verfallen – er hat gerade eben, als wir hereinkamen, auch vor sich hin gebrütet. Zu anderen Zeiten ist er besser aufgelegt.« Er wandte sich Blunk zu. »Wenn Sie erst eine Weile mit ihm zusammen sind, werden Sie ihn auch anders erleben. Er hat eben Stimmungsschwankungen. Ich meine, das ist kein Fehler in der Programmierung – die Maschine muss so sein.«

»Verstehe.« Doch Blunk klang nicht überzeugt.

»Ich weiß, was Sie meinen, Blunk«, sagte Barrows. »Irgendetwas bei ihr scheint zu haken.«

»Genau das«, erwiderte der Anwalt. »Ich habe große Zweifel, dass die schon den letzten Schliff bekommen hat. Da sind noch etliche Fehler auszubügeln.«

»Und der Versuch, das zu vertuschen. Von wegen keine Fragen zu aktuellen Themen stellen – der ist Ihnen sicher nicht entgangen.«

»Im Gegenteil.«

Ich räusperte mich. »Bei allem Respekt, Mr. Barrows, Sie haben noch nicht ganz begriffen, worum es hier geht. Das Prinzip, das den Simulacra zugrunde liegt. Aber wir wollen uns nicht streiten, nicht wahr?« Ich lächelte.

Barrows betrachtete mich, ohne etwas zu erwidern; Blunk ebenfalls. Maury steckte sich eine Zigarre an und blies einen blauen Rauch in die Luft.

»Ich verstehe ja, dass Sie von der Lincoln enttäuscht sind«, fuhr ich fort. »Um ehrlich zu sein, mit der Stanton hatten wir alles Mögliche eingeübt.«

»Aha.« Blunks Augen blitzten.

»Die Idee kam nicht von mir. Mein Partner hier war nervös, und er wollte, dass alles klappte.« Ich nickte zu Maury hinüber. »Es war die falsche Entscheidung, aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Nun geht es allein um die Lincoln-Maschine, denn sie ist die Basis unserer eigentlichen Idee. Nehmen wir sie doch einfach weiter in Augenschein.«