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Während ich mich anzog, übte ich vor dem Spiegel. Mein Gesicht war absolut gelassen, niemand wäre darauf gekommen, dass mein Herz gerade aufgefressen wurde, vom Wurm der Begierde, von der Liebe zu Pris Frauenzimmer oder Womankind oder wie sie sich derzeit nannte. Das ist ein Zeichen von Reife, sagte ich mir. In der Lage zu sein, seine wahren Gefühlen zu verbergen, eine Maske aufzusetzen. Einen Mann wie Barrows zu täuschen. Wenn man das kann, hat man es geschafft.

Wenn nicht – ist man erledigt.

Ich ging frühstücken – Eier mit Schinken, Toast, Kaffee, Saft –, dann, um halb zehn, kehrte ich auf mein Zimmer zurück und zog das Telefonbuch von Seattle hervor. Ich brauchte eine ganze Weile, die Aufstellung von Barrows’ diversen Unternehmen durchzugehen, bis ich endlich das eine fand, in dem er wohl gerade war. Ich wählte die Nummer.

»Northwest Electronics«, meldete sich eine junge Frau munter. »Guten Morgen.«

»Ist Mr. Barrows schon da?«

»Ja, Sir, aber er spricht gerade. Ich verbinde Sie mit seinem Büro.«

Eine Pause, dann eine andere Stimme, ebenfalls weiblich, aber viel tiefer und älter klingend. »Mr. Barrows’ Büro. Mit wem spreche ich?«

»Ich hätte gern einen Termin mit Mr. Barrows. Louis Rosen aus Boise. Mr. Barrows kennt mich.«

»Einen Moment.« Wieder eine Pause. »Mr. Barrows kann jetzt mit Ihnen sprechen. Bitte, Sir.«

Ich räusperte mich. »Hallo.«

»Wie geht’s Ihnen, Rosen? Was kann ich für Sie tun?« Barrows klang gut gelaunt.

»Wie… wie geht es Pris?«

»Pris geht es gut. Wie geht es Ihrem Vater und Ihrem Bruder?«

»Gut.«

»Muss interessant sein, einen Bruder zu haben, dessen Gesicht auf dem Kopf steht. Ich hätte ihn wirklich gern kennengelernt. Hören Sie, warum kommen Sie nicht auf einen Sprung vorbei, solange Sie in Seattle sind? Heute so gegen eins?«

»Ja, gegen eins.«

»Gut. Bis dann.«

»Warten Sie, Barrows. Werden Sie Pris heiraten?«

Keine Antwort.

»Ich knall Sie ab.«

»Wie bitte?«

»Ich habe hier eine in Japan hergestellte, encephalotrope flugfähige Antipersonenmine. Und ich werde sie im Raum Seattle aussetzen. Wissen Sie, was das heißt?«

»Ähm, nicht genau. Encephalotrop – hat das nicht irgendwas mit dem Gehirn zu tun?«

»Ja, mit Ihrem Gehirn. Wir haben Ihr Hirnstrommuster aufgezeichnet, als Sie in unserem Büro in Ontario waren. Es war ein Fehler, dorthin zu kommen. Die Mine wird Sie aufspüren und detonieren. Sobald sie unterwegs ist, lässt sie sich nicht mehr aufhalten. Es ist aus mit Ihnen.«

»Ja, klar.«

»Pris liebt mich. Sie hat es mir gestanden. Lassen Sie die Finger von ihr. Wissen Sie überhaupt, wie alt sie ist?«

»Ja, achtzehn.«

Ich knallte den Hörer auf die Gabel. Ich bring ihn um, sagte ich mir. Wirklich! Er hat meine Kleine. Wer weiß, was er mit ihr anstellt…

Ich wählte noch mal und landete wieder bei der munteren jungen Frau in der Zentrale. »Northwest Electronics. Guten Morgen.«

»Ich habe gerade mit Mr. Barrows gesprochen.«

»Oh, sind Sie unterbrochen worden? Ich stelle Sie noch mal durch, Sir, einen Moment.«

»Nein. Sagen Sie Mr. Barrows einfach, dass ich ihn mit meiner hochentwickelten Technik erwischen werde. Können Sie ihm das bitte ausrichten? Wiederhören.« Ich legte wieder auf.

Er wird die Nachricht bekommen, dachte ich. Aber vielleicht hätte ich besser gesagt, dass er Pris herbringen soll oder so. Würde er das tun, um seine Haut zu retten? Und ob er das tun würde! Er würde sie jederzeit aufgeben. Sie bedeutete ihm nichts; für ihn war sie nur eine schöne junge Frau mehr. Ich war der Einzige, der sie für das liebte, was sie wirklich war.

Ich nahm den Hörer ab und wählte. »Northwest Electronics. Guten Morgen.«

»Stellen Sie mich bitte noch einmal zu Mr. Barrows durch.«

Eine Reihe von Klicklauten.

»Büro von Mr. Barrows. Wer spricht?«

»Hier ist Louis Rosen. Ich würde gern mit Barrows reden.«

»Einen Augenblick, Mr. Rosen.«

Ich wartete.

»Hallo, Louis. Sie scheuchen ja ganz schön die Hühner auf, was?« Barrows gluckste. »Ich habe den Army-Stützpunkt ein Stück die Küste runter angerufen, und es gibt tatsächlich so etwas wie eine encephalotrope Mine. Wie sind Sie da denn rangekommen? Ich wette, in Wirklichkeit haben Sie gar keine.«

»Überlassen Sie mir Pris, und ich verschone Sie.«

»Jetzt mal halblang.«

»Sie denken, das ist irgendein Spielchen? Nein, ich liebe Pris. Alles andere ist mir egal. Also, was ist nun?« Meine Stimme bebte. »Oder muss ich erst rüberkommen und sie holen? Ich habe hier alle möglichen Waffen. Ich meine es ernst!« In meinem Hinterkopf sagte eine Stimme: Der Hurensohn wird sie aufgeben, der ist doch stinkfeige.

»Beruhigen Sie sich, Mann.«

»Na schön, dann mach ich mich jetzt auf den Weg zu Ihnen.«

»Jetzt hören Sie mal zu, Rosen. Ich vermute, Maury Rock hat Sie dazu angestachelt. Aber ich habe mit Dave gesprochen und er hat mir versichert, dass der Tatbestand der Unzucht mit Minderjährigen nicht greift, wenn…«

»Unzucht?«, rief ich. »Ich mach Sie kalt!« In meinem Hinterkopf sagte die Stimme: Ja, mach ihn fertig, den Hurensohn.

»Sie sind ja psychotisch, Rosen. Ich werde Maury anrufen, der ist wenigstens normal. Ich werde ihm sagen, dass Pris wieder zurück nach Boise fliegt.«

»Wie bitte? Wann?«

»Heute. Aber nicht mit Ihnen zusammen. Ich glaube, Sie sollten zu einem Psychiater gehen, Sie sind sehr krank.«

»Also gut.« Ich wurde etwas ruhiger. »Heute. Aber ich bleibe hier, bis Maury anruft und sagt, dass Pris in Boise ist.« Dann legte ich auf.

Wow!

Ich stolperte ins Bad und wusch mir das Gesicht mit kaltem Wasser.

Sich dermaßen irrational und unbeherrscht aufzuführen, zahlte sich also aus. Was für eine Lektion in meinem Alter. Ich hatte ihn dermaßen erschreckt, dass er mich für irre hielt. Aber war ich das nicht wirklich? Hatte mich die Angst, Pris zu verlieren, nicht durchdrehen lassen?

Ich ging wieder zum Telefon und rief Maury in der Fabrik in Boise an. »Pris kommt zurück. Sag mir Bescheid, sobald sie bei euch ist. Ich bleibe noch hier. Ich habe Barrows einen Riesenschrecken eingejagt.«

»Das glaube ich erst, wenn ich sie sehe.«

»Der Mann hat Angst vor mir, Maury, panische Angst. Dir ist nicht klar, was der ganze Stress für einen gemeingefährlichen Irren aus mir gemacht hat.« Ich gab ihm die Telefonnummer des Motels.

»Hat dich Horstowski gestern Nacht angerufen?«

»Ja, aber er ist inkompetent. Du hast dein ganzes Geld verschwendet. Ich habe nichts als Verachtung für ihn übrig, und wenn ich zurückkomme, werde ich ihm das auch sagen… Maury, ich liebe Pris.«

Längeres Schweigen, dann: »Hör mal, sie ist noch ein Kind.«

»Ich möchte sie heiraten. Ich bin nicht so einer wie Sam Barrows.«

»Mir doch egal, was du für einer bist oder nicht bist. Du kannst sie nicht heiraten, sie ist zu jung. Sie muss zurück auf die Schule. Lass die Finger von meiner Tochter, Louis!«

»Nein, wir lieben uns. Du kannst uns nicht trennen. Ruf mich an, sobald sie in Boise eintrifft. Sonst mache ich Barrows fertig.«

»Du brauchst Hilfe vom FBMH, Louis. Ich würde dich Pris nie heiraten lassen, für alles Geld der Welt nicht. Und auch aus sonst keinem Grund. Wärst du nur nie nach Seattle geflogen. Sie sollte bei Barrows bleiben, ja, mit Barrows ist sie besser dran als mit dir. Was kannst du ihr schon bieten? Sieh dir doch an, was Barrows einer Frau alles bieten kann.«

»Er hat eine Prostituierte aus ihr gemacht.«

»Ach, das ist doch nur Geschwätz, weiter nichts. Unsere Partnerschaft ist beendet, Louis. Ich rufe Barrows an und sage ihm, dass ich nichts mehr mit dir zu tun habe. Pris soll bei ihm bleiben.«

»Zum Teufel mit dir!«