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Zwei der Hutmänner wurden losgeschickt, um die Leichen wegzuschaffen. Die übrigen zerschnitten die Seile und banden Tom los, den sie auf ein Wagenbrett gezurrt und hinter sich hergeschleift hatten. Die erste Viertelmeile hatte er geschrien und dann, zur Erleichterung aller, das Bewusstsein verloren.

Pilot stieg von seinem Pferd. Er packte Ren am Arm und zerrte ihn zu Boden. Während der letzten Stunde hatte Ren vor ihm gesessen, hatte sich an den Sattel geklammert, die roten Handschuhe betrachtet, die die Zügel hielten, und im Rücken Pilot gespürt, der nach Schweiß und Leder roch. Seinen Armstumpf hatte er im Ärmel verborgen gehalten, wo er im Rhythmus der Hufschläge pulsierte, bis sie North Umbrage erreichten.

Er sah sich nach seinen Freunden um. Inzwischen war der Schlamm, mit dem die Zwillinge überzogen waren, getrocknet und hatte auf ihren Gesichtern eine dicke braune Schicht hinterlassen, die, verkrustet und rissig, bis hinunter zu den Ellbogen reichte. Broms Beine baumelten vom Sattel des Wachmanns. Ichy fiel auf dem Gehweg einfach in sich zusammen. Benjamin stieg langsam und vorsichtig ab. Seine Kleidung war zerrissen, sein Gesicht so rot und geschwollen, dass er kaum wiederzuerkennen war.

Nachdem Pilot auf den Gehweg gespuckt hatte, schlug er zweimal mit der Faust an die Tür, und ein anderer Mann mit einem anderen Hut machte auf. Im Inneren des Gebäudes roch es wie in einer Kirche – feucht, klamm, und ein bisschen nach Erde. Sie gingen die Vordertreppe hinauf, zwei Männer folgten mit Tom. Ringsum hörte man das Rattern und Rumpeln von Maschinen. Sogar der Boden unter ihren Füßen schien sich zu bewegen.

Am oberen Ende der Treppe gelangten sie durch einige weitere Türen in den Bauch der Fabrik – Reihen von Werkbänken, allerlei Vorrichtungen, Rohmaterial und Mädchen. Kisten voller Mausefallen, die an den Wänden lehnten. Berge von Brettern und zusammengefegtes Sägemehl in den Ecken. Die Mädchen stapelten und schnitten, stapelten und schnitten, arbeiteten gegen eine Reihe rotierender Sägeblätter an. Im nächsten Gang wurden die Holzteile zusammengefügt; dort klatschten die Mädchen mit Pinseln Leim auf die Kanten, während andere die Schraubzwingen anbrachten und die Ecken festnagelten.

Die Mitte der Halle war den Metallarbeiterinnen vorbehalten. Einige passten Scharniere an, andere bogen Ecken um, und wieder andere betätigten die Kurbeln an den Maschinen. Auf einer Seite wurden dünne Drähte in die Apparaturen eingeführt, und auf der anderen kamen sie als lange, wie Schlangen abwärts geringelte Spiralen wieder heraus. Ein Mädchen zwickte die Federn ab und brachte sie den Arbeiterinnen in einer anderen Reihe, die sie an den Mausefallen befestigten. Über einen dieser Tische gebeugt, die Hände schwarz von Schmiere, stand die Hasenscharte.

Sie hatte sie kommen sehen. Ren hatte kurz ihren Blick aufgefangen, als sie den Raum betraten. Beim Anblick von Benjamins geschwollenem Gesicht hatte sie kurz in ihrer Arbeit innegehalten. Doch nun beugte sie den Kopf über eine Mausefalle, ihre Hände bewegten sich flink, hantierten so geschickt mit dem Draht wie mit Nadel und Faden.

Der Werksleiter, ein Mann mit Glatze, ging durch die Reihen und löschte die für die Nachtarbeit erforderlichen Lampen. Als er an Ren vorbeikam, ertönte aus dem hinteren Teil der Halle ein Schrei. Mehrere Mädchen verließen ihre Plätze und rannten hin. Ein Mädchen stand mit der Hand im Mund neben einem der rotierenden Sägeblätter; Blut lief ihr übers Kinn.

»Auf die Plätze! Zurück auf die Plätze!«, schrie der Werksleiter. Die Mädchen zögerten, dann liefen sie wieder an ihre Werkbänke. Nach dem ersten Schrei hatte das Mädchen keinen Ton mehr von sich gegeben. Sie stand einfach nur da und blutete. Ren sah, wie sich das Sägemehl ringsum dunkel färbte.

»Da«, sagte der Werksleiter und hielt ihr einen Lappen hin.

Das Mädchen wankte und sank zu Boden. Der Werksleiter wickelte das Stück Stoff um ihre Hand und trug sie hinaus. Wenig später kehrte er zurück und ging auf die Hasenscharte zu, nahm sie am Arm und führte sie zu der rotierenden Säge.

»Du wirst befördert!«, rief er und schob sie an den leeren Platz in der Reihe. Als er ihr den Rücken zukehrte, verdrehte die Hasenscharte die Augen und schaute wieder verstohlen zu Benjamin hinüber. Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, nahm eine Handvoll Sägemehl und warf es auf die Maschine. Die feinen Späne färbten sich rot. Sie wischte sie mit der Hand vom Tisch und schob sie dann mit dem Stiefel beiseite.

Pilot schlängelte sich zwischen den Arbeiterinnen hindurch, quer durch eine Reihe und noch eine, dann eine Treppe hinauf, die von zwei Männern bewacht wurde. Sie traten beiseite, als er mit seinem Gefolge an ihnen vorbeiging. Der breite Flur, in den sie gelangten, war mit einem langen Teppich ausgelegt, der ein grünes Blumenmuster hatte und so dick war, dass Rens Schuhe beim Auftreten keinerlei Geräusch machten. Seine Füße versanken in der weichen Masse, und er musste an das Moos im Wald hinter dem Waisenhaus denken; an das Smaragdgrün, das überall dort wuchs, wo Bäume umfielen.

Die Tür am Ende des Flurs stand offen. Die Hutmänner trugen Tom hindurch. Ren folgte ihnen in eine Art Büro. Eine Rechenmaschine in einer Ecke nahm ziemlich viel Platz in Anspruch. Hauptbücher stapelten sich neben einem überfüllten Regal. In der Mitte stand ein riesiger Holzschreibtisch, dessen Platte fleckig und kreuz und quer mit Kerben durchzogen war; die polierten Füße glänzten. Der Schreibtisch nahm den größten Teil des Raums ein. Die Jungen stellten sich um ihn herum wie um einen Esstisch.

»Ihr wartet hier«, sagte Pilot.

»Das ist alles ein Irrtum«, sagte Benjamin.

»Das wird sich noch früh genug herausstellen.«

Die Hutmänner legten Tom auf den Boden und verließen grinsend den Raum. Dann schloss Pilot die Tür hinter sich und sperrte ab.

Benjamin lehnte sich an die Wand, betastete vorsichtig seine Rippen. Seine Lippen waren doppelt so dick wie sonst, die Haut rings um seine Augen aufgeplatzt und blau verfärbt.

»Du bist verletzt«, sagte Ren.

Benjamins Stimme klang rau. »Das wird schon wieder.«

»Und was machen wir jetzt?«

»Wir müssen überlegen. Was er weiß. Was er will.« Benjamin tastete seinen Kiefer ab. Er schob zwei Finger in den Mund, zuckte zusammen und holte einen Zahn heraus.

Ren sah sich in dem Raum um und fragte sich, was um alles in der Welt McGinty von ihnen wollte. Reichlich Geld hatte er bereits, wie man deutlich sah. Die Stühle waren mit feinem Leder überzogen, die Messinglampe glänzte. Auf dem Schreibtisch lagen ein paar goldene Federhalter, und dahinter an der Wand hingen Gemälde, die Fuchsjagden darstellten. Da war der Trompeter, der die Pferde anführte. Da die ersten Reiter, die über den Hügel sprengten. Dort die Hundemeuten, die durchs Gras ausschwärmten. Und da war der Fuchs, ein kleiner roter Fleck, mal über ein Feld flitzend, mal geduckt, in Todesangst, nur Augenblicke davon entfernt, entdeckt zu werden.

Auf der anderen Seite hatte das Büro ein großes Fenster, von dem aus man die Fabrikhalle überblickte. Benjamin schlurfte hin und drückte mit der Hand dagegen. Anscheinend suchte er an den Rändern nach einer Möglichkeit, es zu öffnen, und als er keine entdeckte, ließ er seinen Arm schwer herunterfallen.

»Ich muss aufs Klo«, sagte Ichy.

Brom rempelte ihn an. »Das hättest du eher sagen müssen.«

Ren beobachtete die Kabbelei der Zwillinge. Er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass ihr Unglück für seines verantwortlich war. Wenn Tom sie doch bloß nicht adoptiert hätte! Wenn er doch bloß nicht ihr Freund gewesen wäre!