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Lucia drückte ihn an sich. »Papa.«

»Solltest du jemals einen Freund brauchen, kannst du dich auf Dominique Dureil verlassen. Wir sind wie Brüder zueinander. Er wohnt in Frankreich - in Beziers, in der Nähe der spanischen Grenze.«

»Gut, ich denke daran.«

»Versprich mir, dass du aus Italien weggehst.«

»Ja, Papa. Aber erst habe ich noch etwas zu erledigen.«

Lucia musste bald feststellen, dass es nicht leicht sein würde, ihren brennenden Rachedurst zu stillen. Da sie allein war, würde sie sich etwas Besonderes einfallen lassen müssen. Schließlich dachte sie an die italienische Redensart „Rubare il mestiere “. Man stiehlt ihren Beruf. Du musst lernen, wie sie zu denken.

Einige Wochen nach dem Strafantritt ihres Vaters und ihrer Brüder klingelte Lucia Carmine an Richter Buscet-tas Haustür. Der Richter öffnete sie ihr selbst.

Buscetta starrte Lucia überrascht an. Er war ihr oft im Hause ihres Vaters begegnet, aber sie hatten nie mehr als ein paar Worte miteinander gewechselt.

»Lucia Carmine! Was führt Sie zu mir? Sie hätten.« »Ich bin gekommen, um Ihnen zu danken, Euer Ehren.« Er musterte sie misstrauisch. »Wofür wollen Sie mir danken?«

Lucia sah ihm tief in die Augen. »Dafür, dass Sie meinen Vater und meine Brüder entlarvt haben. Ich habe ahnungslos in diesem Haus des Schreckens gelebt. Ich habe nie gewusst, was für Ungeheuer.« Sie brach in Tränen aus.

Der Richter zögerte noch, aber dann klopfte er ihr beruhigend auf die Schulter. »Nicht weinen, mein Kind.

Kommen Sie, wir trinken eine Tasse Tee miteinander.«

»D-d-danke.«

»Ich habe gar nicht geahnt, dass Sie Ihren Vater kritisch sehen«, sagte Buscetta, als sie in seinem Wohnzimmer saßen. »Ich habe den Eindruck gehabt, Sie verstünden sich sehr gut mit ihm.«

»Aber nur, weil ich nicht gewusst habe, was für Teufel er und meine Brüder in Wirklichkeit sind! Als mir die Augen aufgegangen sind.« Lucia fuhr zusammen. »Sie können sich nicht vorstellen, was ich mitgemacht habe«, sagte sie leise. »Ich wollte fort, aber ich konnte einfach nicht!«

»Das habe ich nie geahnt.« Er tätschelte ihre Hand. »Ich fürchte, ich habe Sie falsch gesehen, meine Liebe.«

»Ich habe in Angst und Schrecken vor ihm gelebt!« beteuerte sie leidenschaftlich.

Richter Buscetta fiel wieder einmal auf, dass Lucia eine ausgesprochen schöne junge Frau war. Sie trug ein schlichtes schwarzes Kleid, das ihre üppigen Reize vorteilhaft zur Geltung brachte. Er warf einen Blick in ihren tiefen Ausschnitt und stellte fest, dass sie wirklich sehr erwachsen geworden war.

Es wäre amüsant, dachte Buscetta, mit Carmines Tochter zu schlafen. Er kann mir jetzt nichts mehr anhaben. Der alte Ganove hat geglaubt, mich in der Tasche zu haben - aber ich bin zu clever für ihn gewesen. Als Sizilianerin ist Lucia wahrscheinlich noch Jungfrau. Im Bett könnte ich ihr bestimmt einiges beibringen.

Seine ältliche Haushälterin brachte ein Tablett mit Teegeschirr und einem Teller Biskuits herein und stellte es auf die Anrichte. »Soll ich eingießen, Signore?«

»Überlassen Sie das mir«, schlug Lucia vor. Ihre Stimme klang warm und verheißungsvoll.

Richter Buscetta lächelte ihr zu. »Danke, Sie können gehen, Eleonora.«

»Ja, Signore.«

Buscetta sah zu, wie Lucia zur Anrichte ging und sorgfältig zwei Tassen Tee für den Richter und sich einschenkte.

»Ich habe das Gefühl, dass wir sehr gute Freunde werden könnten, Lucia«, sagte Giovanni Buscetta lauernd.

Lucia lächelte verführerisch. »Das würde mir sehr gut gefallen, Euer Ehren.«

»Bitte. Giovanni.«

»Giovanni.« Lucia gab ihm seine Tasse. Sie hob ihre wie zu einem Trinkspruch. »Tod den Verbrechern!«

Buscetta imitierte lächelnd ihre Geste. »Tod den Verbrechern!« Er nahm einen Schluck und verzog das Gesicht. Der Tee schmeckte bitter.

»Ist er zu.?«

»Nein, nein. Er ist ganz in Ordnung, meine Liebe.«

Lucia hob erneut ihre Tasse. »Auf unsere Freundschaft.«

Sie trank wieder, und er folgte ihrem Beispiel.

»Auf.«

Buscetta brachte diesen Satz nicht mehr zu Ende. Er wurde von einem plötzlichen Krampf befallen und hatte das Gefühl, rotglühender Stahl durchbohre seine Brust. Er griff sich ans Herz. »Hilfe! Einen Arzt. ich.«

Lucia blieb sitzen, trank gelassen mit kleinen Schlucken ihren Tee und beobachtete, wie der Richter aufzustehen versuchte und dabei zusammenbrach. Er zuckte noch etwas und lag dann still.

»Das war Nummer eins, Papa«, sagte Lucia.

Benito Patas legte in seiner Zelle eine Patience, als der Schließer ihm mitteilte: »Sie haben Damenbesuch.«

Patas strahlte zufrieden. Als Zeuge der Anklage genoss er in der Haft besondere Privilegien, zu denen auch gehörte, dass er in dem für Besuche von Ehefrauen eingerichteten Zellentrakt Damenbesuche empfangen durfte. Er hatte ein halbes Dutzend Freundinnen, die sich bei diesen Besuchen abwechselten, und war gespannt, welche heute gekommen war.

Er betrachtete sich in seinem kleinen Wandspiegel, nahm etwas Pomade, kämmte sich die Haare zurück und folgte dann dem Schließer durch die Korridore zu dem Trakt mit den Privaträumen.

Der Schließer öffnete ihm die Tür. Patas stolzierte erwartungsvoll über die Schwelle. Dann blieb er ruckartig stehen und starrte die Besucherin verblüfft an.

»Lucia! Was tust du hier, verdammt noch mal? Wie bist du überhaupt rein gekommen?«

»Ich habe angegeben, dass wir verlobt sind, Benito«, antwortete Lucia sanft.

Sie trug ein verwirrend tief ausgeschnittenes rotes Seidenkleid, das ihre Kurven wie eine zweite Haut modellierte.

Benito Patas wich vor ihr zurück. »Verschwinde!«

»Wenn du willst. Aber ich muss dir erst noch etwas erklären. Als ich miterlebt habe, wie du im Zeugenstand gegen meinen Vater und meine Brüder ausgesagt hast, habe ich dich anfangs gehasst. Ich hätte dich am liebsten umgebracht.« Lucia trat näher an ihn heran. »Aber dann ist mir klar geworden, dass das sehr tapfer von dir war. Du hast gewagt, aufzustehen und die Wahrheit zu sagen. Mein Vater und meine Brüder sind nicht böse, aber sie haben Böses getan, und nur du bist stark genug gewesen, um ihnen entgegenzutreten.« »Glaub mir, Lucia«, sagte er, »die Polizei hat mich dazu gezwungen, alles.«

»Mir brauchst du nichts zu erklären«, wehrte sie freundlich ab. »Erinnerst du dich noch an das erste Mal, als wir uns geliebt haben? Ich hab’ damals gespürt, dass ich dich liebe und immer lieben würde.«

»Lucia, ich hätte das alles niemals getan, wenn ich.«

»Caro, ich möchte, dass wir das Vergangene vergessen. Es liegt hinter uns. Jetzt zählen nur noch du und ich.«

Sie stand jetzt dicht vor ihm, und ihr schweres Parfüm duftete betäubend stark. Patas war völlig verwirrt. »Ist das dein Ernst?«

»Mein heiliger Ernst! Deshalb bin ich heute hergekommen, um dir zu beweisen, dass ich’s ernst meine. Um dir zu zeigen, dass ich dir gehöre. Und das nicht nur mit Worten.«

Ihre Finger griffen nach ihren Spaghettiträgern, und im nächsten Augenblick lag die schimmernde Seide zu ihren Füßen. Darunter war sie nackt. »Glaubst du mir jetzt?«

Mein Gott, wie schön sie ist! »Ja, ich glaube dir«, sagte Benito heiser.

Lucia drängte sich gegen ihn. »Zieh dich aus!« flüsterte sie. »Beeil dich!«

Sie beobachtete, wie Patas sich hastig auszog. Als auch er nackt war, nahm er Lucia an der Hand und führte sie zu dem kleinen Bett in einer Ecke der Zelle. Er hielt sich nicht lange mit sexuellem Vorspiel auf. Sekunden später lag er auf ihr, spreizte ihre Beine und stieß mit einem arroganten Lächeln auf den Lippen tief in sie hinein.