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Lucius Decumius begleitete sie den Vicus Patricii entlang. Auf fast magische Weise traten die Menschen vor ihnen zur Seite. »Ich versichere dir, Gnädigste, wir werden Säulen der Gesellschaft sein.«

»Aber wenn man sich einmal an ein gewisses Einkommen gewöhnt hat, ist es doch schwer, mit weniger auszukommen«, sagte Aurelia.

»Keine Sorge, Gnädigste!« gab Lucius Decumius fröhlich zurück. »Rom ist eine große Stadt. Wir werden unsere Geschäfte auf andere Teile der Stadt verlagern, so daß du in keiner Weise belästigt wirst. Der Viminal, der Wall, die Fabrikviertel - es gibt genug Möglichkeiten. Zerbrich dir nicht deinen süßen Kopf über Lucius Decumius und seine Brüder von der heiligen Kreuzwegebruderschaft. Wir kommen schon zurecht.«

»Das ist keine Antwort! Für mich ist das kein Unterschied, ob ihr hier die Nachbarschaft terrorisiert oder anderswo!«

Lucius Decumius war ehrlich überrascht über soviel Beschränktheit. »Was du nicht weißt, macht dich nicht heiß. So ist das Leben.«

Sie waren vor Aurelias Haustür angekommen. Sie blieb stehen und sah ihn mitleidig an. »Tu, was du für richtig hältst, Lucius Decumius. Aber sorge dafür, daß ich nie herausfinde, wohin du deine Geschäfte, wie du das nennst, verlagert hast.«

»Ich schwöre es, Gnädigste! Nur über meine Leiche!« Er streckte seinen Arm aus und klopfte an die Tür. Mit verdächtiger Geschwindigkeit öffnete der Verwalter selbst. »Hallo, Eutychus, dich habe ich schon seit ein paar Tagen nicht mehr in der Bruderschaft gesehen«, sagte Lucius Decumius höflich. »Wenn du deinen nächsten freien Tag hast, erwarte ich dich in der Taverne. Wir müssen Großputz machen und den Wänden ein bißchen Farbe verpassen, damit deine domina zufrieden ist. Wir wollen doch, daß die Schwägerin von Gaius Marius glücklich ist!«

Eutychus sah gar nicht glücklich aus. »Ja, sicher«, sagte er.

»So, du wolltest also für dich behalten, wer die Gnädigste ist, nicht wahr?« fragte Lucius Decumius samtweich.

»Wie du im Laufe der Jahre bemerkt haben dürftest, Lucius Decumius, spreche ich niemals über meine Familie«, entgegnete Eutychus majestätisch.

»Verfluchte Griechen, sie sind alle gleich«, Lucius Decumius tippte grüßend mit dem Zeigefinger an sein strähniges braunes Haar und verbeugte sich kurz zu Aurelia hin. »Ich wünsche dir einen guten Tag, Gnädigste. Es war nett, deine Bekanntschaft gemacht zu haben. Wenn die Bruderschaft dir in irgendeiner Weise behilflich sein kann, laß es mich bitte wissen.«

Aurelia zog die Tür hinter sich zu und blickte den Verwalter ausdruckslos an. »Was hast du zu deinen Gunsten vorzubringen?« fragte sie.

» Domina, ich muß doch dazugehören!« jammerte er. »Ich bin der Verwalter der Hausbesitzer - ich habe gar keine andere Wahl! Niemals würden sie zulassen, daß ich draußen bleibe!«

»Ist dir klar, Eutychus, daß ich dich dafür auspeitschen lassen könnte?« Aurelia verzog noch immer keine Miene.

»Ja«, flüsterte er.

»Du kannst froh sein, daß ich die Gattin meines Mannes und die Tochter meines Vaters bin. Ich glaube, mein Schwiegervater, Gaius Julius, hat es am besten ausgedrückt. Kurz vor seinem Tod hat er einmal gefragt, wie manche Familien mit Menschen in einem Haus leben können, die sie haben auspeitschen lassen - seien es ihre Söhne oder ihre Sklaven. Dafür fehlte ihm jedes Verständnis. Man kann auch anders mit unehrlichem und frechem Benehmen fertig werden. Du darfst mir glauben, daß ich dich jederzeit mit schlechten Zeugnissen und finanziellem Verlust verkaufen würde. Statt zehntausend Denare bekäme ich vielleicht noch tausend Sesterze für dich. Und dein neuer Herr wäre von der niedrigsten und gemeinsten Art - er könnte dich gnadenlos auspeitschen lassen, schließlich kämst du gebrandmarkt als schlechter Sklave zu ihm.«

»Ich verstehe, domina

»Gut! Dann bleibe nur bei dem Kreuzwegeverein, ich habe vollstes Verständnis für dein Dilemma. Aber ich befehle dir absolutes Stillschweigen über unsere Familie.« Sie wandte sich schon ab, blieb dann noch einmal stehen. »Dieser Lucius Decumius, hat er eine Arbeit?«

»Er ist Hausmeister bei der Bruderschaft.« Eutychus fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut.

»Du verheimlichst mir etwas.«

»Es ist nur ein Gerücht, domina. Niemand weiß wirklich Bescheid über ihn. Aber er soll es selbst gesagt haben - es könnte allerdings auch nur Prahlerei gewesen sein. Oder er wollte uns damit Angst einjagen.«

»Was hat er denn gesagt?«

Der Verwalter erbleichte. »Er sagt, er sei ein Mörder.«

»Beim Castor! Und wen hat er umgebracht?« fragte Aurelia.

»Diesen Kerl aus Numidien, der vor ein paar Jahren auf dem Forum Romanum erstochen wurde.«

»Wunder gibt es immer wieder!« sagte Aurelia und ging nachsehen, was ihre Kinder machten.

»Sie war wohl von Anfang an etwas Besonderes«, sagte Eutychus zu Cardixa.

Wie eine Katze, die eine Maus mit der Pfote am Schwanz festhält, legte das hünenhafte gallische Dienstmädchen eine Hand auf die Schulter des zierlichen Verwalters. »So ist es. Darum müssen wir alle gut auf sie aufpassen.« Und betont freundschaftlich tätschelte Cardixa Eutychus’ Schulter.

Das alles geschah, kurz bevor Gaius Julius Caesar mit Marius’ Nachricht vom Sieg bei Vercellae aus Gallia Cisalpina zurückkehrte. Caesar klopfte einfach an die Tür. Der Verwalter ließ ihn ein und kümmerte sich um sein Gepäck, während Caesar nach seiner Frau suchte.

Er fand sie im Garten auf dem Hof, wo sie dünne Netze um die Reben band, die an Gaius Matius’ Weinstock reiften. Es schien ihr nicht der Mühe wert, sich umzudrehen, als sie Schritte näherkommen hörte. »Man würde doch nie vermuten, daß es so viele Vögel in der Subura gibt, oder?« fragte sie den Ankömmling, wer es auch sein mochte. »Aber dieses Jahr werden auf alle Fälle wir die Trauben zu essen bekommen. Die Netze nützen sicher etwas.«

»Ich freue mich auf die Trauben«, sagte Caesar.

Aurelia flog herum, ließ die ganze Handvoll Netze zu Boden gleiten, und strahlte ihn an. »Gaius Julius!«

Er breitete seine Arme aus, sie sank hinein. Sie küßten sich lange, konnten gar nicht voneinander lassen. Erst das Beifallklatschen brachte sie wieder in die Wirklichkeit zurück. Caesar blickte den Lichtschacht hinauf und sah, daß sich an allen Balkongeländern freudestrahlende Menschen drängten. Er winkte ihnen zu.

»Ein großer Sieg!« rief er aus. »Gaius Marius hat die Germanen vernichtend geschlagen! Rom braucht sie nie wieder zu fürchten!«

Caesar überließ die Mitbewohner seines Hauses ihrer Freude. Noch bevor der Senat und das Volk von Rom von dem Sieg über die Germanen erfuhren, war die Nachricht überall in der Subura verbreitet. Caesar legte den Arm um Aurelias Schultern und führte sie in den schmalen Gang zwischen Wohnzimmer und Küchenbereich. Er schaute in sein Arbeitszimmer, lobte die Ordentlichkeit und Sauberkeit, freute sich über die geschmackvolle, aber nicht teure Einrichtung. Überall standen Blumenvasen, das war ihm neu an Aurelias Haushaltsführung. Wie konnte sie sich diese Sträuße nur leisten? fragte er sich insgeheim ein wenig besorgt.

»Ich muß sofort zu Marcus Aemilius Scaurus«, sagte er, »aber zuerst wollte ich dich sehen. Wie schön es ist, zu Hause zu sein!«

»Es ist wunderbar.« Aurelia bebte vor Glück.

»Heute abend wird es noch viel schöner, Geliebte, wenn wir beide unseren ersten Sohn zeugen.« Caesar küßte sie wieder. »Wie ich dich vermißt habe! Nach dir interessieren mich alle anderen Frauen nicht mehr, glaub mir! Meinst du, ich könnte wohl ein Bad nehmen?«