»Ich sah Cardixa eben ins Bad huschen, sie wird dir wohl schon eins vorbereiten.« Aurelia kuschelte sich an ihn und seufzte wohlig.
»Und du bist wirklich sicher, daß es dir nicht zuviel wird? Die insula verwalten, unsere Töchter versorgen, diesen ganzen großen Schuppen in Schuß halten?« fragte Caesar. »Ich weiß schon, du hast mir immer gesagt, die Makler würden mehr Provision einbehalten, als ihnen zustünde, aber...«
»Es macht mir nichts aus, Gaius Julius. Das ist ein sehr ordentliches Haus, und unsere Mieter sind großartig«, antwortete sie entschieden. »Ich habe sogar das kleine Problem mit der Taverne an der Kreuzung gelöst, so daß es inzwischen auch dort sehr ruhig und sauber zugeht.« Sie blickte lachend zu ihm auf. »Du glaubst nicht, wie hilfsbereit und entgegenkommend alle sind, seit sie wissen, daß Gaius Marius mein Schwager ist!«
»Und all diese Blumen!«
»Sind sie nicht schön? Sie sind eine Art Dauergeschenk, alle vier oder fünf Tage bekomme ich einen neuen Strauß.«
Caesar zog sie fester an sich. »Ich habe wohl einen Rivalen?«
»Wenn du ihn gesehen hast, wirst du dir keine Sorgen mehr machen, glaube ich. Er heißt Lucius Decumius. Und ist ein Mörder.«
»Wie bitte?«
»Keine Sorge, mein Geliebter; ich mache nur Spaß«, beruhigte sie ihn. »Ich vermute, daß er den Mörder spielt, damit seine Mitbrüder den Respekt vor ihm behalten. Er ist der Hausmeister der Taverne.«
»Wo kriegt er die Blumen her?«
Aurelia lachte leise. »Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Hier in der Subura ist alles ein bißchen anders.«
Von Publius Rutilius Rufus erfuhr Gaius Marius, wie die Lage in Rom war, nachdem Caesar die Siegesnachricht überbracht hatte. Publius Rutilius schrieb:
Die Luft ist ziemlich vergiftet hier. Grund dafür ist vor allem, daß Du geschafft hast, was Du Dir vorgenommen hast, nämlich die Germanen ein für allemal zu schlagen. Jetzt ist Dir das Volk so dankbar, daß sie Dich sofort wieder zum Konsul machen würden, wenn Du zur Wahl stündest. Jedermann aus adeligem Hause trägt das Wort dictator auf den Lippen - und die Männer aus der Ersten Vermögensklasse spitzen schon die Lippen und fangen an, es nachzuplappern. Ich weiß schon, daß Du viele Klienten unter den Rittern hast und viele Freunde in der Ersten Klasse, aber Du mußt mir eines glauben: Unsere gesamte politische Ordnung ist traditionell so beschaffen, daß den Ambitionen von Männern, die sich herausheben wollen, Einhalt geboten wird. Nur unter Gleichen darf man der Erste sein. Du bist jetzt fünfmal zum Konsul gewählt worden, dreimal in absentia - daß Du Deine sogenannten Gleichen um Längen überragst, ist nicht mehr zu übersehen. Scaurus ist empört, aber mit ihm könntest du wahrscheinlich fertig werden. Nein, das eigentliche Problem ist unser gemeinsamer Freund Schweinebacke, den sein stotternder Sohn, das Ferkel, gekonnt unterstützt.
Seit Du in östlicher Richtung zu den Alpen gezogen bist, um zu Catulus Caesar im italischen Gallien zu stoßen, sind Schweinebacke und sein Sohn damit beschäftigt, Catulus Caesars Leistung im Feldzug gegen die Kimbern in den buntesten Farben auszumalen. Mit den Tatsachen hat das nichts mehr zu tun. Als uns die Nachricht vom Sieg bei Vercellae erreichte, trat der Senat im Tempel der Bellona zusammen, um solche Dinge wie Triumphzüge und Danksagungen zu besprechen. Was meinst du, wie viele die Ohren gespitzt haben, als Schweinebacke sich zu Wort meldete!
Kurz gesagt, er hat erreicht, daß es nur zwei Triumphzüge gibt - einen für Dich, für Aquae Sextiae, und einen für Catulus Caesar für den Sieg von Vercellae! Er ging einfach darüber hinweg, daß doch Du Feldherr in Vercellae warst und nicht Catulus Caesar. Er argumentierte rein formal - zwei Heere seien beteiligt gewesen, eins habest du als Konsul befehligt, das andere Catulus Caesar, der Prokonsul. Die Kriegsbeute sei enttäuschend mager ausgefallen, drei Triumphzüge seien im Verhältnis dazu geradezu lächerlich. Du könnest den Triumph für Aquae Sextiae nachholen, der vom Senat ja schon beschlossen sei, und Catulus Caesar werde den Triumph für Vercellae bekommen. Ein zweiter Triumph wegen Vercellae für Dich sei vollkommen überflüssig.
Lucius Appuleius Saturninus erhob sofort Protest dagegen, aber er wurde niedergebrüllt. Er ist privatus dieses Jahr hat kein Amt inne. So fühlten sich die patres conscripti eben nicht bemüßigt, ihm ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Der Senat beschloß schließlich zwei Triumphzüge: Deiner soll nur für Aquae Sextiae sein - die Schlacht vom letzten Jahr, also wenig aufsehenerregend. Der für Vercellae wird Catulus Caesar allein gelten - das wirklich große Ereignis, schließlich geht es um die Schlacht von diesem Jahr. Wenn sich dann der Triumphzug durch die Straßen von Rom windet, wird das Volk Catulus Caesar als großen Helden feiern. Niemand wird den Sieg über die Kimbern im italischen Gallien mit Deinem Namen in Verbindung bringen. Warum warst Du auch so blöd und hast ihm den Löwenanteil der Kriegsbeute und alle in der Schlacht eroberten Feldzeichen der Germanen überlassen? Das hat den Fall endgültig besiegelt. Wenn Du in leutseliger Stimmung bist und Deine angeborene Großzügigkeit zum Vorschein kommt, machst Du die schlimmsten Fehler, laß Dir das gesagt sein.
Ich glaube nicht, daß Du daran noch etwas ändern kannst - die Sache ist entschieden, es wurde offiziell abgestimmt, alles ist schriftlich in den Akten festgehalten. Ich bin ziemlich wütend über das Ganze. Die konservative Clique - wie Saturninus sie nennt - oder die Guten - wie Scaurus sie nennt - haben dieses Scharmützel für sich entschieden. Für den Sieg über die Germanen wirst Du nie die gebührende Anerkennung erhalten. Weißt Du noch, wie wir uns vor so vielen Jahren in Numantia über das Schlammbad lustig gemacht haben, das Metellus mit seinen schweinischen Freunden genommen hat? Wie wir ihm einen schweinischen Spitznamen verpaßt haben? Inzwischen bin ich fest davon überzeugt, daß der Mann kein Schwein ist - er ist ein ausgewachsener cunnus. Und sein Sohn, das Ferkel, wird genauso ein ausgewachsener cunnus werden wie sein Vater
Genug davon, sonst trifft mich noch der Schlag. Zum Schluß dieses Schreibens kann ich Dir noch mitteilen, daß es in Sizilien gut aussieht. Manius Aquilius macht seine Sache ausgezeichnet, und Servilius der Augur steht jetzt natürlich schlecht da. Immerhin hat er Wort gehalten und Lucullus vor dem neuen Gerichtshof für Verratsfälle angeklagt. Lucullus wollte sich unbedingt selbst verteidigen - vor all diesen großkotzigen, ungehobelten Rittern hat er sich damit keinen Gefallen getan, denn er trat so kaltschnäuzig und hochmütig auf, wie er sich nun einmal immer gibt. Die Richter haben das natürlich auf sich bezogen! Und so war es ja auch gemeint. Noch so ein sturer Idiot, dieser Lucullus. Sie haben ihn verurteilt - ihm damno auf alle Ziegel geschrieben, glaube ich. Und die Strafe ist unglaublich hart ausgefallen! Er muß sein Exil mindestens tausend Meilen entfernt von Rom wählen, also bleiben ihm nur zwei Orte zur Auswahl, Antiocheia oder Alexandria. Er hat beschlossen, König Ptolemaios Alexander die Ehre zu geben und nicht Antiochus Grypos. Außerdem hat das Gericht sein gesamtes Vermögen konfisziert - Häuser Ländereien, Kapitalanlagen, Besitz in der Stadt.
Er hat nicht gewartet, bis sie ihn davonjagen. Er hat nicht einmal abgewartet, wieviel seine Besitztümer bringen, sondern er hat sein liederliches Weib ihrem Bruder Schweinebacke überantwortet - so ist der wenigstens auch ein bißchen gestraft! - und seinen ältesten Sohn, der jetzt sechzehn und damit in den Augen des Staates ein erwachsener Mann ist, sich selbst überlassen. Ist es nicht merkwürdig, daß er diesen hochbegabten Jungen nicht Schweinebacke anvertraut hat? Sein jüngerer Sohn, Marcus Terentius Varro Lucullus, vierzehn Jahre alt, wurde zur Adoption gegeben.