Выбрать главу

Beide Söhne haben geschworen, daß sie Servilius den Augur verklagen werden, sobald Varro Lucullus die Toga des Mannesalters anlegen darf. Das weiß ich von Scaurus. Der Abschied von ihrem Vater war herzzerreißend, wie Du Dir sicher vorstellen kannst. Scaurus sagte, Lucullus werde nach Alexandria gehen und sich dann den Tod geben. Und beide Söhne glauben auch, daß ihr tata das tun wird. Am meisten peinigt die Familie Licinius Lucullus die Tatsache, daß sie Kummer und Armut einem dahergelaufenen homo novus wie Servilius Augur zu verdanken haben. Bei Lucullus’ Söhnen habt ihr homines novi euch keine Freunde gemacht.

Nun ja, wenn Lucullus’ Söhne alt genug sind, um Servilius Augur gemeinschaftlich zu verklagen, wird das vor dem neuen Repetundengericht geschehen. Das richtet gerade ein weiterer Servilius mit ziemlich obskurem Stammbaum ein, Gaius Servilius Glaucia. Beim Pollux, Gaius Marius, der Kerl kann Gesetze entwerfen! Die Regelung ist knallhart und völlig neuartig, aber sie funktioniert. Die Rechtsprechung ist wieder in den Händen der Ritter - keine guten Aussichten für Statthalter, aber sie ist in den Händen von Fachleuten. Der Kreis der Personen, die zur Erstattung herangezogen werden können, wurde erweitert, die Strafandrohung erhöht: Wer vom Gericht verurteilt wurde, darf nie mehr nirgendwo eine öffentliche Rede halten. Männer mit Latinerrecht erhalten das volle römische Bürgerrecht, wenn sie erfolgreich einen Übeltäter vor Gericht bringen. Außerdem gibt es jetzt eine Sitzungspause, wenn der Prozeß zur Hälfte vorbei ist. Das alte Verfahren ist längst vergessen. Die Aussagen der Zeugen sind nicht sehr wichtig, das haben die wenigen Fälle gezeigt, wo Zeugen gehört wurden. Es kommt jetzt vor allem auf die Plädoyers der Rechtsanwälte an, die Rechtsanwälte werden reichlich Zulauf bekommen.

Zu guter Letzt sollst Du noch wissen, daß dieser komische Vogel Saturninus wieder in Schwierigkeiten war. Wirklich, Gaius Marius, ich zweifle an seinem Verstand. Da fehlt die Logik. Genau wie bei seinem Freund Glaucia. Beide sind so brillant - und gleichzeitig so labil, so regelrecht verrückt. Oder vielleicht wissen sie gar nicht, was sie eigentlich im öffentlichen Leben erreichen wollen. Selbst der übelste Demagoge hat ein Schema, verfolgt einen Plan, will Prätor oder Konsul werden. Doch die beiden sind überhaupt nicht einzuschätzen. Sie hassen den alten Regierungsstil, sie hassen den Senat, aber sie wissen nicht, wie es anders gehen soll. Vielleicht sind sie Verfechter der Anarchie, wie die Griechen das nennen? Ich weiß es nicht.

Übrigens, was die Gesandtschaft von König Mithridates von Pontos betrifft, hat sich das Blatt zum Nachteil von König Nikomedes von Bithynien gewendet. Unser junger Freund vom fernen östlichen Rand des Schwarzen Meeres schickte sehr aufgeweckte Botschafter, die sofort die heimliche Schwäche von uns Römern erkannt haben - Geld! Mit ihrem Gesuch um einen Freundschafts- und Bündnisvertrag konnten sie nirgends landen. So fingen sie an, sich die Senatoren zu kaufen. Sie zahlten gut, und Nikomedes hatte allen Grund zur Sorge, das kannst Du mir glauben.

Dann stieg Saturninus auf die rostra und verurteilte in scharfen Worten alle die Senatoren, die Nikomedes und Bithynien zugunsten von Mithridates und Pontos aufgeben wollten. Mit Bithynien hätten wir seit Jahren einen Vertrag, erinnerte er uns, und Pontos sei von jeher mit Bithynien verfeindet. Viel Geld habe die Besitzer gewechselt - und nur, weil ein paar Senatoren jetzt dicke Geldbörsen hätten, gebe Rom ein Freundschaftsbündnis auf, das fünfzig Jahre gehalten habe.

Ich habe es nicht mit eigenen Ohren gehört, aber es wird behauptet, er sei etwa folgendermaßen fortgefahren: »Wir wissen ja alle, daß es teuer für tatterige alte Senatoren werden kann, wenn sie sich ein verspieltes junges Ding zur Frau nehmen, das kaum der Schule entwachsen ist. Perlenketten und goldene Armreifen sind schließlich erheblich teurer, als eine Flasche von diesem Tonikum, das Ticinus in seinem Liebeszauberladen verkauft. Und wer wollte bestreiten, daß ein verspieltes junges Ding ein viel wirksameres Tonikum ist als alles, was Ticinus anzubieten hat?« Oh, oh! Er grinste auch Schweinebacke höhnisch an und fragte in die Menge: »Und was ist mit unseren Jungens in Gallia Cisalpina?«

Mehrere Gesandte aus Pontos wurden daraufhin zusammengeschlagen und klagten lautstark auf dem Senaculum. Scaurus und Metellus haben Saturninus vor seinem eigenen Gerichtshof für Verrat verklagt, weil Saturninus Zwietracht gesät habe zwischen Rom und der akkreditierten Gesandtschaft eines fremden Königs. Für den Prozeßtag berief unser Volkstribun Glaucia eine Versammlung der Plebs ein und warf Schweinebacke vor, er versuche schon wieder, Saturninus loszuwerden. Aber das sei ihm bereits damals nicht gelungen, als er Zensor gewesen sei. Und dann tauchten auch noch diese gemieteten Gladiatoren auf, die Saturninus anscheinend immer, wenn es darauf ankommt, irgendwo auftreiben kann. Sie pöbelten die Geschworenen an und sahen so angsteinflößend aus, daß das Gericht die Klage abwies. Die Gesandten aus Pontos mußten ohne ihren Vertrag wieder heimkehren. Ich bin mit Saturninus einig: Es wäre reichlich schäbig, das langjährige Freundschaftsbündnis aufzukündigen, nur weil die Feinde von Bithynien inzwischen viel reicher und mächtiger sind.

Genug, Gaius Marius! Eigentlich wollte ich dir ja nur die Sache mit den Triumphen mitteilen, bevor Du es von offizieller Seite erfährst. Der Senat wird es nicht besonders eilig haben, Dich darüber zu unterrichten. Ich wünschte, Du könntest noch etwas dagegen unternehmen, aber ich sehe keine Möglichkeit.

»Und ob ich etwas unternehmen kann!« brummte Marius grimmig, nachdem er den Brief entziffert hatte. Er legte ein Stück Papier vor sich hin. Nach einer ganzen Weile hatte er einen eigenen kurzen Brief entworfen. Dann ließ er Quintus Lutatius Catulus Caesar rufen.

Catulus Caesar trat in aufgeräumter Stimmung ein, denn mit demselben Kurier, der Rutilius Rufus’ Brief an Marius gebracht hatte, waren für ihn Briefe von Metellus Numidicus und Scaurus gekommen.

Enttäuscht mußte Catulus Caesar feststellen, daß Marius schon von der Entscheidung für nur zwei Triumphzüge wußte. Und er hatte sich so darauf gefreut zu sehen, wie Marius auf diese Nachricht reagieren würde! Nun ja, das war nicht so wichtig. Aber Triumph war Triumph.

»Wenn du nichts dagegen hast, werde ich im Oktober nach Rom zurückkehren«, sagte Catulus Caesar und ließ jedes Wort auf der Zunge zergehen. »Ich werde meinen Triumph zuerst feiern, du als Konsul kannst ja nicht so früh hier weggehen.«

»Abgelehnt«, erwiderte Marius knapp. »Wir werden Ende November gemeinsam nach Rom zurückkehren, wie es geplant war. Ich habe dem Senat gerade geschrieben. Möchtest du es hören? Ich werde es dir vorlesen, das erspart dir die Mühe, meine Schrift zu entziffern.«

Marius zog das kleine Stück Papier aus dem Durcheinander auf seinem Schreibtisch, rollte es auseinander und begann laut zu lesen:

Gaius Marius, Konsul in der fünften Amtszeit, dankt dem Senat und dem Volk von Rom, daß sie sich der Frage des Triumphes für ihn und seinen Stellvertreter, den Prokonsul Quintus Lutatius Catulus, mit so viel ernsthafter Anstrengung gewidmet haben. Die Sparsamkeit der patres conscriptii, die in ihrem Entschluß zum Ausdruck kommt, nur einen Triumph für jeden der beiden Feldherrn von Rom zu bewilligen, ist höchst lobenswert. In Anbetracht der immensen Kosten dieses langen Krieges rate ich indes zu noch größerer Sparsamkeit. Quintus Lutatius stimmt mit mir überein. Gaius Marius und Quintus Lutatius Catulus werden sich deshalb einen einzigen Triumph teilen. Ganz Rom soll Zeuge der Einigkeit und Freundschaft seiner beiden Feldherrn sein, wenn sie gemeinsam durch die Straßen marschieren. Mit großer Freude teile ich daher mit, daß Gaius Marius und Quintus Lutatius ihren Triumph an den Kalenden des Dezembers feiern werden. Gemeinsam. Lang lebe Rom!