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Catulus Caesar war weiß wie eine Wand. »Du machst Scherze!«

»Ich? Scherze? Niemals, Quintus Lutatius!« Marius’ Augen funkelten unter seinen buschigen Augenbrauen.

»Ich - ich - ich verweigere den Gehorsam!«

»Es wird dir nichts anderes übrigbleiben«, sagte Marius zuckersüß. »Sie dachten schon, jetzt haben sie mich endgültig kleingekriegt! Der gute alte Metellus Numidicus und seine Freunde - und deine Freunde! Tja, ihr werdet mich nie kleinkriegen, keiner von euch.«

»Der Senat hat zwei Triumphe beschlossen, und zwei werden es sein!« Catulus Caesar bebte vor Wut.

»Ja, du könntest natürlich darauf bestehen, Quintus Lutatius. Aber das wird nicht gut aussehen, was meinst du? Du hast die Wahl. Entweder wir beide feiern den Triumph gemeinsam, oder du stehst als Trottel da.«

Catulus Caesar wußte nichts mehr zu sagen. Marius’ Brief ging an den Senat, und der Triumph wurde für den ersten Tag im Monat Dezember angekündigt.

Catulus Caesar sann sofort auf Rache. In einem Brief an den Senat beschuldigte er den Konsul Gaius Marius, er habe sich ein Vorrecht des Senats und des Volkes von Rom angemaßt: Tausend Soldaten der Hilfstruppen aus Camerinum in Picenum habe er noch auf dem Schlachtfeld von Vercellae das volle römische Bürgerrecht zugesprochen. Er habe seine Befugnisse als Konsul weiterhin mit der Ankündigung überschritten, in der kleinen Stadt Eporedia in Gallia Cisalpina eine Kolonie für römische Veteranen zu gründen. Weiter hieß es in dem Brief:

Gaius Marius hat diese verfassungswidrige Kolonie gegründet, um sich an dem Gold zu bereichern, das die Dora Baltea bei Eporedia anschwemmt. Der Prokonsul Quintus Lutatius Catulus möchte außerdem mit allem Nachdruck betonen, daß er die Schlacht von Vercellae gewonnen hat, nicht Gaius Marius. Als Beweis lege ich die 35 germanischen Feldzeichen vor, die sich in meinem Besitz befinden; Gaius Marius kann lediglich zwei Feldzeichen vorweisen. Als Sieger von Vercellae stehen mir alle Gefangenen zu, die als Sklaven verkauft wurden. Gaius Marius beansprucht beharrlich ein Drittel für sich.

Marius sorgte dafür, daß der Inhalt des Briefs seinen und Catulus Caesars Soldaten zu Ohren kam. Er hatte eigenhändig einen nüchternen Nachsatz hinzugefügt: Bis auf das Drittel, das er für sich beanspruche, gehe der Erlös aus dem Verkauf der in der Schlacht von Vercellae gefangengenommenen Kimbern an das Heer von Quintus Lutatius Catulus. Seine eigenen Truppen, führte Marius aus, hätten bereits den Erlös aus dem Verkauf der teutonischen Gefangenen aus der Schlacht von Aquae Sextiae erhalten. Er wolle nicht, daß sich die Truppen von Catulus Caesar benachteiligt fühlten. Daher sollten sie wissen, daß Catulus Caesar seine zwei Drittel aus dem Verkauf der kimbrischen Sklaven für sich selbst behalten wolle - was sein gutes Recht sei.

Glaucia verlas beide Briefe auf dem Forum in Rom, und das Volk lachte sich krank. Niemand hatte jetzt noch Zweifel, wer der wahre Sieger war, wer das Wohl seiner Truppe über sein eigenes stellte.

»Du mußt mit deiner Verleumdungskampagne gegen Gaius Marius aufhören«, sagte der Senatsvorsitzende Scaurus zu Metellus Numidicus, »oder es wird Ohrfeigen hageln, wenn du das nächste Mal auf dem Forum erscheinst. Und Quintus Lutatius solltest du einen entsprechenden Brief schreiben. Ob es uns paßt oder nicht, Gaius Marius ist der Erste Mann in Rom. Er hat den Krieg gegen die Germanen gewonnen, und ganz Rom weiß das. Er ist der Held, der Halbgott, das Volk betet ihn an. Wenn du versuchst, ihn zu Fall zu bringen, wirst du die ganze Stadt gegen dich haben, Quintus Caecilius.«

»Scheiß auf das Volk!« Metellus Numidicus’ Nerven waren zur Zeit nicht die besten. Er mußte das Treiben seiner Schwester Metella Calva und ihrer jeweiligen Liebhaber, einer übler als der andere, in seinem Haus dulden.

»Schau, uns stehen noch andere Wege offen«, drängte Scaurus. »Du kannst dich zum Beispiel noch einmal um das Amt des Konsuls bewerben. Ob du es glaubst oder nicht, es ist schon zehn Jahre her, seit du Konsul warst! Gaius Marius wird sich todsicher wieder bewerben. Wäre es nicht nett, ihm in seiner sechsten Amtszeit als Konsul einen solchen Mitkonsul wie dich aufzuhalsen?«

»Oh, wann werden wir endlich diese Krankheit namens Gaius Marius los sein!« jammerte Numidicus.

»Wenn alles gut geht, dauert es nicht mehr lange. Ein Jahr. Höchstens.« Scaurus wirkte sehr zuversichtlich.

»Bis in alle Ewigkeit wahrscheinlich.«

»Aber nein, Quintus Caecilius, du gibst zu früh auf! Wie Quintus Lutatius läßt du dich von deinem Haß auf Gaius Marius leiten. Gebrauche deinen Kopf! Wieviel Zeit von seinen fünf langen Amtszeiten als Konsul hat Gaius Marius in Rom verbracht?«

»Ein paar Tage vielleicht. Was hat das damit zu tun?«

»Es ist der entscheidende Punkt, Quintus Caecilius! Gaius Marius ist kein großer Politiker. Als Soldat und Stratege ist er unübertrefflich. Wenn seine Welt auf nichts als Curia und Comitia zusammenschrumpft, wird der Glanz schnell abblättern, das laß dir gesagt sein! Wir werden dafür sorgen, daß er keinen Fuß auf den Boden bekommt! Wir werden ihn reizen wie einen Stier, unsere Zähne in seinem Kadaver verbeißen und nicht mehr loslassen. Wir werden ihn zu Fall bringen! Warte nur ab, du wirst es erleben.«

Scaurus klang sehr siegesgewiß.

Metellus Numidicus war wie gebannt von diesen neuen Perspektiven, die Scaurus ihm eröffnet hatte. Er lächelte. »Ja, ich verstehe, Marcus Aemilius. Sehr gut. Ich werde für das Konsulat kandidieren.«

»Gut! Du wirst es schaffen! Wir werden noch den letzten Rest von Einfluß, den wir bei der Ersten und der Zweiten Zensusklasse haben, ausnützen. Dann kann nichts schiefgehen, und wenn sie Gaius Marius noch so lieben.«

»Ich kann es gar nicht mehr abwarten, bis ich sein Kollege bin!« Metellus Numidicus spannte heimlich alle Muskeln an. »Ich werde ihm jeden Weg verbauen! Ich werde ihm das Leben zur Hölle machen!«

»Wahrscheinlich bekommen wir noch von unerwarteter Seite Unterstützung.« Scaurus sah aus wie eine Katze auf der Lauer.

»Von welcher Seite?«

»Lucius Appuleius Saturninus will noch einmal für das Volkstribunat kandidieren.«

»Das sind ja schreckliche Nachrichten! Wie soll uns das helfen?« fragte Numidicus.

»Nein, das ist eine höchst erfreuliche Nachricht, Quintus Caecilius. Wenn du erst deine Konsulzähne in Gaius Marius verbissen hast und ich dasselbe getan habe und Quintus Lutatius ebenfalls und noch ein halbes Hundert, dann wird Gaius Marius Saturninus als Verbündeten gewinnen müssen. Ich kenne Gaius Marius. Wenn er zu sehr gereizt wird, schlägt er wild um sich. Wie ein gereizter Stier. Er wird sich Saturninus’ Unterstützung sichern. Und Saturninus ist wahrscheinlich der schlimmste Verbündete, den er sich aussuchen kann. Du wirst schon sehen. Seine eigenen Leute werden unseren Stier Gaius Marius zu Fall bringen.«

Saturninus war auf dem Weg nach Gallia Cisalpina, um sich mit Gaius Marius zu treffen, denn er war sehr an einem Bündnis mit Marius interessiert, viel interessierter als Marius zu diesem Zeitpunkt. Saturninus lebte in der politischen Welt Roms, Marius immer noch auf der unberührten Insel des Feldherrn.

Sie trafen sich in dem kleinen Urlaubsort Comum am Ufer des Comer Sees. Marius hatte dort die Villa des Lucius Calpurnius Piso gemietet, der kürzlich zusammen mit Lucius Cassius in Burdigala gefallen war. Marius war müde, viel müder, als er das dem zehn Jahre jüngeren Catulus Caesar gegenüber je zugegeben hätte. Catulus Caesar hatte er ans andere Ende der Provinz verfrachtet, er sollte dort bei den Gerichtstagen zugegen sein. Das Kommando über die Truppen hatte Sulla, und Marius konnte sich endlich ein paar ruhige Ferientage gönnen.