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»Du verhilfst uns ins Amt, Gaius Marius, und ich versichere dir, du wirst deine Gesetze bekommen«, sagte Saturninus.

Marius war sichtlich erleichtert. Die Spannung schwand aus seinem großen, muskulösen Körper. »Wenn ich das nur schaffe, Lucius Appuleius. Ich schwöre es, dann ist es mir egal, ob ich ein siebtes Mal Konsul werde.«

»Ein siebtes Mal?«

»Mir wurde prophezeit, daß ich siebenmal Konsul sein werde.«

Saturninus lachte. »Warum auch nicht? Niemand hätte es je für möglich gehalten, daß ein Mann sechsmal Konsul wird. Und du wirst es jetzt.«

Die Wahl der neuen Volkstribunen fand statt, als Gaius Marius und Catulus Caesar mit ihren Legionen südwärts auf dem Weg nach Rom waren, um ihren Triumph gemeinsam zu feiern. Die Wahl war heiß umkämpft. Über dreißig Kandidaten bewarben sich um die zehn Posten, mehr als die Hälfte davon standen im Dienste der konservativen Senatoren. Der Wahlkampf wurde erbarmungslos hart geführt.

Glaucia, der Vorsitzende der amtierenden zehn Volkstribunen, wurde damit beauftragt, die Wahl der Nachfolger durchzuführen. Die Wahl der Konsuln und der Prätoren durch die Zenturiatkomitien hatte noch nicht stattgefunden, nur deshalb konnte er diese Aufgabe übernehmen, denn als gewählter Prätor wäre er nicht in Frage gekommen. Aber wie die Dinge lagen, konnte er bei der Wahl der Volkstribunen seines Amtes walten.

Die Wahl fand auf dem Versammlungsplatz der Komitien statt, Glaucia leitete das Geschehen von der Rednerbühne aus. Die anderen neun Volkstribunen behielten die Menge im Auge. Sie mußten durch Losentscheid festlegen, in welcher Reihenfolge die fünfunddreißig Tribus, die Abteilungen der römischen Bürgerschaft, wählten, vom ersten bis zum letzten, und dann ließen sie die Tribus nacheinander zur Wahl antreten.

Viel Geld war von einer Hand zur anderen gegangen, einiges davon war zu Saturninus geflossen, aber sehr viel mehr zu unbekannten Kandidaten, die von den Konservativen ins Rennen geschickt wurden. Jeder reiche Senator von den vorderen Bänken der Konservativen mußte tief in die Taschen greifen. Man kaufte Stimmen für Männer wie Quintus Nonius aus Picenum, politisch ein Niemand, aber konservativ bis auf die Knochen. Nonius war der Bruder von Sullas Schwager; doch Sulla hatte nichts damit zu tun, daß Nonius im Senat saß und für das Volkstribunat kandidierte. Als Sullas Schwester Cornelia in die reiche Gutsbesitzerfamilie Nonius eingeheiratet hatte, hatte der Glanz ihres Namens die Männer der Familie auf die Idee gebracht, ihr Glück im cursus honorum zu versuchen. Zunächst sollte ihr Sohn zielstrebig für diese Karriere aufgebaut werden, aber dann wollte doch der Onkel zuerst sehen, was sich machen ließ.

Die Wahl brachte reichlich Überraschungen. Quintus Nonius aus Picenum zum Beispiel wurde problemlos gewählt, Lucius Appuleius Saturninus hingegen fiel durch. Zehn Volkstribunen konnten gewählt werden, Saturninus kam an die elfte Stelle.

»Ich kann es nicht glauben!« Saturninus schnappte nach Luft. »Ich kann es einfach nicht glauben! Was ist passiert, Glaucia?«

Glaucia runzelte die Stirn, seine Aussichten auf das Amt eines Prätors schienen auf einmal düster. Dann zuckte er die Achseln, klopfte Saturninus kräftig auf die Schulter und stieg von der Rednerbühne hinunter. »Mach dir keine Sorgen, das Blatt kann sich immer noch wenden.«

»Was soll sich am Ausgang einer Wahl denn noch ändern?« fragte Saturninus. »Nein, Gaius Servilius, die Sache ist entschieden. Ich habe es nicht geschafft.«

»Wir sprechen uns noch - hier. Warte hier, geh noch nicht nach Hause.« Glaucia drängte sich in die Menge.

Als sein Name bei der Ausrufung der neuen Volkstribunen fiel, wollte Quintus Nonius aus Picenum sofort in sein luxuriöses neues Haus in den Carinae eilen. Seine Frau, seine Schwägerin Cornelia Sulla und deren Sohn warteten dort gespannt auf den Ausgang der Wahl. Naiv wie sie waren, zweifelten sie an den Chancen von Quintus Nonius.

So große Schwierigkeiten beim Verlassen des Forums hatte Quintus Nonius allerdings nicht vorausgesehen. Alle paar Schritte mußte er stehenbleiben, um herzlichste Glückwünsche entgegenzunehmen, und da er nun einmal sehr höflich war, brachte er es nicht fertig, die Gratulanten fortzuscheuchen. Er kam nicht von der Stelle. Strahlend verbeugte er sich in alle Richtungen und schüttelte Hunderte von Händen.

Einer nach dem anderen hatten sich Quintus Nonius’ Gefährten davongemacht. Nur noch drei seiner engsten Freunde, die auch in den Carinae wohnten, begleiteten ihn, als er den ersten Säulengang auf seinem Heimweg betrat. Dort wurden sie von einem Dutzend Männer mit Keulen überfallen. Einem der Freunde gelang die Flucht, laut um Hilfe schreiend stürzte er auf das Forum zurück und mußte feststellen, daß es wie leergefegt war. Glücklicherweise standen Saturninus und Glaucia noch mit ein paar anderen plaudernd auf der Rednerbühne. Glaucia war rot im Gesicht und wirkte ein wenig zerzaust. Alle rannten sofort los, als der Hilferuf erscholl, aber es war zu spät. Quintus Nonius und seine beiden Freunde lagen tot am Boden.

»Beim Pollux!« Glaucia stand auf, nachdem er sich vergewissert hatte, daß Quintus Nonius wirklich tot war. »Quintus Nonius ist doch gerade als Volkstribun gewählt worden, und ich leite diese Wahl.« Er runzelte die Stirn. »Lucius Appuleius, könntest du dafür sorgen, daß Quintus Nonius nach Hause getragen wird? Ich muß sofort zurück aufs Forum und sehen, wie ich das Problem mit der Wahl löse.«

Der Anblick von Quintus Nonius und seinen Freunden, wie sie tot in riesigen Blutlachen lagen, entsetzte die Männer, die den Hilferufen gefolgt waren, so sehr, daß ihre Wahrnehmung - auch die von Saturninus - getrübt war. Sie merkten nicht - auch Saturninus merkte es nicht -, daß Glaucias Stimme seltsam klang. Gaius Servilius Glaucia erstieg die leere rostra und verkündete vor verlassenem Forum, daß der neugewählte Volkstribun Quintus Nonius tot war. Dann kündigte er an, daß der Kandidat, der an elfter Stelle gewählt sei, für den Ermordeten nachrücken werde - und der Kandidat hieß Lucius Appuleius Saturninus.

»Es hat sich alles geklärt«, meinte Glaucia wenig später selbstzufrieden in Saturninus’ Haus. »Du bist jetzt der offiziell gewählte neue Volkstribun, du wirst den Platz von Quintus Nonius einnehmen.«

Seit den schrecklichen Ereignissen in Ostia, seiner damaligen Entlassung als Quästor, hatte Saturninus nicht mehr viele Skrupel, aber jetzt war er so schockiert, daß er Glaucia entgeistert anstarrte.

»Das ist nicht wahr!« rief er aus.

Glaucia rieb sich mit dem Zeigefinger die Nase und lächelte Saturninus an, ein grimmiges Lächeln. »Stell du keine Fragen, Lucius Appuleius, dann hörst du von mir keine Lügen.«

»Er war ein netter Kerl. Es ist eine Schande.«

»Ja, er war nett. So hatte er das Glück, als Toter zu enden. Er war der einzige, der in den Carinae lebte, und deshalb hat man ihn gewählt - im doppelten Sinne. Auf dem Palatin kann man so etwas nur schwer machen, dort sind nicht genug Leute auf den Straßen.«

Saturninus seufzte tief. Dann richtete er sich auf und schüttelte seine Verstimmung ab. »Du hast recht. Und ich bin drin. Ich danke dir für deine Hilfe, Gaius Servilius.«

»Nichts zu danken.«

Es dauerte eine ganze Weile, bis Gras über den Skandal gewachsen war. Es gab keine Anhaltspunkte, daß Saturninus etwas mit dem Mord zu tun hatte - schließlich bezeugten selbst die Freunde des toten Mannes, daß sowohl Saturninus als auch Glaucia zur Tatzeit auf dem unteren Teil des Forums gestanden hatten. Die Leute redeten. »Laß sie reden!« meinte Glaucia verächtlich. Und als der pontifex maximus Ahenobarbus forderte, die Wahl der Volkstribunen müsse wiederholt werden, kam er damit nicht durch. Glaucias Entscheidung, seine Art, diese besondere Krisensituation zu bewältigen, hatte einen Präzedenzfall geschaffen.