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Nicci raufte sich mit beiden Händen ihr volles Haar. »Aber es sind Schwestern der Finsternis, sie können nicht gleichzeitig dir und dem Hüter über die Bande verbunden sein. Schon der Gedanke ist vollkommen verrückt!«

»Das dachte ich ursprünglich auch, bis Schwester Ulicia mich darauf brachte, dass ich es nur aus meinem Blickwinkel betrachtete. Sie wollte mir die Treue schwören, und im Gegenzug sollte ich Gelegenheit erhalten, sie nach Kahlans Aufenthaltsort zu fragen. Aus Respekt zu ihrem Treueschwur verpflichteten sie sich, die Frage wahrheitsgemäß zu beantworten; anschließend wollten sie gleich aufbrechen. Sollte ich mich nach mehr als diesem einen Punkt erkundigen, würde das als Bruch unserer Übereinkunft angesehen, und wir wären alle wieder da, wo wir angefangen hatten – sie wären weiterhin Untertanen Jagangs, und Kahlan eine Gefangene. Schwester Ulicia erklärte mir, sie würden unmittelbar im Anschluss an den Treueschwur und meine eine Frage aufbrechen. Sie bekamen ihren Treueschwur, und ich bekam Kahlan. «

»Aber es sind Schwestern der Finsternis!«

»Schwester Ulicia erklärte, wenn sie mich danach nicht bewusst zu töten versuchten, würden sie das eindeutig als zu meinen Gunsten sprechend betrachten. Damit stand dies in ihren Augen in Einklang mit den Bedingungen der Bande, denn natürlich war es mein Wunsch, nicht getötet zu werden. Folglich würden die Bande zu mir nicht verletzt.«

Eine Hand auf der Hüfte, wandte Nicci sich ab. »Auf verschrobene Weise ergibt das tatsächlich einen Sinn. Schwester Ulicia ist mehr als verschlagen; das entspricht genau ihrer Art zu denken.«

Sie wandte sich wieder herum. »Was rede ich da? Jetzt fängst du schon an, mich in deine Wahnvorstellungen hineinzuziehen. Hör auf damit, Richard. Sieh doch, du musst von hier verschwinden, und zwar sofort. Komm jetzt. Cara muss mit deinen Sachen jeden Augenblick hier sein.«

Natürlich wusste er, dass Nicci Recht hatte. Er konnte Kahlan unmöglich finden, wenn er sich ständig darum sorgen musste, wie er sich drei Menschen vom Leib halten konnte, welche die Gabe besaßen, sich ihrer bestens zu bedienen wussten und deren Ziel es war, sein ganzes Denken umzukrempeln. Sie würden ihm kaum Gelegenheit lassen, irgendwelche Erklärungen abzugeben, zumal er es mit Erklärungen schon oft genug versucht hatte – genützt hatte es nichts.

Höchstwahrscheinlich würden die drei ganz einfach tun, was sie glaubten, tun zu müssen – ohne jede Vorwarnung.

Daher war die Vorstellung auch gar nicht so abwegig, dass Zedd jetzt bereit war, seine Erinnerung an Kahlan mithilfe von Magie auszulöschen – eine Erinnerung, die Zedd für eine Krankheit hielt, die nicht nur ihm, Richard, schadete, sondern auch ihrer Sache – und damit Millionen Menschenleben in Gefahr brachte. »Ich denke, Ihr habt Recht«, räumte Richard schließlich entmutigt ein. »Sie werden mich aufzuhalten versuchen.« Er nahm die beiden schmalen Bücher auf, die auf dem Tisch lagen, und stopfte sie in eine seiner Taschen. »Ich denke, wir sollten zusehen, dass wir von hier verschwinden, ehe sie Gelegenheit dazu erhalten.«

»Wir? Du willst, dass ich dich begleite?«

Richard hielt inne und zuckte unsicher mit den Achseln. »Nicci, Ihr und Cara seid die beiden einzigen Freunde, die mir im Augenblick noch geblieben sind. Ihr wart zur Stelle, um mir zu helfen, als ich am dringendsten Hilfe brauchte. Ich kann es mir nicht erlauben, geschätzte Freunde zurückzulassen, wo ich doch gerade erst dahinter komme, was tatsächlich gespielt wird. Wenn es so weit ist, könnte es sein, dass ich auf Eure Hilfe angewiesen bin, und wenn nicht, wüsste ich Euch wegen Eures guten Rats und der Unterstützung, die Ihr mir gebt, gern in meiner Nähe. Das heißt, natürlich nur, wenn Ihr bereit seid mitzukommen. Ich würde Euch niemals zwingen, aber ich sähe es eben gern.«

Nicci lächelte ihr seltenes, ganz eigenes Lächeln, jenes Lächeln, in dem sich zeigte, welch edelmütige Frau sie in Wahrheit war, jenes Lächeln, das er zum ersten Mal bei ihr bemerkt hatte, als sie das Leben lieben lernte.

59

Cara wartete bereits ungeduldig auf der anderen Seite des Schildes, während Rikka neben der Eisentür Wache stand, den Blick nach außen in das Turmzimmer gerichtet. Beide drehten sich um, als sie das rote Leuchten bemerkten und Richard kommen hörten. Unmittelbar hinter der Tür erblickte Richard einige Bündel sowie andere, zu einem säuberlichen Stapel aufgeschichtete Kleidungs- und Ausrüstungsgegenstände. Er zog sein Bündel zwischen den anderen hervor und verstaute die beiden Bücher darin. »Wir gehen also fort?«, fragte Cara.

Richard schob seine Arme durch die Gurte und schwang das Bündel auf seinen Rücken. »So ist es. Ich denke, wir sollten keine Zeit verlieren.« Als er seinen Bogen mitsamt Köcher aufhob, nahmen die anderen dies zum Anlass, ebenfalls zu ihren Sachen zu greifen.

Wie sich herausstellte, hatte Cara, die wollte, dass Nicci in seiner Nähe blieb, damit sie im Notfall rasch zu seinem Schutz einspringen konnte, die Sachen der Hexenmeisterin ebenfalls mitgebracht. Richard fragte sich, inwieweit der Wunsch, Nicci mitzunehmen, wohl auf die Äußerungen Shotas zurückging. Dann sah er, dass auch Rikka ein Bündel mitgenommen hatte. Er wollte schon fragen, was sie da eigentlich zu tun gedachte, doch dann wurde ihm klar, dass sie erklären würde, als Mord-Sith sei ihr Platz an seiner Seite. Er war so lange ausschließlich von Cara beschützt worden, dass ihm die Vorstellung, mehr als nur eine Mord-Sith um sich zu haben, etwas seltsam erschien.

»Sind alle so weit?«, fragte er, als er sie ihre Tragegurte und Schnallen festzurren sah. Nachdem die drei Frauen dies mit einem Nicken bestätigt hatten, geleitete Richard das entschlossen dreinblickende Grüppchen zur Türöffnung hinaus. Ihm allein wäre Cara wohl gefolgt, ohne irgendwelche Fragen zu stellen, allerdings würde sie ohne triftigen Grund weder Niccis noch sonst jemandes Befehle befolgen, weshalb er vermutete, dass sie, ganz nach Art der Mord-Sith, jede Menge gezielter Fragen gestellt hatte und längst über den Grund ihres Aufbruchs im Bilde war.

Am Fuß des Turmes – Richard hatte bereits eine Hand auf dem eisernen Geländer und machte Anstalten, dem Steg zu folgen – ließ ihn eine plötzliche Erkenntnis innehalten. Die anderen warteten und sahen ihn verwundert an.

Er blickte in Niccis verdutzte blaue Augen. »Sie werden Euch in dieser Angelegenheit nicht trauen.«

»Was soll das heißen?«, fragte sie.

»Dafür ist die Angelegenheit zu wichtig. Sie werden Euch die Entscheidung darüber, ob Ihr ihre Anweisungen befolgt, kaum überlassen, sei es, weil sie befürchten, Ihr könntet den Mut verlieren, oder aber weil Ihr versagen und mich entkommen lassen könntet.«

Cara kam näher. »Mit anderen Worten, Ihr glaubt, sie werden Euch suchen?«

»Nein, suchen werden sie mich wohl nicht«, gab Richard zurück, »aber ich wette, irgendwo zwischen hier und dem Ausgang aus der Burg werden sie auf der Lauer liegen für den Fall, dass es mir gelingt, mich an Nicci vorbeizumogeln, und ich versuche, mich aus dem Staub zu machen. Wenn wir unerwartet auf sie stoßen, ist es zu spät.«

»Lord Rahl«, warf Rikka ein, »Herrin Cara und ich würden niemals erlauben, dass Euch jemand ein Leid zufügt.«