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Richard zog eine Augenbraue hoch. »So weit möchte ich es lieber erst gar nicht kommen lassen. Die drei sind der festen Überzeugung, mir helfen zu müssen. Sie haben ganz bestimmt nicht die Absicht, mir Schaden zuzufügen – jedenfalls nicht vorsätzlich. Ich möchte nicht, dass Ihr ihnen etwas antut.«

»Aber wenn sie uns überraschen, entschlossen, ihre Magie gegen Euch zu benutzen, könnt Ihr nicht erwarten, dass wir sie einfach gewähren lassen«, wandte Cara ein.

Er sah ihr einen Moment in die Augen. »Ich sagte es bereits, so weit möchte ich es erst gar nicht kommen lassen.«

»Aber Lord Rahl«, zischte Cara mit leiser Stimme, »ich kann nicht zulassen, dass Euch jemand auf diese Weise attackiert, selbst wenn der Betreffende im Glauben handelt, Euch zu helfen. Wortklaubereien helfen in einer solchen Situation nicht weiter. Wenn sie Euch angreifen, müssen sie daran gehindert werden – Punkt. Lassen wir sie gewähren, werdet Ihr nie wieder so sein wie früher. Ihr wärt nicht mehr der Lord Rahl, den wir kennen, der Lord Rahl, der Ihr seid.«

Cara beugte sich noch weiter vor und fixierte ihn mit dem für die Mord-Sith typischen Blick, der ihm stets den Schweiß aus den Poren trieb. »Wenn sie angreifen und wir sie gewähren lassen, weil Ihr Angst habt, ihnen ein Leid zuzufügen, werdet Ihr Euch, wenn sie fertig sind, nicht mehr an diese Frau, Kahlan, erinnern. Wollt Ihr das?«

Richard biss die Zähne zusammen und atmete einmal tief aus. »Nein, natürlich nicht.«

Nicci ließ den Blick an der Innenwand des Turmes hinaufwandern und erfasste die Türen überall ringsum mit ihren blauen Augen. »Wo, glaubst du, werden sie uns wohl auflauern?«

»Keine Ahnung«, antwortete er und hakte seine Daumen unter die Schulterriemen seines Bündels. »Die Burg der Zauberer ist riesig, trotzdem gibt es letztendlich nur einen einzigen Weg nach draußen. Da uns bis dahin eine Vielzahl von Routen zur Verfügung steht, wird es wohl irgendwo in der Nähe des Burghofs passieren, der zum Fallgatter hinausführt.«

»Lord Rahl«, meldete sich Rikka zu Wort, wurde aber sofort etwas verlegen, als er ihr in die Augen sah, »es gibt noch einen anderen Ausgang.«

Richard sah sie an und runzelte die Stirn. »Was wollt Ihr damit sagen?«

»Neben dem Haupteingang gibt es noch eine zweite Möglichkeit, die Burg zu verlassen. Aber dieser Ausgang ist nur über Verbindungsstollen tief unten in der Burg zugänglich.«

»Woher wisst Ihr das?«

»Euer Großvater hat ihn mir selbst gezeigt.«

Richard hatte nicht die Zeit, sich darüber zu wundern. »Meint Ihr, Ihr könntet ihn wieder finden?«

Rikka überlegte einen Moment, schließlich sagte sie: »Ich denke schon. Ich möchte wirklich nicht schuld daran sein, dass wir uns in den untersten Gefilden der Burg verirren, aber ich glaube, ich würde ihn wieder finden. Wir sind hier schon fast auf halber Strecke, allzu schwierig sollte es also nicht werden.«

Beim Nachdenken machte Richard Anstalten, seine Hand auf das Heft seines Schwertes zu legen, aber natürlich war es nicht da. Stattdessen rieb er sich die Hände. »Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn wir diesen Weg nähmen.«

»Also dann«, sagte Rikka und machte so schwungvoll kehrt, dass ihr Zopf um ihren Kopf herumwirbelte, »mir nach.«

Er ließ Nicci vorangehen, dann folgte er ihr, sodass Cara die Nachhut bilden konnte. Schon nach einem knappen Dutzend Schritte blieb er abermals stehen, wandte sich herum und schaute zurück. Nach einem kurzen Blick hinüber zu der Stelle, auf die er schaute, sahen die anderen ihn verdutzt an, was ihm wohl nun schon wieder durch den Kopf gehen mochte.

»Den Weg können wir leider auch nicht nehmen.« Er wandte sich wieder herum zu Rikka. »Zedd hat Euch diesen Ausweg aus der Burg gezeigt. Er kennt die Mord-Sith. So gut ihr beide Euch auch verstanden haben mögt, er weiß, dass Ihr Euch, vor die Wahl gestellt, stets für mich entscheiden würdet. Außerdem liebt Zedd es, sich irgendwelcher Tricks zu bedienen, er wird also ganz sicher Ann und Nathan die Wege zum Haupteingang der Burg bewachen lassen. Er selbst aber wird an der Strecke lauern, die er Euch gezeigt hat, Rikka.«

»Also schön«, warf Nicci ein. »Wenn es nur zwei Wege aus der Burg gibt, bedeutet das, dass sie sich aufteilen müssen, wenn sie sichergehen wollen, dass beide abgeriegelt sind. Immer vorausgesetzt natürlich, dass Zedd genauso denkt, wie du es dargestellt hast, Richard. Möglicherweise hat er aber auch längst vergessen, dass er Rikka von dem anderen Ausgang erzählt hat, oder aber er glaubt, sie würde ihn dir nicht verraten. Der Weg könnte also noch offen sein.«

Richard schüttelte langsam den Kopf, er hatte längst etwas ganz anderes im Blick – die breite Plattform ein Stück weiter vorn auf dem Steg, der um das brackige Wasser am Grund des dämmrigen Turm-innern herumführte. »Was Ihr sagt, ist zwar nicht völlig abwegig, trotzdem wäre es töricht, darauf zu vertrauen, dass Zedd ein so entscheidender Fehler unterläuft.«

Auf Niccis Gesicht machte sich eine gewisse Besorgnis breit. »Du kannst deine magischen Kräfte nicht benutzen, ohne Gefahr zu laufen, die Bestie anzulocken, aber für mich gilt das ganz sicher nicht. Und ich gebiete über weitaus größere Kräfte als Zedd. Wenn sie sich tatsächlich so aufgeteilt haben, wie du es angedeutet hast, werden wir uns wenigstens nicht mit allen dreien auf einmal auseinander setzen müssen.«

»Das nicht, ich würde trotzdem gern auf diese Art der Kraftprobe verzichten, erst recht hier, in der Burg der Zauberer. Zumal Zedd, selbst wenn Ihr damit Erfolg haben solltet, uns anschließend trotzdem noch verfolgen könnte.«

Leicht pikiert, verschränkte Nicci die Arme. »Was also schlägst du vor?«

Er wandte sich herum und sah ihr abermals in ihre blauen Augen. »Ich schlage vor, dass wir einen Ausweg benutzen, auf dem sie uns nicht folgen können.«

Sie rümpfte verständnislos die Nase. »Was?« »Durch die Sliph.«

Sofort sahen sich alle um und blickten den Steg entlang zurück, so als könnte die Sliph bereits dort stehen und darauf warten, dass sie in ihr reisten.

»Aber ja.« Cara war sofort einverstanden. »Auf diese Weise könnten wir uns davonmachen, ohne dass sie je erfahren, wohin wir uns gewendet haben. Es würden keine Spuren zurückbleiben, vor allem aber würden wir uns ein gewaltiges Stück von der gefährlichen Situation entfernen, sodass die drei die Hoffnung aufgeben müssten, uns jemals zu verfolgen.«

»Genau.« Richard versetzte ihr einen anerkennenden Klaps auf die Schulter. »Gehen wir.«

Sie folgten ihm, als er den Steg entlangeilte und schließlich durch die herausgesprengte Türöffnung den Raum der Sliph betrat. Dort angekommen, entzündete Nicci mit ihrer Magie die in den Wandhalterungen steckenden Fackeln, derweil sich alle um den Brunnen versammelten. Wie auf Kommando schoben sie den Kopf über den Rand und spähten in die Tiefe.

»Da wäre nur ein Problem«, sagte Richard laut, als ihm beim Blick in den schwarzen Abgrund ein Gedanke durch den Kopf schoss. Er sah hoch zu Nicci. »Ich kann die Sliph nur mithilfe meiner Magie herbeirufen.«

Nicci holte einmal tief Luft und stieß sie, einen entmutigten Ausdruck im Gesicht, wieder aus. »Das ist allerdings ein Problem.«

»Nicht unbedingt«, warf Cara ein. »Nach Shotas Worten birgt die Anwendung deiner Magie die Möglichkeit, dass die Bestie herbeigelockt wird, allerdings handelt diese vollkommen planlos. Es wäre zwar logisch, wenn sie Euch aufgrund der Anwendung Eurer Magie aufspüren würde, aber da ihr Handeln nicht von Logik bestimmt ist, wäre ihr Erscheinen, wie Shota sagte, ebenso gut möglich wie auch nicht. Das lässt sich unmöglich vorhersagen.«

»Andererseits können wir mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass wir hier nicht einfach hinausspazieren können, ohne auf die anderen zu stoßen«, betonte Nicci noch einmal. »Ein Fluchtversuch birgt zwei Probleme«, erklärte Richard. »Erstens müssen wir uns an ihnen vorbei stehlen, und zweitens dürfen wir ihnen auch später nicht in die Hände fallen, um zu verhindern, dass sie mich zu ›heilen‹ versuchen. Da erscheint mir dieser Weg sinnvoller. Die Sliph bietet eine sichere Fluchtmöglichkeit, ohne dass Zedd, Ann und Nathan uns verfolgen oder wissen können, wohin ich gegangen bin – außerdem würden wir einer Konfrontation mit ihnen aus dem Weg gehen, und das ist etwas, auf das ich wirklich gern verzichten würde. Ich liebe meinen Großvater, ich möchte mich nicht gegen ihn zur Wehr setzen müssen.«