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Richard schwang sich aus dem Sattel und konnte mit knapper Not verhindern, dass der Mann sich auf die Knie fallen ließ, um eine Andacht zu sprechen.

»Es tut gut, Euch wieder zu sehen, General Meiffert, aber dafür haben wir jetzt keine Zeit.«

Er verneigte sich kurz. »Ganz, wie Ihr wünscht, Lord Rahl.«

Nicci war nicht entgangen, dass die blauen Augen des Generals kurz zu Cara hinüberzuckten, als diese neben Richard trat.

Er strich sich das blonde Haar aus der Stirn. »Herrin Cara.«

»General.«

Unwirsch sagte Richard: »Das Leben ist zu kurz, um so zu tun, als ob Ihr zwei nichts füreinander empfindet. Ihr solltet Euch stattdessen lieber klar machen, dass jeder gemeinsame Augenblick, der Euch vergönnt ist, kostbar ist und dass nichts daran verkehrt ist, jemandem seine Zuneigung zu zeigen. Das ist schließlich die Art von Freiheit, für die wir kämpfen. Oder irre ich mich da?«

»Gewiss doch, Lord Rahl«, erwiderte General Meiffert leicht verdutzt. »Wir sind wegen eines Eurer Berichte hier, in dem von einer Frau mit Schwertverletzung die Rede ist. Ist sie noch am Leben?«

Der junge General nickte. »Ich habe seit ungefähr einer Stunde nicht mehr nach ihr gesehen, aber davor lebte sie noch. Meine Feldärzte kümmern sich um sie, es gibt jedoch Verletzungen, die weit außerhalb ihrer Möglichkeiten liegen, und diese gehört dazu. Sie wurde von einem Schwert in den Unterleib getroffen – ein langsamer und überaus schmerzhafter Tod. Sie hat bereits länger überlebt, als ich erwartet habe.«

»Wisst Ihr, wie sie heißt?«, fragte Nicci.

»Im Wachzustand wollte sie uns ihren Namen nicht verraten, aber dann fiel sie in ein Fieberkoma, und wir befragten sie erneut. Sie sagte, ihr Name sei Tovi.«

Richard warf einen Seitenblick auf Nicci, ehe er nachhakte. »Wie sieht sie aus?«

»Eine ältere, etwas korpulente Frau.«

»Klingt, als könnte sie es sein«, verkündete Richard und wischte sich mit der Hand übers Gesicht. »Wir müssen sie sehen. Auf der Stelle.«

Der General nickte. »Dann folgt mir, bitte.«

»Augenblick.«

Richard wandte sich herum zu Nicci. »Was ist?«

»Wenn du dort hineingehst, wird sie dir überhaupt nichts sagen. Tovi hat mich seit einer Ewigkeit nicht gesehen. Als sie zuletzt von mir hörte, war ich noch eine Sklavin Jagangs, während sie gerade entkommen war. Möglicherweise schaffe ich es, den richtigen Ton anzuschlagen, damit sie mit der Wahrheit herausrückt.«

Richard, das war nicht zu übersehen, konnte es kaum erwarten, endlich eine jener Frauen in die Finger zu bekommen, die nach seiner festen Überzeugung für die Entführung der Frau verantwortlich waren, die er liebte. Sie dagegen wusste noch immer nicht recht, was sie glauben sollte. Vielleicht lag es ja einfach nur an ihren Gefühlen für ihn, dass sie noch immer glaubte, er fantasiere sich diese andere Frau nur zusammen. Sie trat näher zu ihm hin, um vertraulich mit ihm sprechen zu können. »Überlass es mir, Richard. Wenn du hineingehst, habe ich keine Chance mehr, irgendetwas zu erreichen. Ich bin sicher, ich werde sie zum Reden bringen, aber sobald sie dich zu Gesicht bekommt, ist alles vorbei.«

»Und wie, bitte, wollt Ihr es schaffen, sie zum Reden zu bewegen?«

»Hör zu, willst du wissen, was mit deiner Kahlan passiert ist, oder möchtest du darüber streiten, wie ich diese Information zu beschaffen gedenke?«

Einen Moment lang presste er die Lippen aufeinander. »Von mir aus könnt Ihr diesem Weibsstück Zoll für Zoll die Eingeweide herausreißen, wenn Ihr sie nur zum Sprechen bewegt.«

Im Vorübergehen legte sie ihm kurz die Hand auf die Schulter, dann folgte sie dem General. Sie hatten sich erst wenige Meter entfernt, da schloss sie zu ihm auf und ging auf dem Weg durch das nahezu dunkle Lager neben ihm. Sofort wurde ihr klar, warum Cara den Mann attraktiv fand. Er besaß eines jener eindrucksvollen Gesichter, die zu Unaufrichtigkeiten einfach nicht fähig schienen.

»Übrigens«, sagte er mit einem Seitenblick zu ihr, »ich bin General Meiffert.«

»Ich weiß, Benjamin.«

Er blieb mitten auf dem durch das Lager führenden Pfad stehen. »Woher wisst Ihr das?«

Ein Lächeln ging über ihre Lippen. »Cara hat mir von Euch erzählt.« Er starrte sie noch immer an. Sie fasste seinen Arm und bewog ihn weiterzugehen. »Es ist für eine Mord-Sith sehr ungewöhnlich, sich so anerkennend über einen Mann zu äußern.« »Cara hat anerkennend von mir gesprochen?« »Aber ja. Sie mag Euch sehr. Das wisst Ihr doch.« Er verschränkte seine Hände hinter dem Rücken, während sie weitergingen. »Schätze, dann wisst Ihr sicher auch, dass ich eine sehr hohe Meinung von ihr habe.« »Natürlich.«

»Wer seid Ihr eigentlich, wenn ich mir die Frage erlauben darf? Tut mir Leid, aber Lord Rahl hat uns nicht vorgestellt.«

Nicci warf ihm einen verstohlenen Seitenblick zu, »Möglicherweise kennt Ihr mich unter dem Namen Herrin des Todes.«

General Meiffert blieb abrupt stehen, kam dabei ins Stolpern und verschluckte sich vor Schreck an seiner eigenen Spucke. »Herrin des Todes?«, brachte er schließlich hervor. »Vor Euch fürchten sich die Menschen sogar noch mehr als vor Jagang.«

»Und das aus gutem Grund.«

»Ihr seid diejenige, die Lord Rahl gefangen nahm und in die Alte Welt entführte.«

»So ist es.« Sie ging weiter.

Er ging neben ihr her und ließ sich die Geschichte dabei durch den Kopf gehen. »Nun, ich schätze, Ihr müsst Euch sehr verändert haben, sonst würde Lord Rahl Euch wohl kaum in seiner Nähe dulden.«

Sie lächelte ihn einfach nur an, ein aalglattes Lächeln, das ihn sofort wieder verunsicherte. Er wies nach rechts. »Dort unten. Das Zelt, in dem wir sie untergebracht haben, steht dort drüben.«

Nicci packte ihn am Unterarm und hinderte ihn am Weitergehen. Sie wollte nicht, dass Tovi sie hörte, noch nicht.

»Es wird ein Weile dauern. Warum geht Ihr nicht zurück zu Richard und richtet ihm von mir aus, er soll sich ein wenig ausruhen. Ich denke, Cara hat auch ein wenig Ruhe nötig. Warum kümmert Ihr Euch nicht auch gleich um sie?«

»Nun, ich schätze, es spricht wohl nichts dagegen.«

»Und noch etwas, General. Wenn meine Freundin Cara morgen früh nicht mit einem übermütigen Lächeln von hier aufbricht, reiße ich Euch bei lebendigem Leib die Eingeweide heraus.«

Seine Augen weiteten sich erstaunt. Nicci konnte nicht anders, sie musste lächeln. »Nur so eine Redewendung, Benjamin.« Keck hob sie eine Braue. »Die Nacht mit ihr gehört Euch. Vertut sie nicht.«

Endlich lächelte auch er. »Danke ...«

»Nicci.«

»Danke, Nicci. Ich muss die ganze Zeit an sie denken. Ich könnt gar nicht ermessen, wie sehr ich sie vermisst habe – und wie besorgt ich ihretwegen war.«

»Doch, ich denke, das kann ich. Aber das solltet Ihr besser ihr erzählen, nicht mir. Also, wo ist nun diese Tovi?«

Er hob den Arm und zeigte. »Dort unten, nach rechts hinüber. Das letzte Zelt in der Reihe.«

Nicci nickte. »Tut mir einen Gefallen. Sorgt dafür, dass niemand uns stört, das gilt auch für die Ärzte. Es ist unbedingt erforderlich, dass ich mit ihr allein bin.«

»Ich werde mich darum kümmern.« Er wandte sich herum und kratzte sich verlegen am Kopf. »Tja, eigentlich geht es mich ja nichts an, aber seid Ihr« – er deutete auf sie, dann auf den Weg, den sie gekommen waren –, »Ihr und Richard Rahl, nun, Ihr wisst schon.«

Nicci schien mit keiner Antwort herausrücken zu können, von der sie wirklich überzeugt war. »Die Zeit ist knapp. Lasst Cara nicht warten.«

»Ja, ich verstehe, was Ihr meint. Danke, Nicci. Ich hoffe, Euch morgen früh zu sehen.«

Sie sah ihm noch nach, wie die Dunkelheit ihn verschluckte, dann wandte sie sich ihrer Aufgabe zu. Eigentlich hatte sie den General mit ihrem Gerede über die Herrin des Todes nicht verunsichern wollen, aber um ihrer selbst willen musste sie noch einmal in die alte Rolle schlüpfen, musste sie sich noch einmal diese Denkweise zu Eigen machen und zu der eiskalten Einstellung zurückfinden, die sie für alles unempfänglich machte. Sie schlug die Zeltplane zur Seite und trat ins Zelt. In einer gusseisernen Halterung, die man neben der Pritsche in den Boden gerammt hatte, brannte eine einzelne Kerze. Im Zelt war es stickig und heiß, und es roch nach abgestandenem Schweiß und getrocknetem Blut.