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Ich glaubte nicht, daß der Kampf noch lange dauern würde. Dunkler Rauch wallte durch den Raum. Männer husteten und würgten. Auch die Nüstern der Kurii schlossen sich zu schmalen Schlitzen. Funken setzten sich in ihrem Fell fest.

Ich schob eins der hängenden Bronzegefäße zur Seite, eine Tharlarionöllampe, die an ihrer Kette von der Decke hing.

»Speere!« brüllte Ivar. »Wir brauchen Speere!«

Aber in der von panischem Entsetzen beherrschten Menge, die vor den Kurii zurückwich, hatten nur wenige Speere. Und die wenigen, die man gerettet hatte, ließen sich in dem Gedränge nicht werfen.

Auf einer Seite erblickte ich den Kur mit dem goldenen Armband. Einer seiner Mundwinkel war blutverschmiert. Das Wesen sah mich an.

Da wußte ich, daß ich meinen Feind gefunden hatte.

Eine Axt zuckte auf mich zu. Ich wich zur Seite aus, und die Waffe grub sich in den Lehmboden. Im Nu hatte ich mich dem Wesen genähert und vergrub meine Klinge bis zum Heft in der Brust des Ungeheuers. Es stieß einen überraschten Schrei aus, den ich erst hörte, als ich mitsamt meinem Schwert schon wieder zurückgesprungen war. Die anderen Kurii sahen ihren Artgenossen verwirrt an; dann stürzte das Ungeheuer zu Boden.

Bis auf das Knistern der Flammen war in der Halle plötzlich kein Laut mehr zu hören. Im nächsten Augenblick kam dem Anführer der Kurii das Ausmaß meiner Tat zu Bewußtsein. Ein Kur war getötet worden!

»Angriff!« brüllte Ivar Forkbeard. »Angriff! Seid ihr schüchterne Tarsk, daß ihr keinen Angriff wagt? Männer von Torvaldsland, greift an!«

Aber keiner bewegte sich. Sie wagten es nicht, gegen die Kurii vorzugehen – schließlich waren sie nur schwache Menschen. Lieber warteten sie hilflos und tatenlos auf ihren Tod. Der Schock saß so tief, daß sie sich nicht zu bewegen vermochten.

Der tote Kur lag zusammengekrümmt im Schmutz. Die blutige Axt lag am Boden. Der Schildarm hatte sich in einer der Halteschlaufen verdreht; die andere Schlaufe war gerissen.

Der Anführer der Kurii, mein Feind, sah mich mit blitzenden Augen an. Sein Entsetzen beim Anblick des fallenden Gefährten war in Wut umgeschlagen.

Ich, einer aus der Herde, ein Stück Vieh, hatte es gewagt, einen Angehörigen der Herrenrasse niederzustrecken, eine überlegene Lebensform! Ein Kur war getötet worden!

Ich machte mich zum Kampf bereit.

Wieder schrillte der Blutschrei der Kurii durch die Halle Svein Blue Tooths. Zu beiden Seiten des Führers drängten sich Kurii vorbei und griffen an.

Auf die nächsten Ereignisse möchte ich nicht im einzelnen eingehen. Die Kurii zerstreuten mit sausenden Äxten die dichtstehende Menge, teilten sie in Hunderte von kreischenden Fragmenten auf. Nur einen Meter von mir entfernt wurde ein Mann von einem Axthieb förmlich in zwei Teile gespalten. Während der Kur noch versuchte, seine Klinge aus dem Körper des Mannes zu ziehen, schaffte ich es, dem Wesen mein Schwert unter dem linken Ohr in den Hals zu stoßen. Ich sah, wie Ivar Forkbeard, dessen Schwert im Körper eines Kur steckengeblieben war, mit einem Messer auf die Brust eines mächtigen Kur einhackte; die andere Hand versuchte das gewaltige Maul des Ungeheuers abzuwehren. Man konnte sich in der Halle kaum noch auf den Beinen halten. Wir rutschten in dem Blut aus, das auch die Grube des langen Feuers zu füllen begann. Unsere Hosen und Tuniken waren damit besudelt. In der Nähe einer Wand entriß ich einem gefallenen Krieger einen Speer, den ich sofort von mir schleuderte. Die Waffe hat einen sieben Fuß langen Schaft und vermag auf kurze Entfernung einen Schild des Südens zu durchstoßen. Die Spitze bohrte sich tief in den Körper eines Kur. Die Axt des Wesens sank zu Boden. Mein Eingreifen hatte einem Menschen das Leben gerettet, doch er starb nur Sekunden später durch die Axt eines anderen Angreifers. Ich drückte mich mit dem Rücken gegen die Wand. In der südöstlichen Ecke stürzte brennend ein Dachbalken herab. Ich hörte die Sklavinnen jammern. Die Kurii hoben die Köpfe; ihre Nüstern waren jetzt fast völlig geschlossen. Die Augen vieler Kurii, die sonst schwarze Pupillen hatten, wirkten gerötet und angeschwollen. Ich sah Ivar Forkbeard, der sich mit einem Speer bereithielt, den Angriff eines unbewaffneten Kur abzuwehren. Er stemmte den Speerschaft gegen die Erde hinter sich. Der Speer zog eine fünfzehn Zentimeter tiefe Furche in den Boden, ehe er zum Stillstand kam, und der aufgespießte Kur schnappte ins Leere und stürzte fauchend zurück. Ivar sprang zur Seite, um einer anderen Axt auszuweichen.

Auf der anderen Seite des Raums sah ich den Anführer der Kurii, das Wesen mit dem goldenen Armband.

Ich erinnerte mich an seine Worte auf der Versammlungsplattform. In seiner Wut hatte er ausgerufen: »Tausend von euch können durch die Klauen eines einzigen Kur fallen!«

Im Augenblick waren etwa noch hundert oder hundertundfünfzig Menschen in der Halle am Leben.

»Folgt mir!« rief Svein Blue Tooth. Er und seine Männer hatten endlich ein Loch durch die hintere Wand der Halle gebrochen. Dreißig oder vierzig Männer, die vor Angst wie von Sinnen waren, stürzten sich auf die Öffnung, versuchten sich gleichzeitig hindurchzuzwängen, rissen sich an den Holzsplittern Arme und Gesichter auf.

»Beeilt euch, beeilt euch!« rief Blue Tooth. Seine Kleidung war zerrissen, doch um seinen Hals hing noch immer der blaue Zahn des Hunjerwals. Svein stieß zwei seiner Männer durch die Öffnung. Zwischen mir und der Öffnung befanden sich einige Kurii. Ivar Forkbeard und ein paar seiner Männer waren ähnlich abgeschnitten. Ein weiterer Dachbalken stürzte lodernd und qualmend herab, prallte hart auf und blieb schräg gegen die Wand gelehnt liegen.

Die Wandteppiche waren längst verbrannt, die Wände dahinter angesengt. Das einzige Wandstück, das wirklich brannte und einzustürzen drohte, befand sich in der südöstlichen Ecke des Gebäudes.

Zehn Kurii sprangen jetzt auf die rückwärtige Wand zu, wo Svein Blue Tooth und seine Männer einen Fluchtweg geschaffen hatten; sie wollten diesen Fluchtweg sperren. Mit erhobenen Äxten standen sie vor der Öffnung. Ein Mann, der ihnen zu nahe kam, wurde mit einem einzigen Axthieb niedergestreckt.

»Die Lampen!« brüllte Forkbeard mir zu. »Rothaar! Die Lampen!«

Ein weiterer Dachbalken knallte dumpf auf den Boden.

Ich sah den Kur, der die Fesseln der gefangenen Sklavinnen hielt und der seine Schützlinge nun aus der Halle zerrte. Insgesamt waren es über vierzig Mädchen.

Ich sah, wie die Kurii systematisch zwischen den Gefallenen nach Überlebenden suchten, damit ihnen kein Opfer entging. Die Kurii waren gründlich; wie die Menschen waren sie vernunftbegabt.

Darauf umzingelten sie eine Gruppe in der Nähe der Westwand. Ein paar schrien in ihrer Todesangst; einige sanken auf die Knie und flehten um Gnade, doch vergeblich.

Zwei Kurii wandten sich in meine Richtung.

Ich sah Ivar Forkbeard, der zwischen den zusammengedrängten Männern an der Westwand der Halle stand. Er war leicht zu erkennen, denn er war einer der wenigen, die noch auf den Füßen standen. Im Widerschein der Flammen machte er einen furchteinflößenden Eindruck; die Adern auf seiner Stirn wirkten wie Stränge; seine Augen waren seltsam gerötet. Sein Langschwert, das er wieder an sich gebracht hatte, wies frische Blutspuren auf, sein linker Ärmel war zerrissen, und an seinem Hals zeigten sich Klauenspuren. »Auf mit euch!« brüllte er den Männern zu. »Auf die Füße, ihr Waschlappen! Kämpft!« Aber auch die Stehenden wirkten gelähmt vor Entsetzen. »Ihr wollt Torvaldsländer sein?« fragte er. »Kämpft! Kämpft!« Aber keiner machte eine Bewegung. In der Gegenwart der Kurii schienen sie tatsächlich zum stumpfsinnigen Vieh zu werden, das man zur Schlachtbank führt.

Ich sah, wie die Kurii die Zähne bleckten. Ich sah sie die Äxte heben, um mit ihrem grauenhaften Werk fortzufahren.

Und wieder tönte die Stimme Forkbeards durch den Rauch zu mir herüber. »Die Lampen!« rief er noch einmal. »Rothaar, die Lampen!«

Und da endlich verstand ich, was er meinte. Die Tharlarionöllampen, die an Ketten von der Decke hingen! Die Öffnungen in der Hallendecke, durch die der Rauch abzog! Er wollte, daß ich floh.