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»Hallo!« rief der Marsianer in seiner Sprache.

Sie verstanden einander nicht.

»Haben Sie >Hallo< gesagt?« fragten beide.

»Was haben Sie gesagt?« fragten sie, jeder in seiner Sprache.

Ihr Gesichtsausdruck verdüsterte sich.

»Wer sind Sie?« fragte Tom auf englisch.

»Was machen Sie hier?« fragte der Fremde auf Marsianisch; seine Lippen bewegten sich.

»Wohin wollen Sie?« fragten sie und sahen ratlos aus.

»Ich heiße Tom Gomez.«

»Ich heiße Muhe Ca.«

Keiner der beiden verstand die Namen, doch als sie sich auf die Brust klopften, wurde die Bedeutung der Worte klar.

Und dann lachte der Marsianer. »Moment!« Tom spürte eine Berührung am Kopf, doch keine Hand hatte ihn angefaßt. »Na bitte!« sagte der Marsianer auf englisch. »Das ist schon besser!«

»Sie haben meine Sprache gelernt! So schnell?«

»Kleinigkeit!«

Das nun folgende Schweigen machte beide verlegen, und sie schauten auf den Becher Kaffee, den Gomez in der Hand hielt.

»Neu?« fragte der Marsianer und beäugte ihn und den Kaffee und meinte vielleicht beides.

»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« fragte Tom. »Bitte.«

Der Marsianer glitt von seiner Maschine.

Ein zweiter Becher wurde hervorgeholt und gefüllt, dampfend voll. Tom hielt ihn dem Fremden hin.

Ihre Hände trafen sich - und führen wie Nebelschwaden durcheinander hindurch.

»Gott im Himmel!« rief Tom und ließ den Becher fallen. »Im Namen der Götter!« sagte der Marsianer in seiner Sprache.

»Haben Sie das gesehen?« flüsterten beide.

Sie waren entsetzt und fröstelten.

Der Marsianer bückte sich, um den Becher aufzuheben, doch er konnte ihn nicht greifen, er griff durch ihn hindurch.

»Jesus!« sagte Tom.

»Das kann man wohl sagen.« Der Marsianer versuchte mehrmals, den Becher zu fassen, doch vergeblich. Schließlich richtete er sich auf und überlegte einen Augenblick. Dann zog er ein Messer aus dem Gürtel.

»He! Lassen Sie das!« brüllte Tom.

»Irrtum - fangen sollen Sie es!« sagte der Marsianer und warf das Messer. Tom legte die Hände zusammen. Das Messer fiel durch ihn hindurch zu Boden. Tom bückte sich, um es aufzuheben, doch er konnte es nicht greifen und fuhr zurück.

Jetzt sah er den Marsianer vor dem Hintergrund des Himmels.

»Die Sterne!« sagte er.

»Die Sterne!« sagte der Marsianer, der seinerseits Tom anschaute.

Die Sterne schimmerten deutlich durch den Körper des Fremden, und sie waren eingewoben in sein Fleisch wie Lichtflecken in der dünnen, phosphoreszierenden Membran eines gallertartigen Fisches. Im Magen und in der Brust des Marsianers flackerten Sterne wie violette Augen und funkelten durch seine Handgelenke wie Juwelen.

»Sie sind ganz durchsichtig!« sagte Tom.

»Und Sie auch!« sagte der Marsianer und trat zurück.

Tom befühlte seinen Körper und war beruhigt, als er die Wärme spürte. Ich bin wenigstens lebendig, dachte er.

Der Marsianer berührte sich an der Nase und an den Lippen. »Mein Körper ist real«, sagte er halblaut. »Ich lebe.«

Tom starrte den Fremden an. »Aber wenn ich wirklich bin, müssen Sie tot sein.«

»Nein!«

»Ein Gespenst!«

»Ein Phantom!«

Sie zeigten aufeinander, während das Licht der Sterne in ihren Gliedern wie Dolchklingen und Eiszapfen und Glühwürmchen brannte. Dann fingen sie wieder an, sich zu betasten, und beide fanden nichts Ungewöhnliches, außer daß sie erhitzt, erregt, betäubt, verblüfft waren und der andere, ah! dieser andere da drüben ein irreales, gespenstisches Prisma, in dem das gebündelte Licht ferner Welten aufblitzte.

Ich bin betrunken, dachte Tom. Ich darf morgen niemandem davon erzählen, nein, nein.

Sie standen auf der alten Straße. Keiner bewegte sich.

»Woher kommen Sie?« fragte der Marsianer schließlich.

»Von der Erde.«

»Was ist das?«

»Da!« Tom deutete mit einem Kopfnicken zum Himmel.

»Wann?« »Wir sind vor über einem Jahr gelandet, wissen Sie das nicht?«

»Nein.«

»Und von Ihren Leuten sind alle tot - bis auf wenige Ausnahmen. Vertreter Ihrer Rasse sind selten, wissen Sie das?«

»Das ist nicht wahr.«

»Jawohl, tot! Ich habe die Toten selbst gesehen. Schwarz, in den Zimmern, überall in den Häusern. Alle tot. Tausende.«

»Das ist ja zum Lachen! Wir leben doch!«

»Mein Lieber, Sie haben eine Invasion am Hals und wissen es nicht. Sie müssen entkommen sein.«

»Ich bin nicht entkommen; es gab überhaupt keinen Grund zur Flucht. Was soll Ihr Gerede? Ich bin eben jetzt auf dem Weg zu einem Fest unten im Kanal bei den Eniallbergen. Ich war gestern abend schon dort. Sehen Sie nicht die Stadt?« Der Marsianer hob den Arm.

Tom folgte der Bewegung und sah die Ruinen. »Aber die ist doch schon seit vielen tausend Jahren verlassen.«

Der Marsianer lachte. »Verlassen? Ich habe gestern dort übernachtet!«

»Und ich bin letzte Woche dort gewesen und vorletzte Woche, und eben bin ich wieder durchgefahren. Sie liegt in Schutt und Asche! Sehen Sie nicht die eingestürzten Säulen?«

»Eingestürzt? Natürlich sehe ich sie, ganz deutlich sogar im Mondlicht, aber es ist doch alles in Ordnung mit ihnen.«

»Überall liegt Staub auf den Straßen.«

»Die Straßen sind sauber!«

»Die Kanäle sind leer.«

»Die Kanäle sind voller Lavendelwein!«

»Alles ist tot!«

»Alles lebt!« widersprach der Marsianer und lachte noch lauter. »Sie täuschen sich, wirklich. Sehen Sie dort die Jahrmarktlichter? Dort finden Sie Boote so schlank wie Frauen und wunderschöne Frauen, die so schmal wie Boote sind, Frauen mit sandfarbenem Haar, Frauen mit Feuerblumen in den Händen. Deutlich sehe ich die kleinen Gestalten, die in den Straße herumlaufen. Und dahin will ich jetzt, zum Fest. Wir sind bestimmt die ganze Nacht auf dem Wasser; wir singen und trinken und lieben uns. Sehen Sie’s denn nicht?«

»Mein Lieber - diese Stadt ist so tot wie nur irgend etwas. Fragen Sie doch die Leute aus meiner Gruppe. Ich will heute abend noch zur Grünen Stadt - Das ist die neue Kolonie, die wir gerade an der Illinois-Landstraße gebaut haben. Sie müssen sich irren. Wir haben dreihunderttausend Meter Oregon-Bretter heraufgeschafft und ein paar Tonnen guter Stahlnägel, und daraus wurden die beiden schönsten Dörfer zusammengezimmert, die man sich nur vorstellen kann. Heute abend weihen wir einen der Orte ein. Raketen kommen von der Erde und bringen unsere Frauen und Freundinnen. Es findet ein großer Tanz auf der Tenne statt, und es gibt Whiskey. «

Der Marsianer war unruhig geworden. »Und das alles soll da drüben.?«

»Da stehen die Raketen.« Tom führte den anderen auf den Hang und deutete hinab. »Sehen Sie’s?«

»Nein.«

»Verdammt, da sind sie doch! Sehen Sie nicht die langen silbrigen Körper?«

»Nein!«

Jetzt lachte Tom. »Sie sind ja blind!«

»Ich kann sehr gut sehen. Sie sind derjenige, der nichts wahrnimmt.«

»Aber Sie sehen doch wenigstens die neue Stadt, ja?«

»Ich sehe nur einen Ozean bei Ebbe, das ist alles.«

»Mein Lieber, das Wasser ist vor viertausend Jahren verdunstet.«

»Wirklich, nun reicht es aber.«

»Es stimmt, lassen Sie sich’s gesagt sein.«

Der Marsianer machte ein sehr nachdenkliches Gesicht. »Noch mal. Sie sehen die Stadt nicht so, wie ich sie beschreibe? Die weißen Säulen, die schlanken Boote, die festlichen Lichter - oh, wie deutlich ich das alles sehe! Und hören Sie mal! Ich kann das Singen hören. Es ist gar nicht weit.«

Tom lauschte und schüttelte den Kopf. »Nein.«