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»Wir werden ihn unten auf dem Friedhof begraben, wo die anderen vier Kreuze sind. Ich glaube, daß das in seinem Sinne ist.«

Sie legte ihm sanft die Hand auf den Arm. »Ganz bestimmt sogar.«

Befehle wurden erteilt. Die Familie folgte der kleinen Prozession den Hügel hinab. Zwei Männer trugen Hathaway auf einer zugedeckten Bahre, trugen ihn vorbei an der Steinhütte und dem Schuppen, in dem Hathaway vor vielen Jahren mit seiner Arbeit begonnen hatte. Wilder blieb in der Tür zur Werkstatt stehen.

Wie ist einem Mann zumute, fragte er sich, der mit seiner Frau und drei Kindern auf einem Planeten lebt und sie plötzlich verliert, so daß er mit dem Wind und der Stille allein ist? Was tut er? Er begräbt sie unter Kreuzen und geht dann in seine Werkstatt, nimmt all seine Geisteskräfte zusammen und sein Erinnerungsvermögen, seine handwerkliche Geschicklichkeit und sein Genie, und er beginnt damit, all das, was einmal Frau und Sohn und Tochter gewesen ist, in einem anderen Material zu formen. Mit einer gesamten amerikanischen Stadt in Reichweite, die die benötigten Teile liefern konnte, war einem brillanten Mann wie ihm nichts unmöglich.

Das Geräusch der Schritte wurde im Sand erstickt. Als sie den Friedhof erreichten, waren zwei Männer schon dabei, das Grab zu schaufeln.

Am späten Nachmittag kehrten sie zur Rakete zurück.

Williamson deutete mit einer Kopfbewegung zur Steinhütte hinüber. »Was machen wir mit denen?«

»Ich weiß nicht«, sagte der Kapitän.

»Wollen Sie sie abschalten?«

»Abschalten?« Der Kapitän wandte sich überrascht um. »Darauf wäre ich gar nicht gekommen.«

»Sie wollen sie doch nicht etwa mitnehmen?«

»Nein, das wäre sinnlos.«

»Sie wollen sie also hier zurücklassen, einfach so - so wie sie sind?«

Der Kapitän reichte Williamson seine Pistole. »Wenn Sie eine andere Lösung durchsetzen können, sind Sie besser als ich.«

Fünf Minuten später kehrte Williamson zurück; er schwitzte. »Hier, nehmen Sie Ihre Pistole. Ich weiß jetzt, was Sie meinen. Als ich mit der Waffe in der Hand die Hütte betrat, lächelte mich eine der Töchter an und die anderen ebenfalls. Die Frau bot mir eine Tasse Tee an. Gott, das wäre wirklich Mord!«

Wilder nickte. »So etwas Vorzügliches wird es wahrscheinlich nicht noch einmal geben. Sie sind stabil gebaut und halten bestimmt zehn, fünfzig, zweihundert Jahre. Ja, sie haben ein Recht zu - zu leben wie Sie oder ich oder sonst jemand hier im Schiff.« Er klopfte seine Pfeife aus. »Na ja, gehen Sie an Bord. Wir starten. Mit der Stadt ist es aus, wir werden sie nicht mehr bewohnen können.«

Der Abend war nahe. Ein kalter Wind sprang auf. Die Männer gingen an Bord, während der Kapitän zögerte. Williamson sagte: »Sie wollen doch nicht etwa hingehen und - Lebewohl sagen?«

Der Kapitän blickte Williamson düster an: »Das geht Sie gar nichts an.«

Wilder ging langsam durch den stärker werdenden Wind auf die Hütte zu. Die Männer sahen seinen Schatten in der Tür verweilen. Sie sahen auch den Schatten einer Frau. Sie sahen, wie der Kapitän ihr die Hand schüttelte.

Sekunden später kam er auf die Rakete zugerannt.

In der Nacht, wenn der Wind über den toten Seegrund und den sechseckigen Friedhof streicht, über vier alte Kreuze und ein neues, dann brennt Licht in der niedrigen Steinhütte, und im Innern, während der Wind dröhnt und der Staub aufgewirbelt wird und die kalten Sterne brennen, sitzen vier Gestalten - eine Frau, zwei Töchter und ein Sohn -vor dem Feuer, um das sie sich völlig grundlos kümmern, und sie unterhalten sich und lachen.

Abend für Abend, Jahr für Jahr, völlig sinnlos, kommt die Frau aus dem Haus und schaut mit erhobenen Händen eine Zeitlang zum Himmel auf und betrachtet die grünschimmernde Erde, sie weiß nicht, warum sie hinauf schaut; dann geht sie wieder in die Hütte und wirft ein Stück Holz ins Feuer, völlig sinnlos, und der Wind weht stärker, und der Grund des ausgetrockneten Meeres erstreckt sich bis zum Horizont, leblos wie eh und je.

August 2026: Es werden kommen leise Regen

Im Wohnzimmer sang die Stimm-Uhr: Ticktack, sieben Uhr, zackzack, aufstehn nur, aufstehn nur, aufstehn nur, sieben Uhr!, als ob sie Angst hätte, daß ihr niemand gehorchen würde. Das morgendliche Haus war leer. Die Uhr tickte weiter und wiederholte ihre Ansagen viele Male in die Leere. Sieben Uhr neun, zum Frühstück hinein, sieben Uhr neun!

In der Küche stieß der Frühstücksherd einen zischenden Seufzer aus und entließ aus einem warmen Innern acht herrlich gebräunte Scheiben Toast, acht Spiegeleier mit dem Eidotter nach oben, sechzehn Scheiben Speck, zwei Tassen Kaffee und zwei Gläser kühle Milch.

»Heute ist der 4. August 2026«, sagte eine zweite Stimme von der Küchendecke, »in der Stadt Allendale, Kalifornien.« Sie wiederholte das Datum dreimal, damit es sich auch richtig einprägte. »Heute hat Mr. Featherstone Geburtstag. Heute hat Tilitia Hochzeitstag. Die Versicherungsbeiträge sind fällig, außerdem das Wassergeld, die Gas-und Stromrechnung.«

Irgendwo in den Wänden klickten Relais, und Informationsbänder glitten unter elektrischen Augen dahin.

»Acht Uhr eins, ticktack, acht Uhr eins, zur Schule, zur Arbeit, lauft, lauft, acht Uhr eins!« Aber keine Türen wurden zugeschlagen, keine Gummiabsätze polterten dumpf auf den Teppichboden. Es regnete draußen. Der Wetterkasten neben der Haustür sang leise: »Regen, Regen, geh vorbei, Stiefel, Mäntel holt herbei...« Und der Regen klopfte mit hohlem Geräusch auf das leere Haus.

Draußen läutete die Garage, hob ihre Tür hoch und gab den Blick frei auf den wartenden Wagen. Nach langem Warten schwang die Tür wieder herab.

Um halb neun waren die Eier unansehnlich und die Toastscheiben steinhart geworden. Ein Aluminiumschaber kratzte alles in den Abwasch, wo die Reste von heißem Wasser erfaßt und durch einen metallenen Schlund hinabgesogen wurden, der sie ins ferne Meer spülte. Das schmutzige Geschirr wurde in einen Heißwascher getaucht und kam schimmernd und trocken wieder zum Vorschein.

Neun Uhr fünfzig, sang die Uhr, saubermachen.

Winzige Robotmäuse kamen aus ihren Wandhöhlen gehuscht. Überall in den Räumen wimmelte es von kleinen Reinigungstieren aus Gummi und Metall. Sie prallten dumpf gegen Stuhlbeine, schwenkten ihre haarigen Läuferchen, klopften den Teppich ab, saugten den verborgenen Staub heraus. Wie geheimnisvolle Eindringlinge verschwanden sie wieder in ihren Nestern. Ihre elektrischen Augen erloschen. Das Haus war sauber.

Zehn Uhr. Die Sonne kam hinter den Regenwolken hervor. Das Haus stand verlassen inmitten einer Trümmerwüste; das einzige Haus, das noch intakt war. In der Nacht lag über der Stadt ein radioaktiver Schimmer, der meilenweit zu sehen war.

Zehn Uhr fünfzehn. Die Rasensprenger ließen ihre goldenen Strahlen hoch aufwirbeln und erfüllten die laue Morgenluft mit schimmernden Fontänen. Das Wasser benetzte die Fensterscheiben und lief an der Westfront herab, deren weißer Anstrich versengt war. Die gesamte Westwand des Hauses war schwarz verbrannt - bis auf fünf Stellen. Hier war die Silhouette eines Mannes zu sehen, der einen Rasenmäher schob. Dort, wie auf einer Fotografie, eine Frau, die gerade eine Blume pflückte. Links davon, in einem titanischen Moment ins Holz gebrannt, ein kleiner Junge, die Hände erhoben, darüber die Umrisse eines hochgeworfenen Balls. Ihm gegenüber die Silhouette eines Mädchens, die Hände erhoben, um den Ball zu fangen, der nie ankommen würde.