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»Setzen Sie sich auf, Bürgerin«, sagte ich auf Radchaai zu Seivarden. »Sie können niemanden täuschen.«

»Sie können mich mal«, erwiderte sie und zog sich eine Decke über den Kopf. Dann schüttelte sie sie wieder ab und erhob sich, leicht zitternd. Sie ging zur sanitären Einrichtung und schloss die Tür.

Ich wandte mich wieder Strigan zu. »Diese Sache mit dem gemieteten Flieger. Waren Sie das?«

Sie zuckte reumütig mit den Schultern. »Er sagte mir, zwei Radchaai würden auf diesem Weg hierherkommen. Entweder hat er Sie schwer unterschätzt, oder Sie sind noch viel gefährlicher, als ich dachte.«

Was dann beträchtlich gefährlich wäre. »Ich bin es gewohnt, unterschätzt zu werden. Und Sie haben ihr … ihm nicht gesagt, warum Sie dachten, ich würde kommen.«

Ihre Waffe hatte sich nicht bewegt. »Warum sind Sie hier?«

»Sie wissen, warum ich hier bin.« Eine schnelle Veränderung ihres Ausdrucks, sofort wieder unterdrückt. Ich fuhr fort. »Nicht, um Sie zu töten. Sie zu töten wäre unzweckmäßig.«

Sie zog eine Augenbraue hoch und neigte leicht den Kopf. »Tatsächlich?«

Die Ausflüchte und Finten frustrierten mich. »Ich will die Waffe.«

»Welche Waffe?« Strigan wäre niemals so dumm zuzugeben, dass das Ding existierte, dass sie wusste, von welcher Waffe ich sprach. Aber ihre vorgetäuschte Unwissenheit überzeugte mich nicht. Und es war ihr bewusst. Wenn sie das hatte, wovon ich überzeugt war, wofür ich mein Leben verwettet hätte, waren genauere Angaben überflüssig. Sie wusste es.

Ob sie sie mir geben würde, war eine ganz andere Frage. »Ich werde Sie dafür bezahlen.«

»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«

»Die Garseddai haben alles in Fünfergruppen aufgeteilt. Fünf richtige Handlungen, fünf Hauptsünden, fünf Zonen mal fünf Regionen. Fünfundzwanzig Repräsentantinnen, die vor der Herrin der Radch kapitulierten.«

Drei Sekunden lang blieb Strigan völlig still. Sie schien sogar die Atmung eingestellt zu haben. Dann sprach sie. »Garsedd? Was hat das mit mir zu tun?«

»Ich hätte es niemals erraten, wenn Sie geblieben wären, wo Sie waren.«

»Garsedd ist tausend Jahre her und sehr, sehr weit von hier entfernt.«

»Fünfundzwanzig Repräsentantinnen, die vor der Herrin der Radch kapitulierten«, wiederholte ich. »Und vierundzwanzig Waffen, die gefunden oder anderweitig nachgewiesen wurden.«

Sie blinzelte, sog den Atem ein. »Wer sind Sie?«

»Jemand floh. Jemand verließ das System, bevor die Radchaai eintrafen. Vielleicht befürchtete sie, die Waffen würden nicht so funktionieren wie behauptet. Vielleicht wusste sie, dass es ihr selbst dann nichts nützen würde.«

»Im Gegenteil, nicht wahr? War das nicht der eigentliche Punkt? Niemand widersetzt sich Anaander Mianaai.« Sie klang verbittert. »Niemand, der weiterleben möchte.«

Ich sagte nichts.

Strigan hielt die Waffe völlig ruhig. Trotzdem drohte ihr Gefahr von mir, sollte ich beschließen, ihr Schaden zuzufügen, und ich glaube, das war ihr bewusst. »Ich weiß nicht, warum Sie glauben, ich hätte diese Waffe, von der Sie reden. Warum sollte ich sie haben?«

»Sie sammeln Antiquitäten, Kuriositäten. Sie hatten bereits eine kleine Sammlung von Garseddai-Artefakten. Sie sind irgendwie zur Station Dras Annia gelangt. Wie vielleicht auch andere. Und dann sind Sie eines Tages verschwunden. Sie achteten darauf, dass niemand Ihnen folgt.«

»Das ist eine sehr schwache Basis für eine so gewichtige Vermutung.«

»Warum also?« Ich gestikulierte vorsichtig mit der freien Hand, während die andere weiterhin unter meinem Mantel war und meine Waffe hielt. »Sie hatten einen angenehmen Posten in Dras Annia, Patientinnen, jede Menge Geld, Kontakte und einen guten Ruf. Jetzt befinden Sie sich irgendwo mitten im eisigen Nichts und leisten Bov-Hirten Erste Hilfe.«

»Eine persönliche Krise«, sagte sie und sprach die Worte sorgfältig und betont aus.

»Aber sicher«, stimmte ich ihr zu. »Sie konnten sich nicht dazu überwinden, die Waffe zu vernichten oder sie an eine Person weiterzugeben, die vielleicht klug genug ist, um zu erkennen, welche Gefahr sie darstellt. In dem Augenblick, als Sie erkannten, was Sie hatten, wussten Sie, was geschehen würde, wenn die Radch jemals auch nur den Ansatz einer vagen Vorstellung entwickelte, dass sie existieren könnte. Man hätte Sie aufgespürt und Sie getötet, genauso wie jede andere, die sie möglicherweise gesehen hat.«

Einerseits wollte die Radch, dass sich jede erinnerte, was mit den Garseddai geschehen war, doch andererseits wollte man, dass niemand wusste, wie die Garseddai geschafft hatten, was sie getan hatten, was in den tausend Jahren davor und in den tausend Jahren danach niemand geschafft hatte — die Zerstörung eines Radchaai-Schiffs. Heute erinnerte sich kaum noch jemand daran. Ich wusste es, und jedes Schiff wusste es, das dabei gewesen war und noch existierte. Anaander Mianaai erinnerte sich auf jeden Fall. Und Seivarden, die mit eigenen Augen gesehen hatte, was niemand für möglich halten sollte, wenn es nach der Herrin der Radch ging — dass es diese unsichtbare Rüstung und Waffe gab, diese Geschosse, die mühelos Radchaai-Panzerungen und den Hitzeschild ihres Schiffs durchschlugen.

»Ich will sie haben«, sagte ich zu Strigan. »Ich bezahle Sie dafür.«

»Wenn ich so etwas hätte … wenn, dann wäre es durchaus möglich, dass nicht einmal alles Geld der Welt eine ausreichende Bezahlung wäre.«

»Alles ist möglich«, stimmte ich zu.

»Sie sind eine Radchaai. Und Sie gehören dem Militär an.«

»Gehörte«, korrigierte ich. Und als sie verächtlich schnaufte, fügte ich hinzu: »Wenn ich noch dazu gehören würde, wäre ich jetzt nicht hier. Oder Sie hätten mir längst jede Information gegeben, die ich haben will, und sie wären nicht mehr am Leben.«

»Verschwinden Sie von hier.« Strigan sprach leise, aber nachdrücklich. »Nehmen Sie Ihren Streuner mit.«

»Ich werde nicht gehen, bevor ich habe, weswegen ich gekommen bin.« Es hätte wenig Sinn, das zu tun. »Sie müssen es mir geben oder damit auf mich schießen.« Ich hatte praktisch zugegeben, immer noch mit einer Rüstung ausgestattet zu sein. Ich hatte impliziert, dass ich genau das war, wovor sie sich fürchtete, eine Radchaai-Agentin, die gekommen war, um sie zu töten und sich die Waffe zu holen.

Trotz der Angst, die sie vor mir haben musste, konnte sie ihre Neugier nicht unterdrücken. »Warum wollen Sie es so sehr?«

»Ich will«, erklärte ich ihr, »Anaander Mianaai töten.«

»Was?« Die Waffe in ihrer Hand zitterte, bewegte sich ein Stück zur Seite, richtete sich dann wieder auf mich. Sie beugte sich drei Millimeter vor und legte den Kopf schief, als wäre sie davon überzeugt, mich nicht richtig verstanden zu haben.

»Ich will Anaander Mianaai töten«, wiederholte ich.

»Anaander Mianaai«, sagte sie verbittert, »hat Tausende von Körpern an Hunderten von Orten. Sie können ihn nicht töten. Zumindest nicht mit nur einer einzigen Waffe.«

»Trotzdem will ich es versuchen.«

»Sie sind wahnsinnig. Das heißt, ist das überhaupt möglich? Haben nicht alle Radchaai eine Gehirnwäsche erhalten?«

Das war ein weit verbreiteter Irrglaube. »Nur Kriminelle, nur Leute, die nicht richtig funktionieren, werden umerzogen. Im Grunde interessiert es niemanden, was man denkt, solange man tut, was von einem erwartet wird.«

Sie starrte mich zweifelnd an. »Wie definieren Sie ›nicht richtig funktionieren‹?«

Ich machte eine unbestimmte Nicht-mein-Problem-Geste mit der freien Hand. Obwohl es vielleicht doch mein Problem war. Vielleicht berührte mich diese Frage sehr wohl, insofern als sie durchaus Seivarden berührte. »Ich werde jetzt meine Hand aus dem Mantel ziehen«, sagte ich. »Und dann werde ich mich schlafen legen.«