Innerhalb weniger Augenblicke hatte ich die Aufmerksamkeit der Gerechtigkeit der Torren. Ich hatte nicht wenige dieser konfiszierten Waffen gesehen — nicht ich, Eins Esk, sondern ich, die Gerechtigkeit der Torren, deren viele Tausend Hilfseinheiten sich während der Annexion auf dem Planeten aufgehalten hatten. Wenn ich kein offizielles Verzeichnis konsultieren konnte, ohne die Behörden darauf aufmerksam zu machen, dass ich dieses Lager gefunden hatte, konnte ich stattdessen mein eigenes Gedächtnis konsultieren, um mich zu vergewissern, ob ich welche davon mit eigenen Augen gesehen hatte.
Und ich hatte.
Ich ging ins Zimmer, in dem Leutnantin Awn schlief, und legte ihr eine Hand auf die bloße Schulter. »Leutnantin«, sagte ich leise. Im Boot schloss ich die Kiste mit einem leisen Schnappgeräusch und sagte: »Zurück zur Stadt.«
Leutnantin Awn fuhr aus dem Schlaf hoch. »Ich schlafe nicht«, sagte sie leicht benommen. Im Boot nahmen Denz Ay und ihre Tochter schweigend die Ruder und machten sich auf den Rückweg.
»Die Waffen wurden konfisziert«, sagte ich zu Leutnantin Awn, immer noch mit leiser Stimme. Ich wollte Leutnantin Skaaiat nicht wecken, ich wollte vermeiden, dass irgendjemand sonst mich hörte. »Ich habe die Seriennummern wiedererkannt.«
Leutnantin Awn sah mich einige Augenblicke lang verwirrt und verständnislos an. Dann schien sie zu begreifen. »Aber …« Und dann wachte sie ganz auf und wandte sich Leutnantin Skaaiat zu. »Skaaiat, wachen Sie auf. Ich habe ein Problem.«
Ich brachte die Waffen ins Obergeschoss von Leutnantin Awns Haus. Sieben Issa rührte sich nicht einmal, als ich an ihr vorbeiging.
»Sind Sie sich ganz sicher?«, fragte Leutnantin Skaaiat, die neben der offenen Kiste kniete, nackt bis auf ihre Handschuhe, mit einer Schale Tee in einer Hand.
»Ich habe diese Waffen persönlich konfisziert«, antwortete ich. »Ich erinnere mich daran.« Wir alle sprachen sehr leise, sodass niemand uns von draußen hören konnte.
»Dann wären sie vernichtet worden«, wandte Leutnantin Skaaiat ein.
»Offensichtlich wurden sie es nicht«, sagte Leutnantin Awn. Und nach kurzem Schweigen fügte sie hinzu: »Scheiße. Das ist gar nicht gut.«
Stumm textete ich sie an. Ihre Ausdrucksweise, Leutnantin!
Leutnantin Skaaiat gab einen kurzen, keuchenden Laut von sich, ein nicht amüsiertes Lachen. »Gelinde gesagt.« Sie runzelte die Stirn. »Aber warum? Warum sollte sich jemand diese Mühe machen?«
»Und wie?«, fragte Leutnantin Awn. Sie schien ihren Tee vergessen zu haben, der nun in einer Tasse neben ihr auf dem Boden stand. »Jemand hat sie dorthin gebracht, ohne dass wir es gesehen haben.« Ich hatte mir die Protokolle der vergangenen dreißig Tage angesehen und nichts Unerklärliches bemerkt. Niemand hatte sich an dieser Stelle aufgehalten, abgesehen von Denz Ay und ihrer Tochter vor dreißig Tagen und gestern.
»Das wie ist der leichte Teil, wenn man über den geeigneten Zugang verfügt«, sagte Leutnantin Skaaiat. »Was vielleicht eine erste Spur ist. Es kann niemand sein, die einen hochrangigen Zugriff auf die Gerechtigkeit der Torren hat, weil diese Person sonst verhindert hätte, dass die Schiffs-KI sich an diese Waffen erinnert. Oder sie hätte zumindest nicht sagen können, dass sie sich daran erinnert.«
»Oder man hat nicht an dieses spezielle Detail gedacht«, gab Leutnantin Awn zu bedenken. Sie war ratlos. Und fing gerade erst an, Angst zu bekommen. »Oder vielleicht war das von Anfang an Teil des Plans. Aber damit wären wir wieder beim warum, nicht wahr? Das wie spielt keine große Rolle, zumindest nicht im Moment.«
Leutnantin Skaaiat blickte zu mir auf. »Erzählen Sie mir von den Schwierigkeiten, die Jen Taas Nichte in der Unterstadt hatte.«
Leutnantin Awn sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Aber …« Leutnantin Skaaiat brachte sie mit einer Geste zum Verstummen.
»Es gab keine Schwierigkeiten«, sagte ich. »Sie saß allein am Vortempelteich und warf Steine ins Wasser. Sie kaufte sich einen Tee im Laden hinter dem Tempel. Darüber hinaus hat niemand mit ihr gesprochen.«
»Sind Sie sich ganz sicher?«, fragte Leutnantin Awn.
»Ich hatte sie die ganze Zeit im Blick.« Und ich würde dafür sorgen, dass es bei künftigen Besuchen genauso war, was ich jedoch nicht ausdrücklich erwähnen musste.
Die zwei Leutnantinnen schwiegen eine Weile. Leutnantin Awn schloss die Augen und atmete tief durch. Jetzt hatte sie wirklich Angst. »In diesem Punkt lügen sie also«, sagte sie, die Augen weiterhin geschlossen. »Sie brauchen irgendeinen Vorwand, um jemanden in der Unterstadt zu beschuldigen, wegen … irgendetwas.«
»Aufhetzung«, sagte Leutnantin Skaaiat. Sie erinnerte sich an ihren Tee und nippte davon. »Und sie werden größenwahnsinnig. Das ist sehr leicht zu erkennen.«
»Ja, das sehe ich auch so«, sagte Leutnantin Awn. Sie hatte ihren Akzent völlig abgelegt, es aber nicht bemerkt. »Aber warum zum Teufel sollte jemand mit Zugang zu so etwas« — sie gestikulierte zur Kiste mit den Waffen — »ihnen helfen wollen?«
»Das scheint die Frage zu sein«, erwiderte Leutnantin Skaaiat. Sie schwiegen wieder für ein paar Sekunden. »Was wollen Sie tun?«
Die Frage irritierte Leutnantin Awn, der vermutlich genau das Gleiche durch den Kopf gegangen war. Sie blickte zu mir auf. »Ich frage mich, ob das alles ist.«
»Ich kann Denz Ay bitten, noch einmal mit mir hinauszufahren«, sagte ich.
Leutnantin Awn machte eine bestätigende Geste. »Ich werde den Bericht schreiben, aber ich werde ihn noch nicht einreichen, sondern die weiteren Ermittlungen abwarten.« Alles, was Leutnantin Awn tat und sagte, wurde observiert und aufgezeichnet. Doch so wie bei den Trackern, mit denen in Ors jede ausgestattet war, achtete nicht immer jemand darauf.
Leutnantin Skaaiat stieß einen leisen Pfiff aus. »Will jemand Ihnen eine Falle stellen, meine Liebe?« Leutnantin Awn sah sie verständnislos an. »Zum Beispiel«, fuhr Leutnantin Skaaiat fort, »Jen Shinnan? Vielleicht habe ich sie unterschätzt. Oder können Sie Denz Ay vertrauen?«
»Wenn jemand will, dass ich verschwinde, dann jemand aus der Oberstadt«, sagte Leutnantin Awn. Ich stimmte ihr zu, sagte es aber nicht laut. »Doch das kann es nicht sein. Wer dazu imstande ist« — sie deutete auf die Kiste —, »könnte einfach den Befehl geben, mich verschwinden zu lassen. Und Jen Shinnan kann so etwas nicht getan haben.« Unausgesprochen stand hinter jedem Wort die Erinnerung an die Nachrichten von Ime. Daran, dass die Person, die die dortige Korruption aufgedeckt hatte, zum Tode verurteilt war, wahrscheinlich längst tot war. »Niemand in Ors hätte es tun können, nicht ohne …« Nicht ohne Hilfe von sehr weit oben, wollte sie zweifellos sagen, aber sie ließ den Satz unvollendet.
»Wohl wahr«, sinnierte Leutnantin Skaaiat, die die Implikationen begriffen hatte. »Also ist es eine höhergestellte Person. Wer würde davon profitieren?«
»Die Nichte«, sagte Leutnantin Awn mit deutlichem Unbehagen.
»Jen Taas Nichte würde profitieren?«, fragte Leutnantin Skaaiat verblüfft nach.
»Nein, nein. Die Nichte wurde beleidigt oder angegriffen — angeblich. Ich werde deswegen nichts unternehmen, und ich sage, dass nichts geschehen ist.«
»Weil nichts geschehen ist«, sagte Leutnantin Skaaiat, der allmählich etwas klar zu werden schien, auch wenn sie immer noch verwirrt war.
»Von mir können sie keine Gerechtigkeit erwarten, also gehen sie in die Unterstadt, um selbst dafür zu sorgen. So wurde es auch schon vor unserer Ankunft gehandhabt.«