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»Das sagten Sie bereits.«

»Ich glaube, dass er auch Ihnen nicht leidtut.«

»Richtig.«

»Sie machen es einem niemals leicht, nicht wahr?« Strigan klang ein wenig verärgert. Gereizt.

»Das kommt darauf an.«

Sie schüttelte leicht den Kopf, als hätte sie mich nicht richtig verstanden. »Ich habe schon Schlimmeres erlebt. Aber er braucht ärztliche Behandlung.«

»Die Sie ihm nicht geben wollen«, sagte ich. Es war keine Frage.

»Ich versuche immer noch, Sie zu verstehen«, sagte Strigan, als hätte ihre Bemerkung etwas mit meiner zu tun, auch wenn ich mir sicher war, dass dem nicht so war. »Ich überlege sogar, ob ich ihm noch etwas gebe, das ihn ruhigstellt.« Ich sagte nichts dazu. »Sie sind dagegen.« Es war keine Frage. »Er tut mir nicht leid.«

»Auch das sagten Sie bereits.«

»Er hat sein Schiff verloren.« Höchstwahrscheinlich hatte ihr Interesse an Garseddai-Artefakten sie dazu veranlasst, sich so gut wie möglich über die Ereignisse zu informieren, die zur Vernichtung von Garsedd geführt hatten. »Schlimm genug«, fuhr Strigan fort, »aber Radchaai-Schiffe sind nicht nur Schiffe, nicht wahr? Und seine Besatzung. Es ist vor tausend Jahren geschehen, aber für ihn … Eben noch ist alles so, wie es sein sollte, und im nächsten Moment ist alles weg.« Mit einer Hand machte sie eine frustrierte, ambivalente Geste. »Er braucht ärztliche Behandlung.«

»Wenn er nicht aus der Radch geflohen wäre, hätte er sie bekommen.«

Strigan zog eine graue Augenbraue hoch und setzte sich auf eine Bank. »Übersetzen Sie für mich. Mein Radchaai ist nicht gut genug.«

Eine Hilfseinheit hatte Seivarden in eine Suspensionskapsel gestoßen, und im nächsten Moment war sie frierend aufgewacht, hatte die Kapselflüssigkeit durch Mund und Nase ausgewürgt und sich in der Krankenstation eines Patrouillenschiffs wiedergefunden. Als Seivarden es beschrieb, konnte ich ihre Aufregung erkennen, ihre kaum unterdrückte Wut. »Irgendeine schmutzige kleine Gnade mit einer schäbigen, provinziellen Kapitänin.«

»Ihre Miene ist fast vollkommen ausdruckslos«, sagte Strigan mit einem Blick in mein Gesicht. Nicht auf Radchaai, damit Seivarden es nicht verstand. »Aber ich kann Ihre Temperatur und Herzfrequenz sehen.« Und mithilfe der medizinischen Implantate, über die sie wahrscheinlich verfügte, noch ein paar andere Dinge.

»Das Schiff hatte eine menschliche Besatzung«, sagte ich zu Seivarden.

Das bestürzte sie noch mehr — ob es Wut oder Scham oder etwas anderes war, konnte ich nicht sagen. »Das war mir nicht klar. Nicht sofort. Die Kapitänin nahm mich beiseite und erklärte es mir.«

Ich übersetzte das für Strigan, worauf sie einen ungläubigen Blick zu Seivarden warf und dann mich nachdenklich ansah. »Ist es leicht, einen solchen Fehler zu begehen?«

»Nein«, antwortete ich knapp.

»Das war der Moment, als sie mir schließlich sagen musste, wie viel Zeit vergangen war«, sagte Seivarden, die ganz mit ihrer Geschichte beschäftigt war und auf nichts anderes achtete.

»Und was danach geschehen ist«, vermutete Strigan.

Ich übersetzte, aber Seivarden hörte mir gar nicht zu, sondern redete weiter, als hätte keine von uns etwas gesagt. »Irgendwann legten wir an dieser winzigen Grenzstation an. Sie kennen so etwas bestimmt, eine Stationsverwalterin, die entweder in Ungnade gefallen ist oder den Posten als nichtsnutziger Emporkömmling bekommen hat, eine übereifrige Inspektorin, die sich an den Docks als Tyrannin aufspielt, und ein halbes Dutzend Sicherheitskräfte, deren größte Herausforderung darin besteht, Hühner aus dem Teeladen zu vertreiben.

Ich fand, dass schon die Kapitänin der Gnade einen schrecklichen Akzent hatte, doch in der Station konnte ich niemanden verstehen. Die KI der Station musste für mich übersetzen, aber meine Implantate funktionierten nicht mehr. Zu antiquiert. Also konnte ich nur über Wandkonsolen zu ihr sprechen.« Wodurch es äußerst schwierig gewesen sein dürfte, eine vernünftige Unterhaltung zu führen. »Und selbst wenn die Station mir etwas erklärte, ergab das, was die Leute sagten, für mich kaum einen Sinn.

Sie teilten mir ein Apartment zu, ein Zimmer mit Pritsche, kaum groß genug, um aufrecht darin zu stehen. Ja, sie wussten, wer ich war, nachdem ich es ihnen gesagt hatte, aber sie hatten keine Informationen über meine finanziellen Verhältnisse, und es würde Wochen dauern, bis sie möglicherweise eintrafen. Vielleicht sogar länger. In der Zwischenzeit erhielt ich Essen und Unterkunft, wie es jeder Radchaai zustand. Es sei denn, ich war bereit, mich noch einmal auf meine Eignung prüfen zu lassen, damit mir eine neue Aufgabe zugewiesen wurde. Weil sie die Daten meiner Prüfung nicht hatten, und selbst wenn, wären sie zweifellos veraltet gewesen. Veraltet«, wiederholte sie in verbittertem Tonfall.

»Waren Sie bei einem Arzt?«, fragte Strigan. Als ich Seivardens Gesicht beobachtete, hatte ich eine Ahnung, was sie letztlich aus dem Radchaai-Territorium vertrieben hatte. Sie musste bei einer Ärztin gewesen sein, die entschieden hatte abzuwarten und zu beobachten. Körperliche Verletzungen waren kein Problem, weil sich darum zweifellos die Ärztin der Gnade gekümmert hatte, die sie aufgelesen hatte, aber psychische und emotionale Schäden waren etwas anderes. Vielleicht lösten sie sich von selbst, und wenn nicht, brauchte die Ärztin die Daten der Eignungsprüfung, um sie effektiv behandeln zu können.

»Sie sagten, ich könnte eine Nachricht an meine Hausherrin schicken und um Hilfe bitten. Aber sie wussten nicht, wer sie war.« Offensichtlich hatte Seivarden nicht die Absicht, über die Stationsärztin zu sprechen.

»Hausherrin?«, fragte Strigan.

»Das Oberhaupt ihrer weitläufigen Familie«, erklärte ich. »In der Übersetzung klingt es sehr hochtrabend, was es aber nicht ist, es sei denn, das Haus ist sehr wohlhabend oder prestigeträchtig.«

»Und ihres?«

»War beides.«

Das entging Strigan nicht. »War.«

Seivarden fuhr fort, als hätten wir gar nichts gesagt. »Aber Vendaai gab es nicht mehr, wie sich herausstellte. Mein gesamtes Haus existierte überhaupt nicht mehr. Alles, Vermögen und Verträge, alles von Geir absorbiert!« Damals hatte es alle überrascht, vor etwa fünfhundert Jahren. Die zwei Häuser, Geir und Vendaai, hatten sich gehasst. Geirs Hausherrin hatte hinterlistig die Spielschulden von Vendaai sowie ein paar unkluge Verträge ausgenutzt.

»Sie haben sich auf den neuesten Stand der Ereignisse gebracht?«, fragte ich Seivarden.

Sie ging nicht darauf ein. »Es war nichts mehr da. Und was noch übrig war, fühlte sich an, als wäre es fast richtig. Aber die Farben stimmten nicht, oder alles war im Vergleich zu vorher ein Stück nach links verschoben. Die Leute sagten Sachen, und ich verstand sie einfach nicht, oder ich wusste, dass es tatsächliche Wörter waren, aber mein Verstand konnte sie nicht erfassen. Alles kam mir so unwirklich vor.«

Vielleicht war es doch eine Antwort auf meine Frage. »Was haben Sie für die menschlichen Soldatinnen empfunden?«

Seivarden runzelte die Stirn und blickte mich zum ersten Mal, seit sie aufgewacht war, direkt an. Ich bereute es, die Frage gestellt zu haben. Es war eigentlich gar nicht die Frage, die ich hatte stellen wollen. Was haben Sie gedacht, als Sie von Ime gehört haben? Aber vielleicht hatte sie gar nicht davon gehört. Oder wenn doch, war es für sie vielleicht unverständlich gewesen. Ist irgendjemand zu Ihnen gekommen, um über die Wiederherstellung der rechtmäßigen Ordnung der Dinge zu flüstern? Wahrscheinlich nicht, wenn ich es genauer bedachte. »Wie konnten Sie die Radch ohne Genehmigung verlassen?« Das war zweifellos nicht einfach gewesen. Zumindest hätte es Geld gekostet, das sie nicht gehabt haben dürfte.