Im Hintergrund der Gruppe, außerhalb des Sichtfeldes von Leutnantin Issaaia, warf eine sehr junge Leutnantin einer anderen sehr jungen Leutnantin einen Blick zu.
»Es war so still«, fuhr Leutnantin Issaaia fort. »Es ist schwer zu glauben, dass sie tatsächlich zurück ist.«
»Schweigen und kalte Asche«, zitierte die Junior-Leutnantin, die den bedeutungsvollen Blick erhalten hatte und wagemutiger als ihre Kameradin war. Das zitierte Gedicht war eine Elegie für eine Person, deren Bestattungsbeigaben absichtlich vernachlässigt worden waren. Ich sah, wie Leutnantin Issaaia mit einem Augenblick der Ambivalenz reagierte — in der folgenden Zeile ging es darum, dass den Toten keine Speiseopfer dargebracht wurden, und die Junior-Leutnantin wollte Leutnantin Awn möglicherweise dafür kritisieren, dass sie weder am Vorabend zur Mahlzeit noch rechtzeitig zum Frühstück an diesem Morgen erschienen war.
»Es ist wirklich Eins Esk«, sagte eine andere Leutnantin, die ihr Grinsen über die durchtriebene junge Leutnantin verbarg und aufmerksam die Segmente beobachtete, die in diesem Moment Tabletts mit Fisch und Obst auf den Tresen stellten. »Vielleicht hat Awn ihr ein paar schlechte Angewohnheiten ausgetrieben. Ich hoffe es jedenfalls.«
»Warum so still, Eins?«, fragte Leutnantin Dariet.
»Ach, fangen Sie bitte noch nicht an«, stöhnte eine andere Leutnantin. »Es ist noch viel zu früh für so viel Lärm.«
»Wenn es Awn war, wäre es gut für sie«, sagte Leutnantin Issaaia. »Wenn auch etwas spät.«
»Wie jetzt«, sagte eine Leutnantin an Leutnantin Issaaias Seite. »Gebt mir zu essen, solange ich noch lebe.« Ein weiteres Zitat, eine weitere Anspielung an Bestattungsbeigaben und eine Zurückweisung, falls die Junior-Leutnantin die Kränkung in die falsche Richtung ausgesprochen hatte. »Kommt sie oder nicht? Wenn sie nicht kommt, sollte sie es sagen.«
In diesem Moment befand sich Leutnantin Awn im Bad, wo ich ihr assistierte. Ich hätte den Leutnantinnen mitteilen können, dass Leutnantin Awn bald eintreffen würde, aber ich sagte nichts, registrierte nur die Menge und Temperatur des Tees in den schwarzen Glastassen, die verschiedene Leutnantinnen in den Händen hielten, und machte weiter mit dem Servieren der Frühstückstabletts.
In der Nähe meines eigenen Waffendepots reinigte ich meine zwanzig Gewehre, damit ich sie zusammen mit der Munition einlagern konnte. In jedem Quartier meiner Leutnantinnen zog ich die Laken von den Betten. Die Offizierinnen von Amaat, Torren, Etrepa und Bo waren alle mit dem Frühstück beschäftigt und plauderten lebhaft miteinander. Die Kapitänin aß mit den Dekaden-Kommandantinnen, wobei leisere und ernstere Gespräche geführt wurden. Eins meiner Shuttles näherte sich mir, vier Bo-Leutnantinnen, die vom Landurlaub zurückkehrten, an ihre Sitze geschnallt, bewusstlos. Sie würden nicht glücklich sein, wenn sie aufwachten.
»Schiff«, sagte Leutnantin Dariet, »wird Leutnantin Awn uns beim Frühstück Gesellschaft leisten?«
»Ja, Leutnantin«, sagte ich mit der Stimme von Eins Esk Sechs. Im Bad goss ich Wasser über Leutnantin Awn, die mit geschlossenen Augen auf dem Gitterrost über dem Abfluss stand. Ihr Atem ging gleichmäßig, aber ihre Herzfrequenz war leicht erhöht, und sie wies noch andere Anzeichen für Stress auf. Ich war mir ziemlich sicher, dass ihre Verspätung Absicht war, damit sie das Bad für sich hatte. Nicht weil sie nicht mit Leutnantin Issaaia zurechtkommen würde — das war nicht das Problem. Sondern weil sie immer noch bestürzt über die Ereignisse der vergangenen Tage war.
»Wann?«, fragte Leutnantin Issaaia mit leicht gerunzelter Stirn.
»In etwa fünf Minuten, Leutnantin.«
Ein Chor aus Stöhnen ertönte. »Ich bitte Sie, meine Leutnantinnen«, tadelte Leutnantin Issaaia. »Immerhin ist sie unsere Vorgesetzte. Und wir alle sollten im Moment etwas Geduld mit ihr haben. Es war eine sehr plötzliche Rückkehr, nachdem wir alle dachten, die Göttliche würde niemals einverstanden sein, dass sie Ors verlässt.«
»Hat sie festgestellt, dass sie doch keine so gute Wahl war?«, spöttelte die Leutnantin an Leutnantin Issaaias Seite. Sie stand Leutnantin Issaaia in mehr als nur einer Hinsicht nahe. Keine von ihnen wusste, was geschehen war, und keine von ihnen durfte danach fragen. Und ich hatte natürlich nichts gesagt.
»Unwahrscheinlich«, sagte Leutnantin Dariet mit etwas lauterer Stimme als gewöhnlich. Sie war wütend. »Nicht nach fünf Jahren.« Ich nahm die Teekanne, wandte mich vom Tresen ab, ging zu Leutnantin Dariet hinüber und goss elf Milliliter Tee in die fast volle Tasse, die sie in der Hand hielt.
»Sie mögen Leutnantin Awn natürlich«, sagte Leutnantin Issaaia. »Wir alle mögen sie. Aber sie ist von keiner guten Herkunft. Für so etwas wurde sie nicht geboren. Sie arbeitet sehr hart für alles, was uns natürlich leichtfällt. Es würde mich kaum überraschen, wenn fünf Jahre das Äußerste waren, was sie aushalten konnte, ohne daran zu zerbrechen.« Sie blickte in die leere Tasse zwischen den Fingern ihres Handschuhs. »Ich brauche mehr Tee.«
»Sie glauben, Sie hätten an Awns Stelle bessere Arbeit geleistet«, stellte Leutnantin Dariet fest.
»Ich zerbreche mir nicht den Kopf über hypothetische Fragen«, erwiderte Leutnantin Issaaia. »Die Fakten sind die Fakten. Es gibt einen Grund, warum Awn die vorgesetzte Esk-Leutnantin war, lange bevor wir anderen hierherkamen. Offensichtlich hat Awn eine besondere Fähigkeit, weil sie sonst nie so gute Leistungen erbracht hätte, doch nun ist sie an ihre Grenzen gestoßen.« Ein leises Raunen der Zustimmung. »Ihre Eltern sind Köchinnen«, fuhr Issaaia fort. »Ich bin davon überzeugt, dass sie in ihrem Metier hervorragend sind. Ich bin mir sicher, dass auch sie wunderbar eine Küche organisieren könnte.«
Drei Leutnantinnen kicherten. Leutnantin Dariet sagte gepresst und scharf: »Wirklich?« Leutnantin Awn war endlich angezogen, die Uniform so perfekt, wie es mir möglich gewesen war, und trat aus dem Ankleidezimmer in den Korridor, fünf Schritte vom Dekadenraum entfernt.
Leutnantin Issaaia registrierte Leutnantin Dariets Laune, war dabei wie so oft hin- und hergerissen. Leutnantin Issaaia hatte einen höheren Rang, aber Leutnantin Dariets Haus war älter und wohlhabender als das von Leutnantin Issaaia, und die Angehörigen von Leutnantin Dariets Zweig innerhalb dieses Hauses waren direkte Klientinnen eines prominenten Zweiges von Mianaai. Theoretisch spielte das hier keine Rolle. Theoretisch.
All die Daten, die ich an diesem Morgen von Leutnantin Issaaia empfangen hatte, hatten einen unterschwelligen Geschmack der Verstimmung, der derzeit stärker wurde. »Die Organisation einer Küche ist ein absolut respektabler Job«, sagte Leutnantin Issaaia. »Aber ich kann mir nur vage vorstellen, wie schwierig es sein muss, als Dienerin aufgezogen zu werden und dann keine angemessene Aufgabe zu übernehmen, sondern auf eine Position mit so großer Verantwortung gestoßen zu werden. Nicht jede hat das Zeug zur Offizierin.« Die Tür ging auf, und Leutnantin Awn trat herein, als Leutnantin Issaaias gerade ihren letzten Satz aussprach.
Stille breitete sich im Dekadenraum aus. Leutnantin Issaaia wirkte ruhig und unbesorgt, doch in Wahrheit war es ihr peinlich. Sie hatte offensichtlich nicht die Absicht gehabt — und hätte es auch niemals gewagt —, solche Dinge offen in Leutnantin Awns Gegenwart auszusprechen.
Nur Leutnantin Dariet ergriff das Wort. »Guten Morgen, Leutnantin.«
Leutnantin Awn antwortete nicht, sah sie nicht einmal an, sondern ging in die Ecke des Raumes, wo der Dekadenschrein mit der kleinen Figur von Torren und eine Schale mit brennendem Weihrauch stand. Leutnantin Awn zollte Torren ihre Ehrerbietung und blickte dann mit leicht gerunzelter Stirn auf die Schale. Wie zuvor waren ihre Muskeln angespannt, ihre Herzfrequenz erhöht, und ich wusste, dass sie den Inhalt oder zumindest die Richtung des Gesprächs erriet, das die anderen vor ihrem Eintreten geführt hatten. Sie wusste, wer nicht das Zeug zur Offizierin hatte.