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»Und ich werde nicht der Grund für Sie sein, mit dem Kef aufzuhören. Ich übernehme keine Verantwortung für Sie. Das müssen Sie ganz allein tun. Wenn Sie es wirklich tun wollen.«

»Sie sind für mich von dieser Brücke gesprungen. Der Sturz ging bestimmt drei Kilometer in die Tiefe. Noch mehr. Das ist … das ist …« Sie verstummte kopfschüttelnd. »Ich bleibe bei Ihnen.«

Ich schloss die Augen. »In dem Augenblick, wo ich auch nur denke, Sie könnten mich erneut bestehlen, werde ich Ihnen beide Beine brechen und Sie zurücklassen, und es wird reiner Zufall sein, wenn Sie mich danach jemals wiedersehen.« Außer dass es für Radchaai keine Zufälle gab.

»Ich schätze, dass ich dem kaum widersprechen kann.«

»Ich rate Ihnen davon ab.«

Sie lachte kurz, dann schwieg sie fünfzehn Sekunden lang. »Erklären Sie mir eins, Breq«, sagte sie anschließend. »Wenn Sie wegen persönlicher Angelegenheiten hier sind, die ganz und gar nichts mit mir zu tun haben, warum haben Sie dann eine der Garseddai-Waffen in Ihrem Rucksack?«

Die Korrektiva hielten meine Arme und Beine völlig bewegungsunfähig. Ich konnte nicht einmal die Schulter vom Bett heben. Die Ärztin stürmte ins Zimmer, das blasse Gesicht gerötet. »Bleiben Sie still liegen!«, tadelte sie und wandte sich dann an Seivarden. »Was haben Sie getan?«

Das war für Seivarden anscheinend verständlich. Sie breitete die Hände in hilfloser Geste aus. »Nicht!«, antwortete sie nachdrücklich in der gleichen Sprache.

Die Ärztin runzelte die Stirn, zeigte mit einem ausgestreckten Finger auf Seivarden. Seivarden richtete sich auf, empört über die Geste, die für eine Radchaai wesentlich unverschämter war als auf dieser Welt. »Wenn Sie Ärger machen wollen«, sagte die Ärztin streng, »gehen Sie!« Dann sah sie mich an. »Und Sie werden still liegen und Ihre Wunden anständig heilen lassen.«

»Ja.« Ich hörte mit den sehr geringfügigen Bewegungen auf, die ich zustande gebracht hatte. Atmete tief durch, versuchte mich zu beruhigen.

Das schien sie zu besänftigen. Sie beobachtete mich eine Weile, überprüfte zweifellos meine Herz- und Atemfrequenz. »Wenn Sie sich nicht beruhigen können, kann ich Ihnen ein Medikament geben.« Ein Angebot, eine Frage, eine Drohung. »Und ich kann dafür sorgen, dass er« — mit einem Seitenblick auf Seivarden — »verschwindet.«

»Beides wird nicht nötig sein.«

Die Ärztin antwortete mit einem skeptischen Hmpf und verließ das Zimmer.

»Tut mir leid«, sagte Seivarden, nachdem die Ärztin gegangen war. »Das war dumm von mir. Ich hätte nachdenken sollen, bevor ich spreche.« Ich sagte nichts dazu. »Als wir ganz unten landeten«, fuhr sie fort, als hätte es eine logische Verbindung zu ihren vorigen Worten, »waren Sie bewusstlos. Und offensichtlich schwer verletzt. Ich hatte Angst, Sie allzu sehr zu bewegen, weil ich nicht erkennen konnte, ob Sie vielleicht Knochenbrüche hatten. Ich hatte keine Möglichkeit, Hilfe herbeizurufen, aber ich dachte, Sie hätten vielleicht etwas dabei, das ich benutzen konnte, um nach oben zu klettern, oder vielleicht irgendwelche Erste-Hilfe-Korrektiva, die ich Ihnen geben konnte, aber das war natürlich dumm, denn Ihre Rüstung war weiterhin aktiviert, woran ich erkannte, dass Sie noch am Leben waren. Ich habe Ihr Handgerät aus Ihrem Mantel genommen, aber es gab kein Signal. Ich musste bis nach oben klettern, bevor ich irgendwen erreichen konnte. Als ich zurückkam, war Ihre Rüstung eingezogen, und ich hatte Angst, sie könnten tot sein. Es ist immer noch alles in Ihrem Rucksack.«

»Wenn die Waffe weg ist«, sagte ich mit ruhiger und neutraler Stimme, »werde ich Ihnen nicht nur die Beine brechen.«

»Sie ist da«, beteuerte sie. »Aber das kann unmöglich eine persönliche Angelegenheit sein, nicht wahr?«

»Es ist persönlich.« Nur dass etwas Persönliches bei mir immer eine große Anzahl von Personen betraf. Aber wie konnte ich das erklären, ohne mehr zu verraten, als ich in diesem Augenblick offenbaren wollte?

»Erzählen Sie mir davon.«

Jetzt war kein guter Zeitpunkt. Aber es gab sehr viel zu erklären, vor allem, da Seivardens Geschichtswissen über die vergangenen letzten tausend Jahre zweifellos lückenhaft und oberflächlich war. Die Ereignisse vieler Jahre, von denen sie bestimmt keine Ahnung hatte, hatten mich hierhergeführt, und sie würden lange Erklärungen erfordern, bevor ich überhaupt dazu kommen konnte, wer ich war und was ich zu tun beabsichtigte.

Und diese historischen Ereignisse wären von entscheidender Bedeutung. Wie konnte Seivarden irgendetwas verstehen, wenn sie das nicht verstand? Wie konnte sie ohne diesen Kontext verstehen, warum irgendjemand irgendwie gehandelt hatte? Hätte Anaander Mianaai nicht mit solcher Wut auf die Garseddai reagiert, hätte sie dann alles Weitere in den folgenden tausend Jahren genauso getan? Hätte Leutnantin Awn niemals von den Ereignissen in Ime fünf Jahre zuvor gehört, heute vor fünfundzwanzig Jahren, hätte sie dann genauso gehandelt?

Wenn ich mir den Augenblick vorstellte, in dem die Soldatin der Gnade der Sarrse sich ihren Befehlen widersetzte, sah ich sie als Segment einer Hilfseinheit. Sie war die Eins der Amaat-Einheit der Gnade der Sarrse gewesen, ihr ranghöchstes Mitglied. Obwohl sie menschlich gewesen war, obwohl sie neben ihrer Stellung an Bord einen Namen gehabt hatte, außer Eins Amaat Eins der Gnade der Sarrse. Aber ich hatte nie eine Aufzeichnung gesehen, hatte nie ihr Gesicht gesehen.

Sie war menschlich gewesen. Sie hatte die Zustände in Ime unmittelbar erlebt — vielleicht sogar selbst die korrupten Anweisungen der Gouverneurin durchgesetzt, als es ihr befohlen wurde. Aber etwas in diesem bestimmten Augenblick hatte die Dinge verändert. Etwas war zu viel für sie gewesen.

Was war es gewesen? Vielleicht der Anblick einer Rrrrrr, tot oder im Sterben liegend? Ich hatte Bilder der Rrrrrr gesehen, lang wie Schlangen, mit Fell und zahlreichen Gliedmaßen, die knurrend und bellend sprachen, und die Menschen, die mit ihnen assoziiert waren, die diese Sprache sprechen und verstehen konnten. Waren es die Rrrrrr gewesen, die Eins Amaat Eins der Gnade der Sarrse aus der vorgesehenen Bahn geworfen hatten? Hatte sie sich so große Sorgen wegen der Drohung gemacht, den Vertrag mit den Presger zu brechen? Oder war es die Vorstellung gewesen, so viele hilflose menschliche Wesen zu töten? Hätte ich mehr über sie gewusst, hätte ich vielleicht erkannt, warum sie in diesem Augenblick beschlossen hatte, lieber zu sterben.

Ich wusste fast gar nichts über sie. Vermutlich war das Absicht. Aber selbst das wenige, das ich gewusst hatte, das wenige, das Leutnantin Awn gewusst hatte, war entscheidend gewesen. »Hat Ihnen irgendjemand erzählt, was in der Station Ime geschehen ist?«

Seivarden runzelte die Stirn. »Nein. Erzählen Sie es mir.«

Ich erzählte es ihr. Von der korrupten Gouverneurin, wie sie die Station Ime sowie alle anderen Schiffe daran hinderte, ihre Taten zu melden, so weit von allem anderen im Radch-Territorium entfernt. Über das Schiff, das eines Tages eingetroffen war — man hatte vermutet, dass es menschlich war, weil niemand etwas von Aliens irgendwo in der Nähe wusste, und es war offensichtlich nicht aus der Radch, womit es Freiwild war. Ich erzählte Seivarden so viel, wie ich über die Soldatinnen von der Gnade der Sarrse wusste, die das unbekannte Schiff enterten und den Befehl hatten, es zu übernehmen und alle an Bord zu töten, die Widerstand leisteten oder erkennbar nicht als Hilfseinheiten geeignet waren. Ich wusste nicht viel — nur dass unmittelbar, nachdem die Einheit Eins Amaat das fremde Schiff geentert hatte, ihre Eins sich geweigert hatte, weiterhin ihren Befehlen zu folgen. Sie hatte den Rest von Eins Amaat von ihrem Standpunkt überzeugt, dann waren sie zu den Rrrrrr übergelaufen und hatten das Schiff außer Reichweite gebracht.