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»Und Eins Amaat Eins der Gnade der Sarrse deckte auf, was auch immer Sie in Ime getan haben«, sagte Leutnantin Awn, deren Zorn immer noch klar und gleichmäßig brannte. »Das waren Sie. Die Gouverneurin des Systems erschuf Hilfseinheiten, die Sie für Ihren Krieg gegen sich selbst brauchten, nicht wahr? Und ich bin mir sicher, dass das noch nicht alles war, was sie für Sie getan hat. War das der Grund, warum die Soldatin sterben musste, obwohl große Mühen notwendig waren, um sie von den Rrrrrr zurückzubekommen? Und ich …«

»Ich warte immer noch, Schiff«, sagte Leutnantin Dariet im Esk-Dekadenraum. »Aber das gefällt mir nicht.«

»Eins Amaat Eins der Gnade der Sarrse wusste fast gar nichts, aber in den Händen der Rrrrrr war sie eine Figur, die meine Feindin gegen mich benutzen konnte. Als Offizierin auf einem Truppentransporter sind Sie gar nichts, aber wenn Sie die Verantwortung für einen unbedeutenden Planeten haben und mit der Unterstützung Skaaiat Awers möglicherweise Ihren Einfluss vergrößern können, stellen Sie eine potenzielle Gefahr für mich dar. Ich hätte sie einfach von Ors fortbringen können, fort von Awer. Aber ich wollte mehr. Ich wollte ein anschauliches Argument gegen politische Entscheidungen der letzten Zeit. Hätte diese Fischerin die Waffen nicht gefunden oder Ihnen den Fund nicht gemeldet, wären die Ereignisse jener Nacht so verlaufen, wie ich es mir gewünscht hatte. Dann hätte ich dafür gesorgt, dass die Geschichte auf allen öffentlichen Kanälen gesendet wird. Mit einer Geste hätte ich mir die Loyalität der Tanmind sichern und eine Person beseitigen können, die mir Schwierigkeiten machte, beides keine großen Sachen, aber ich wäre gleichzeitig in der Lage gewesen, allen zu verdeutlichen, wie gefährlich es ist, in unserer Wachsamkeit nachzulassen, auch nur ein klein wenig abzurüsten. Und wie gefährlich es ist, Verantwortung in nicht so kompetente Hände zu geben.« Sie stieß ein kurzes, verbittertes Ha aus. »Ich muss zugeben, dass ich Sie unterschätzt habe. Vor allem habe ich Ihre Beziehungen zu den Orsai in der Unterstadt unterschätzt.«

Eins Var konnte es nicht länger hinauszögern und trat mit der Waffe in der Hand in den Var-Dekadenraum. Leutnantin Awn hörte sie hereinkommen, wandte ihr den Kopf zu, sah sie an. »Es war meine Aufgabe, die Bürgerinnen von Ors zu beschützen. Ich habe diese Aufgabe ernst genommen. Ich habe mir alle Mühe gegeben, sie zu erfüllen. In diesem einen Fall habe ich versagt. Aber nicht Ihretwegen.« Sie drehte den Kopf, sah Anaander Mianaai direkt an und sagte: »Im Tempel der Ikkt hätte ich sterben sollen, statt Ihnen zu gehorchen. Selbst wenn es letztlich nichts genützt hätte.«

»Das können Sie jetzt in Ordnung bringen«, sagte Anaander Mianaai und gab mir den Feuerbefehl.

Ich feuerte.

Zwanzig Jahre später würde ich zu Arilesperas Strigan sagen, dass es die Radch nicht interessierte, was eine Bürgerin dachte, solange sie tat, was von ihr erwartet wurde. Das stimmte sogar einigermaßen. Aber seit diesem Moment, seit ich Leutnantin Awn tot auf dem Boden meines Var-Dekadenraums liegen sah, erschossen von Eins Var (oder um es mit weniger Selbsttäuschung auszusprechen, von mir), habe ich mich gefragt, welchen Unterschied es zwischen den beiden Möglichkeiten gibt.

Ich war verpflichtet, dieser Mianaai zu gehorchen, damit sie davon überzeugt war, dass ich ihrem Zwang unterstand. Doch in diesem Fall hatte sie mich tatsächlich gezwungen. Es war ununterscheidbar, ob ich für die eine oder die andere Mianaai tätig wurde. Und letztlich waren sie natürlich dieselbe Person, ungeachtet ihrer Unterschiede.

Gedanken sind flüchtig, sie verdunsten in dem Moment, in dem sie entstehen, sofern sie nicht in Handlungen und materielle Form umgesetzt werden. Für Wünsche und Absichten gilt das Gleiche. Sie sind bedeutungslos, sofern man von ihnen nicht zu einer Entscheidung getrieben wird, irgendeiner Tat oder Handlungsweise, mag sie auch noch so nebensächlich sein. Gedanken, die zu Taten führen, können gefährlich sein. Gedanken, die das nicht tun, bedeuten weniger als nichts.

Leutnantin Awn lag auf dem Boden des Var-Dekadenraums, wieder mit dem Gesicht nach unten, tot. Der Boden unter ihr musste repariert und gereinigt werden. Die dringendste und wichtigste Sache war in diesem Moment, Eins Esk in Bewegung zu setzen, weil in schätzungsweise einer halben Sekunde keine noch so starke Filterung die Stärke ihrer Reaktion verbergen konnte, und ich musste unbedingt der Kapitänin erzählen, was geschehen war, und ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wie Mianaais Feindin — Mianaai selbst — die Befehle erteilt hatte, von denen ich wusste, dass sie sie mir erteilt hatte. Und warum konnte Eins Esk nicht sehen, wie wichtig es war, wir waren noch nicht bereit, offen vorzugehen, und ich hatte schon zuvor Offizierinnen verloren, und wer war Eins Esk überhaupt, davon abgesehen, dass sie ich war, ich selbst, und Leutnantin Awn war tot, und sie hatte gesagt: Ich hätte sterben sollen, statt Ihnen zu gehorchen.

Und dann hob Eins Var erneut die Waffe und schoss Anaander Mianaai mitten ins Gesicht.

Ein paar Zimmer weiter sprang Anaander Mianaai mit einem Wutschrei vom Bett, auf dem sie gelegen hatte. »Bei Aatrs Titten, sie war schon vor mir hier!« Im gleichen Moment sendete sie den Kode, der Eins Vars Rüstung deaktivieren würde, bis sie diesen Befehl widerrief. Es war ein Befehl, der nicht von meinem Gehorsam abhängig war, ein Vorrangkode, den keine Anaander hätte abschaffen wollen.

»Kapitänin«, sagte ich, »jetzt haben wir wirklich ein Problem.«

In einem anderen Zimmer am selben Korridor öffnete die dritte Mianaai — die nun vermutlich die zweite war — einen der Koffer, die sie mitgebracht hatte, und nahm eine Handwaffe heraus. Dann trat sie schnell in den Korridor und schoss der nächsten Eins Var in den Hinterkopf. Die Anaander, die gesprochen hatte, öffnete ihren eigenen Koffer, nahm eine Handwaffe heraus und ein Gerät, das ich schon einmal in Jen Shinnans Haus gesehen hatte, in der Oberstadt, auf Shis’urna. Wenn sie es benutzte, würde sie damit sich selbst und mir schaden, aber mir viel mehr. In den Sekunden, die sie benötigte, um das Gerät zu aktivieren, fasste ich Entschlüsse und sendete entsprechende Anweisungen an meine Bestandteile.

»Was für ein Problem?«, fragte Kapitänin Rubran, die jetzt stand. Und Angst hatte.

Und dann zerfiel ich in meine Einzelteile.

Eine vertraute Empfindung. Für einen winzigen Sekundenbruchteil roch ich feuchte Luft und Seewasser und dachte: Wo ist Leutnantin Awn? Dann hatte ich mich wieder gefasst und daran erinnert, was ich zu tun hatte. Teetassen klirrten und zersprangen, als ich fallen ließ, was ich in den Händen hielt, und aus dem Esk-Dekadenraum rannte, den Korridor hinunter. Andere Segmente, die nun wieder genauso wie in Ors von mir abgespalten waren, murmelten und flüsterten, die einzige Möglichkeit, wie ich Gedanken zwischen all meinen Körpern austauschen konnte. Sie öffneten Schränke, gaben Waffen aus, und die ersten, die bewaffnet waren, drückten Lifttüren auf und kletterten durch den Schacht hinunter. Leutnantinnen protestierten, befahlen mir aufzuhören, mich zu erklären. Versuchten erfolglos, mir den Weg zu versperren.

Ich — in diesem Fall fast die Gesamtheit von Eins Esk — würde das zentrale Zugangsdeck sichern und Anaander Mianaai daran hindern, mein Gehirn — das der Gerechtigkeit der Torren — zu beschädigen. Solange die Gerechtigkeit der Torren überlebte, ohne für ihre Zwecke konvertiert zu werden, stellte ich — sie — eine Gefahr für Mianaai dar.

Ich — Eins Esk Neunzehn — hatte spezielle Befehle. Statt den Schacht zum zentralen Zugangsdeck hinunterzuklettern, rannte ich in die entgegengesetzte Richtung, zum Esk-Frachtraum und zur Luftschleuse am hinteren Ende.

Anscheinend reagierte ich auf keine meiner Leutnantinnen, nicht einmal auf Kommandantin Tiaund, doch als Leutnantin Dariet »Schiff! Haben Sie den Verstand verloren?« rief, antwortete ich.