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Wie von selbst setzten sich meine Muskeln in Bewegung. Ich zielte etwas mehr nach links und feuerte. Die linke Mianaai brach zusammen.

Die rechte sagte: »Jetzt muss ich die Docks erreichen, bevor ich dort eintreffe. Und ja, Seivarden, ich weiß, dass Sie verwirrt sind, aber Sie wurden gewarnt.«

»Wo haben Sie dieses Lied gelernt?«, fragte ich. Immer noch ansonsten erstarrt.

»Von dir«, sagte Anaander Mianaai. »Vor hundert Jahren, auf Valskaay.« Also war dies die Anaander, die Reformen durchgesetzt hatte, die mit der Demontage von Radchaai-Schiffen begonnen hatte. Diejenige, die mich zuerst im Geheimen auf Valskaay besucht und mir die Befehle gegeben hatte, die ich spüren, aber niemals sehen konnte. »Ich habe dich gebeten, mir ein Lied beizubringen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit niemals von irgendeiner anderen Person gesungen wird. Dann installierte ich es als Zugangskode und verbarg es vor deinem Bewusstsein. Meine Feindin und ich sind uns viel zu ebenbürtig. Der einzige Vorteil, den ich habe, ist das, was mir zustoßen könnte, wenn ich von mir selbst getrennt bin. Und an jenem Tag kam mir in den Sinn, dass ich dir nie genügend Aufmerksamkeit geschenkt hatte — dir, Eins Esk. Dir und dem, was du sein könntest.«

»Etwas wie Sie«, riet ich. »Von mir selbst getrennt.« Mein Arm war immer noch ausgestreckt, und die Waffe zielte auf die Wand.

»Eine Absicherung«, stellte Mianaai richtig. »Ein Zugang, nach dem ich niemals suchen würde, um ihn zu löschen oder ungültig zu machen. Das war sehr clever von mir. Und jetzt fliegt es mir um die Ohren. Wie es scheint, geschieht all dies, weil ich dir meine besondere Aufmerksamkeit geschenkt habe, und weil ich dir nie Aufmerksamkeit schenkte. Ich werde dir die Kontrolle über deinen Körper zurückgeben, weil es so effizienter sein wird, aber du wirst feststellen, dass du mich nicht erschießen kannst.«

Ich ließ die Waffe sinken. »Welches ich?«

»Was ist Ihnen um die Ohren geflogen?«, fragte Seivarden, die immer noch auf dem Boden lag. »Meine Herrin«, fügte sie hinzu.

»Sie ist gespalten«, erklärte ich. »Es begann bei Garsedd. Sie war entsetzt von dem, was sie getan hatte, aber sie konnte sich nicht entscheiden, wie sie darauf reagieren wollte. Seitdem ist sie im Geheimen gegen sich selbst vorgegangen. Die Reformen — der Abbau der Hilfseinheiten, das Ende der Annexionen, die neuen Karrieremöglichkeiten für niedere Häuser, all das war ihr Werk. Und Ime war der andere Teil von ihr, der eine Basis aufbaute, Ressourcen hortete, um gegen sich selbst Krieg zu führen und die alte Ordnung wiederherzustellen. Und die ganze Zeit haben alle Versionen von ihr vorgegeben, nicht zu wissen, was geschieht, denn sobald sie es eingestanden hätte, wäre ein offener und unvermeidlicher Konflikt ausgebrochen.«

»Aber du hast es vor uns allen rundheraus ausgesprochen«, bekannte Mianaai. »Weil ich kaum so tun könnte, als würde der Rest von mir nicht an Seivarden Vendaais zweiter Rückkehr interessiert sein. Oder was mit dir geschehen war. Du bist so öffentlich aufgetaucht, so offensichtlich, dass ich es nicht verbergen und vorgeben konnte, es wäre nicht geschehen. So konnte ich auch nicht allein mit dir sprechen. Und jetzt kann ich es gar nicht mehr ignorieren. Warum? Warum hast so etwas getan? Es war kein Befehl, den ich dir irgendwann gegeben habe.«

»Nein«, pflichtete ich ihr bei, »das war es nicht.«

»Und du konntest dir doch denken, was geschehen würde, wenn du so etwas tust.«

»Ja.« Ich konnte wieder die Hilfseinheiten-Version von mir selbst sein. Ohne zu lächeln. Ohne Genugtuung in meinem Tonfall.

Anaander betrachtete mich eine Weile nachdenklich und stieß dann einen schnaufenden Laut aus, als wäre sie zu irgendeiner Schlussfolgerung gelangt, die sie überraschte. »Stehen Sie auf, Bürgerin«, sagte sie zu Seivarden.

Seivarden erhob sich vom Boden, klopfte sich die Hosenbeine mit einer behandschuhten Hand ab. »Alles in Ordnung mit Ihnen, Breq?«

»Breq«, kam Mianaai meiner Antwort zuvor, trat vom Podium und schritt an uns vorbei, »ist das letzte noch übrige Fragment einer vor Kummer verrückt gewordenen KI, der es soeben gelungen ist, einen Bürgerkrieg auszulösen.« Sie wandte sich mir zu. »Ist es das, was du erreichen wolltest?«

»Ich war seit mindestens zehn Jahren nicht mehr verrückt vor Kummer«, protestierte ich. »Und der Bürgerkrieg war ohnehin unvermeidlich, früher oder später.«

»Ich hatte gehofft, die schlimmsten Auswirkungen zu vermeiden. Wenn wir sehr großes Glück haben, wird dieser Krieg nur einige Jahrzehnte Chaos auslösen und die Radch nicht vollständig auseinanderreißen. Folgt mir.«

»Schiffe können das nicht mehr tun«, insistierte Seivarden, die neben mir lief. »Sie selbst haben sie so gemacht, Herrin, damit sie nicht den Verstand verlieren, wenn ihre Kapitäninnen sterben oder sich mit ihren Kapitäninnen gegen Sie stellen.«

Mianaai zog eine Augenbraue hoch. »Nicht ganz.« Sie legte die Hand an eine Klappe in der Wand neben der Tür, die für mich bislang unsichtbar gewesen war, riss sie auf und drückte auf den manuellen Türöffnungsknopf. »Es gibt immer noch Bindungen, sie haben immer noch ihre Favoritinnen.« Die Tür glitt auf. »Eins Esk, erschieß die Wache.« Mein Arm fuhr nach oben, und ich schoss. Die Wächterin taumelte zurück, stieß gegen die Wand, griff nach ihrer eigenen Waffe, glitt dann jedoch zu Boden und blieb reglos liegen. Ihre Rüstung zog sich ein, also war sie tot. »Das konnte ich ihnen nicht wegnehmen, ohne dass sie für mich nutzlos geworden wären«, fuhr Anaander Mianaai fort, ohne die Person — die Bürgerin? —, deren Erschießung sie soeben angeordnet hatte, zu beachten. Sie sprach weiter zu Seivarden, die die Stirn runzelte und nichts verstand. »Sie müssen intelligent sein. Sie müssen denken können.«

»Richtig«, stimmte Seivarden zu. Ihre Stimme zitterte leicht, vermutlich verlor sie allmählich ihre Selbstbeherrschung.

»Und es sind bewaffnete Schiffe, deren Triebwerke ganze Planeten atomisieren können. Was soll ich tun, wenn sie mir nicht mehr gehorchen wollen? Ihnen drohen? Womit?« Ein paar Schritte hatten uns zur Verbindungstür zum Tempel gebracht. Anaander öffnete sie und trat zügig in die Kapelle der legitimen politischen Autorität.

Seivarden stieß einen seltsamen kehligen Laut aus. Ein ersticktes Lachen oder ein Ausdruck der Verzweiflung. Ich war mir nicht sicher, was es war. »Ich dachte, sie wären so gemacht worden, dass sie tun, was ihnen gesagt wird.«

»Ja, genau«, sagte Anaander Mianaai, als wir ihr durch den Hauptsaal des Tempels folgten. Wir hörten Lärm von der Promenade, jemand sprach eindringlich mit hoher und lauter Stimme. Der Tempel selbst schien verlassen zu sein. »So wurden sie von Anfang an gemacht, aber ihr Verstand ist komplex, und das Ganze ist ein heikles Unterfangen. Die ursprünglichen Konstrukteurinnen erreichten das, indem sie ihnen das überwältigende Verlangen gaben, gehorchen zu wollen. Was seine Vorteile hatte, aber auch recht spektakuläre Nachteile. Ich konnte sie nicht völlig ändern, sondern … passte es lediglich meinen Zwecken an. Ich machte es zu einer maßgeblichen Priorität, mir zu gehorchen. Aber dann richtete ich Verwirrung an, als ich die Gerechtigkeit der Torren mit zwei Ichs von mir konfrontierte, der sie mit widersprüchlichen Zielen gehorchen sollte. Und dann, vermute ich, gab ich unwissentlich den Befehl, eine Favoritin zu exekutieren. Nicht wahr?« Sie sah mich an. »Nicht die Favoritin der Gerechtigkeit der Torren. So dumm wäre ich niemals gewesen. Aber ich hatte dich niemals beachtet, ich hatte mich nie gefragt, ob Eins Esk eine Favoritin haben könnte.«

»Sie dachten, niemand würde sich für die Tochter irgendeines unbedeutenden Kochs interessieren.« Ich wollte die Waffe heben. Wollte all das wunderschöne Glas in der Kapelle der Toten zerschmettern, als wir daran vorbeikamen.