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»Und du glaubst, dass diese Sklaven von deiner Anwesenheit in Imardin hören würden, wenn mein ›Meister‹, wie du ihn nennst, Bescheid wüsste?«

»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich würde dieses Risiko lieber nicht eingehen.«

»Du kommst erst jetzt mit dieser Bitte. Ich hätte meinem Kunden bereits von dir erzählt haben können.«

»Hast du es getan?«

Er schüttelte den Kopf.

Sie lächelte, sichtlich erleichtert. »Das habe ich auch nicht angenommen. Du bist dir erst jetzt darüber im Klaren, dass ich tatsächlich tun kann, was ich versprochen habe. Also, sind wir im Geschäft, wie die Diebe sagen?«

Cery öffnete die Schublade seines Schreibtischs und nahm Savaras Messer heraus. Er hörte, wie sie den Atem einsog. Die in den Griff eingelassenen Juwelen funkelten im Licht der Lampe. Er schob die Waffe über den Tisch.

»Heute Nacht wirst du diesen Mann für uns ausspionieren. Das ist alles. Kein Mord. Bevor wir ihn töten, möchte ich sichergehen, dass er tatsächlich ist, was du von ihm behauptest. Als Gegenleistung werde ich, was dich betrifft, den Mund halten. Fürs Erste.«

Sie lächelte, und ihre Augen leuchteten vor Eifer. »Bis es so weit ist, werde ich in mein Zimmer zurückkehren.«

Cery beobachtete, wie sie zur Tür hinüberschlenderte, und sein Herzschlag beschleunigte sich. Wie viele Männer haben über diesen Gang – oder dieses Lächeln – den Verstand verloren?, fragte er sich. Ah, aber ich möchte wetten, dass einige von ihnen mehr verloren haben als nur den Verstand.

Mir wird das nicht passieren, dachte er. Ich werde sie sehr genau im Auge behalten.

Sonea schloss das Buch, das sie zu lesen versucht hatte, und sah sich in der Bibliothek um. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Ihre Gedanken wanderten immer wieder zu Akkarin und den Aufzeichnungen.

Es war eine Woche vergangen, seit er ihr die Bücher gegeben hatte, und er war noch nicht wiedergekommen, um sie sich zurückzuholen. Der Gedanke an das, was in ihrem Zimmer auf ihrem Pult lag, versteckt unter einem Stapel Notizen, war wie ein Juckreiz, der sich nicht bezähmen ließ, so sehr man sich auch kratzte. Sie würde erst dann Ruhe finden, wenn Akkarin sie sich zurückgeholt hatte.

Andererseits graute ihr davor, Akkarin wieder gegenüberzustehen. Ihr graute vor dem Gespräch, das diese Begegnung nach sich ziehen musste. Würde er ihr weitere Bücher bringen? Was würden sie enthalten? Bisher hatte er ihr nur Teile von in Vergessenheit geratener Geschichte gezeigt. Er hatte sie nicht gelehrt, wie man schwarze Magie benutzt, aber die Truhe, die der Chronist vergraben hatte – wahrscheinlich dieselbe Truhe, die von dem Architekten Lord Coren entdeckt und abermals vergraben worden war -, musste Informationen über die »geheime Waffe« der schwarzen Magie enthalten. Genug Informationen, um es einem Magier zu ermöglichen, diese verbotene Kunst zu erlernen. Was würde sie tun, wenn Akkarin ihr eins von diesen Büchern zu lesen gäbe?

Allein die Kenntnis schwarzer Magie war ein Verstoß gegen das Gesetz der Gilde. Wenn sie auf Anweisungen über deren Gebrauch stoßen sollte, würde sie auf der Stelle in ihrer Lektüre innehalten und sich weigern, weiterzulesen.

»Sieh mal, da ist Lord Larkin!«

Es war eine weibliche Stimme, und die Sprecherin musste in ihrer unmittelbaren Nähe stehen. Als Sonea sich umsah, bemerkte sie eine Bewegung am Ende eines Bücherregals. Sie konnte gerade noch ein Mädchen erkennen, das an einem der Fenster der Novizenbibliothek stand.

»Der Lehrer für Architektur und Baukunde?«, erwiderte ein anderes Mädchen. »Ich habe ihn noch nie weiter beachtet, aber du hast Recht, er sieht ziemlich gut aus.«

»Und er ist noch unverheiratet.«

»Nach allem, was ich höre, zeigt er allerdings nicht viel Interesse, etwas daran zu ändern.«

Ein Kichern folgte. Sonea beugte sich auf ihrem Stuhl vor. Das erste Mädchen kannte sie; es war eine Novizin aus dem fünften Jahr.

»Oh, und da drüben ist Lord Darlen. Der ist nett.«

Das andere Mädchen schnalzte anerkennend mit der Zunge. »Ein Jammer, dass er schon verheiratet ist.«

»Hmm«, pflichtete die erste Novizin ihr bei. »Und was hältst du von Lord Vorel?«

»Vorel? Du machst Witze!«

»Starke Krieger sind wohl nicht dein Typ, wie?«

Sonea vermutete, dass die beiden Mädchen Magier beobachteten, die auf dem Weg zum Abendsaal waren. Erheitert hörte sie zu, wie die beiden die Vorzüge vieler der jüngeren Magier erörterten.

»Nein… sieh mal… also, den würde ich nicht abweisen.«

»Oh ja«, stimmte die andere ihr mit gedämpfter Stimme zu. »Ah, jetzt ist er stehen geblieben, um mit Rektor Jerrik zu sprechen.«

»Allerdings ist er ein wenig… kalt.«

»Oh, ich bin davon überzeugt, dass er sich aufwärmen ließe.«

Die beiden Mädchen lachten hinterhältig. Dann stieß eines von ihnen einen sehnsüchtigen Seufzer aus. »Er ist so attraktiv. Ein Jammer, dass er zu alt für uns ist.«

»Ich weiß nicht«, erwiderte die zweite Novizin. »So alt ist er nun auch wieder nicht. Meine Cousine ist mit einem erheblich älteren Mann verheiratet worden. Man sieht es ihm vielleicht nicht an, aber der Hohe Lord ist höchstens dreiunddreißig oder vierunddreißig Jahre alt.«

Sonea versteifte sich vor Überraschung und Ungläubigkeit. Die beiden sprachen von Akkarin!

Aber dann fasste sie sich wieder. Die beiden konnten nicht wissen, was für ein Mensch er war. Sie sahen nur einen unverheirateten Mann, der rätselhaft und mächtig war und…

»Die Bibliothek wird gleich geschlossen.«

Sonea zuckte zusammen und stellte fest, dass Tya, die Bibliothekarin, durch den Gang zwischen den Bücherregalen auf sie zukam. Im Vorbeigehen warf Tya Sonea ein Lächeln zu. Die Mädchen am Fenster stießen einen letzten Seufzer aus und verließen den Saal.

Sonea erhob sich und räumte ihre Bücher und Notizen zusammen. Als sie sie aufnahm, hielt sie noch einmal inne und blickte zu dem Fenster hinüber. Ob er immer noch dort stand?

Sie trat an die Glasscheibe und spähte hinaus. Und tatsächlich, Akkarin und Jerrik waren noch immer in ein Gespräch vertieft. Akkarins Stirn war gefurcht. Obwohl seine Miene aufmerksam wirkte, verriet sie doch nichts von seinen Gedanken.

Wie können diese Mädchen ihn nur attraktiv finden?, fragte sie sich. Er war hart und anmaßend. Nicht strahlend und warmherzig wie Dorrien oder selbst der auf seine eigene, glatte Art gutaussehende Lord Fergun.

Wären die Mädchen, deren Gespräch sie belauscht hatte, nicht der Gilde beigetreten, hätte man sie zum Wohle der Familie verheiratet. Vielleicht hielten sie aus Gewohnheit oder aufgrund einer sehr langen Tradition immer noch Ausschau nach Macht und Einfluss. Sonea lächelte grimmig.

Wenn sie die Wahrheit wüssten, dachte sie, würden sie ihn ganz und gar nicht attraktiv finden.

Die Dunkelheit um Mitternacht war lastend und undurchdringlich. Eine dreistündige Kutschfahrt trennte sie von den Lichtern Capias. Einzig die Lampen der Kutsche erhellten die Straße vor ihnen. Dannyl, der in die Schwärze hinausstarrte, fragte sich, wie die Kutsche für die Bewohner der unsichtbaren ländlichen Häuser aussehen mochte; wahrscheinlich war sie nur eine bewegliche Ansammlung von Lichtern, die man auf viele Meilen hin erkennen konnte.

Der Wagen erreichte den Gipfel eines kleinen Hügels, und auf der Straße vor ihnen glomm in einiger Entfernung Helligkeit auf. Als sie näher kamen, sah Dannyl, dass es eine Lampe war, deren schwaches Licht die Vorderseite eines Gebäudes erhellte. Die Kutsche verlangsamte ihre Fahrt.

»Wir sind da«, murmelte Dannyl.

Er hörte, wie Tayend sich auf seinem Sitz aufrichtete, um aus dem Fenster zu blicken. Als die Kutsche schwankend vor dem Gebäude zum Stehen kam, gähnte der Gelehrte laut. Auf dem Schild des Ruhehauses stand zu lesen: »Gästehaus am Fluss: Betten, Mahlzeiten & Getränke«.