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»Architektur«, erwiderte sie. »Konstruktionsverfahren.«

Er zog eine Augenbraue leicht in die Höhe. »Das Formen von Steinen mittels Magie?«

»Ja.«

Er blickte sie nachdenklich an. Takan kehrte mit einem großen Tablett zurück, auf dem mehrere kleine Schüsseln standen. Diese stellte er auf den Tisch, bevor er wieder verschwand. Sonea wartete, bis Akkarin seine Auswahl unter den Speisen getroffen hatte, dann bediente auch sie sich.

»Ist dir der Stoff schwierig erschienen?«

Sonea zögerte. »Am Anfang schwierig, aber dann ging es leichter. Es ist… es hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Heilkunst.«

Er sah sie direkt an. »In der Tat. Und inwiefern unterscheidet es sich davon?«

Sie überlegte. »Den Steinen fehlt die natürliche Schranke des Widerstands, den der Körper hat. Die Steine haben keine Haut.«

»Das ist wohl wahr, aber man kann so etwas wie eine Schranke schaffen, wenn…« Er verstummte. Sie sah zu ihm auf und stellte fest, dass er den Blick stirnrunzelnd auf die Wand hinter ihr gerichtet hatte. Dann wandte er sich wieder ihr zu, entspannte sich und deutete auf den Tisch.

»Ich habe heute Abend noch eine Verabredung«, sagte er und schob seinen Stuhl zurück. »Lass dir den Rest des Essens schmecken, Sonea.«

Überrascht sah sie ihm nach, während er zur Tür hinausging. Gelegentlich kam sie zu ihrer allwöchentlichen Mahlzeit und fand nur Takan mit der guten Nachricht, dass der Hohe Lord verhindert sei, im Empfangssalon vor. Aber erst zweimal hatte Akkarin eine Mahlzeit vorzeitig beendet. Sie zuckte die Achseln und aß weiter.

Als sie mit ihrem Mahl fertig war, kam Takan zurück. Während er Teller und Schüsseln auf das Tablett räumte, beobachtete sie ihn aufmerksam und bemerkte eine winzige Falte über seiner Nasenwurzel.

Er wirkt beunruhigt, ging es ihr durch den Kopf.

Sie dachte wieder an die Spekulationen, denen sie sich auf dem Weg zur Residenz hingegeben hatte, und es lief ihr kalt den Rücken herunter. Befürchtete Takan, dass ein weiterer Assassine, der es auf Akkarin abgesehen hatte, in die Residenz eindringen könnte?

Plötzlich hatte sie nur noch den Wunsch, möglichst schnell wieder in die Universität zu gelangen. Sie stand auf und sah den Diener an. »Der Nachtisch ist nicht mehr nötig, Takan.«

Eine kaum merkliche Enttäuschung spiegelte sich in den Zügen des Mannes wider, und Gewissensbisse regten sich in Sonea. Takan mochte Akkarins treu ergebener Diener sein, aber abgesehen davon war er auch ein begnadeter Koch. Hatte er etwas zubereitet, das ihn mit besonderem Stolz erfüllte, und war nun enttäuscht, dass sie beide die Mahlzeit beendeten, ohne es gegessen zu haben?

»Ist es etwas, das… sich vielleicht ein paar Stunden hält?«, fragte sie ihn zögernd.

Er erwiderte flüchtig ihren Blick, und nicht zum ersten Mal blitzte darin eine scharfe Intelligenz auf, die sein respektvolles Betragen nicht vollständig verbergen konnte.

»Ja, das ist es, Mylady. Soll ich es auf Euer Zimmer bringen, wenn Ihr zurückkommt?«

»Ja«, erwiderte sie und nickte. »Danke.«

Takan verneigte sich.

Erleichtert verließ Sonea das Speisezimmer und trottete durch den Flur und die Stufen hinab. Wieder einmal fragte sie sich, welche Rolle Takan bei Akkarins Geheimnissen spielen mochte. Sie hatte gesehen, wie Akkarin von Takan Kraft geschöpft hatte, und zwar offensichtlich, ohne dass dieser dadurch geschädigt worden wäre. Und am Abend des Assassinenanschlags hatte Akkarin ihr erzählt, dass Takan aus Sachaka stamme. Das führte zu einer weiteren Frage: Wenn Sachakaner die Gilde hassten, warum war dann einer von ihnen der Diener des Hohen Lords?

Und warum nannte Takan Akkarin manchmal »Meister« statt »Mylord«?

Während Lorlen eine Bestellung für Baumaterial diktierte, traf ein Bote ein und übergab ihm ein kleines Stück Papier. Lorlen las es und nickte.

»Sag dem Stallmeister, er möge eine Kutsche für mich fertig machen.«

»Ja, Mylord.« Der Bote verbeugte sich und machte sich auf den Weg.

»Wieder ein Besuch bei Hauptmann Barran?«, fragte Osen.

Lorlen antwortete seinem Assistenten mit einem grimmigen Lächeln. »Ich fürchte ja.« Dann blickte er auf den Stift hinab, den Osen weiterhin erwartungsvoll über einen Bogen Papier hielt, und schüttelte den Kopf. »Ich habe den Faden verloren«, fügte er hinzu. »Ich werde den Brief morgen beenden.«

Osen trocknete die Tinte. »Ich hoffe, Barran hat den Mörder diesmal ausfindig machen können.« Dann verließ er zusammen mit Lorlen das Büro. »Guten Abend, Administrator.«

»Guten Abend, Osen.«

Lorlen sah dem jungen Magier, der sich über den Hauptflur der Universität auf den Weg zu den Magierquartieren machte, nachdenklich hinterher. Osen waren Lorlens regelmäßige Besuche bei der Stadtwache schon sehr bald aufgefallen. Der junge Mann war aufmerksam, und Lorlen hatte sich gehütet, Zuflucht bei komplizierten Ausreden zu suchen. Manchmal war die Wahrheit in kluger Dosierung besser als eine ausgemachte Lüge.

Er hatte Osen erklärt, Akkarin habe ihn gebeten, die Anstrengungen der Stadtwache bei der Suche nach dem Mörder zu verfolgen.

»Warum ausgerechnet Ihr?«, hatte Osen ihn gefragt.

Mit dieser Frage hatte Lorlen gerechnet. »Oh, ich brauchte noch irgendeine Beschäftigung in meiner Freizeit«, hatte er gescherzt. »Barran ist ein Freund meiner Familie. Er hat mir ohnehin von diesen Morden erzählt; wir brauchten daher unseren Gesprächen nur einen offiziellen Anstrich zu geben. Ich könnte auch jemand anderen hinschicken, aber ich bekomme die Informationen doch lieber aus erster Hand.«

»Darf ich fragen, aus welchem speziellen Grund die Gilde daran interessiert ist?«, hatte Osen nachgehakt.

»Das dürft Ihr«, hatte Lorlen mit einem Lächeln erwidert. »Aber ich darf Euch keine Antwort darauf geben. Denkt Ihr denn, dass es irgendeinen Grund gibt?«

»Wie ich gehört habe, glauben angeblich einige Leute in der Stadt, bei diesen Morden sei Magie im Spiel.«

»Und deshalb muss die Gilde die Sache im Auge behalten. Die Leute sollten das Gefühl haben, dass wir ihre Sorgen nicht einfach ignorieren. Wir müssen uns allerdings davor hüten, allzu starkes Interesse zu zeigen, sonst werden sie glauben, dass an diesen Gerüchten etwas Wahres sei.«

Osen hatte sich einverstanden erklärt, seine Kenntnis der Besuche Lorlens bei der Stadtwache für sich zu behalten. Wenn der Rest der Gilde erfuhr, dass Lorlen ein Auge auf Hauptmann Barrans Fortschritte bezüglich der Aufklärung der Mordfälle hatte, würde sie sich ebenfalls fragen, ob nicht Magie im Spiel sei.

Lorlen selbst war sich immer noch nicht sicher, ob dem tatsächlich so war. Vor über einem Jahr hatte es einen Fall gegeben, bei dem ein Zeuge vor seinem Tod noch hatte aussagen können, der Mörder habe ihn mithilfe von Magie angegriffen. Die Verbrennungen, die dieses Opfer davongetragen hatte, waren denen, die ein Hitzezauber hinterließ, sehr ähnlich gewesen. Aber seither hatte Barran keine weiteren Hinweise mehr darauf gefunden, dass der Mörder – oder die Mörder – Magie einsetzte.

Barran hatte sich bereit erklärt, Stillschweigen darüber zu bewahren, dass es sich bei dem Mörder möglicherweise um einen wilden Magier handeln könnte. Falls das nämlich bekannt würde, so hatte Lorlen ihm erklärt, würden der König und die Häuser eine Jagd wie damals erwarten, als sie nach Sonea gesucht hatten. Und die damalige Erfahrung hatte sie gelehrt, dass das Ausschwärmen der Gilde über die ganze Stadt einen wilden Magier nur in den Untergrund treiben würde.

Lorlen machte sich auf den Weg in die Eingangshalle. Von dort aus sah er bereits eine Kutsche von den Ställen her auf die Treppe vor der Universität zufahren. Als sie hielt, stieg er die Stufen hinab, nannte dem Kutscher sein Ziel und stieg ein.

Also, was wissen wir eigentlich?, fragte er sich selbst.

Über Wochen, manchmal Monate hinweg waren Opfer gefunden worden, die alle auf die gleiche Weise – nämlich mit einem Ritual, das an schwarze Magie denken ließ – ermordet worden waren. Dann gab es einige Monate lang keine derartigen Todesfälle mehr, bis eine neue Mordserie begann. Auch dabei handelte es sich um Ritualmorde, die sich allerdings in Einzelheiten von der letzten Serie unterschieden.