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Cernus lächelte. »Du gefällst mir, Attentäter«, sagte er. »Denn du machst keine Ausflüchte, du bist verschwiegen, du triffst deine eigenen Entscheidungen und schlägst nach Belieben zu.«

Ich schwieg.

»Ich bin dir darin ähnlich«, sagte Cernus. »Du wirst sehen, daß mein Haus wirklich großzügig ist. Du wirst heute nacht mitkommen und zum erstenmal begreifen, wie bedeutend mein Haus wirklich ist. Du wirst begreifen, wie klug es von dir war, dein Schwert mir zu verpflichten.«

»Was willst du mir zeigen?« fragte ich.

»Diene mir gut«, versetzte Cernus, »dann mache ich dich eines Tages zum Ubar einer Stadt.«

Ich starrte ihn verblüfft an.

»Ha!« lachte Cernus. »Da läßt sich sogar ein Attentäter erschüttern. Ja, Ubar einer Stadt, und die Stadt kannst du dir aussuchen – außer natürlich Ar, deren Thron ich selbst einnehmen werde, ich, Cernus!«

Ich schwieg.

»Du hältst mich natürlich für wahnsinnig. An deiner Stelle erginge es mir ebenso. Aber ich bin nicht wahnsinnig.«

»Ich halte dich nicht für wahnsinnig«, sagte ich.

»Gut«, entgegnete Cernus und deutete auf einen der Tarnkörbe.

Ich schwang mich in den Korb, den ich mit zwei Bewaffneten teilte.

Cernus und Ho-Tu flogen in einem anderen Korb.

Tarnkörbe gibt es in verschiedensten Ausführungen. Manche haben Zügeleinrichtungen zur Lenkung des Vogels, der dann natürlich keinen Sattel trägt. Andere sind einfache Lastenkörbe, wobei der Tarn von einem Tarnreiter im Sattel gelenkt werden muß. Die Körbe, in denen Cernus und ich standen, hatten Zügel, während die drei anderen Körbe an Vögeln hingen, die voll gesattelt waren.

Auch die Körbe selbst haben verschiedene Formen und Größen, je nach Verwendungszweck. Einige bilden nur flache Halterungen für Planken und dergleichen sperrige Güter, andere sind lang und zylindrisch, wieder andere sind mit Verrleder ausgeschlagen, zum Transport von Flüssigkeiten. Schließlich gibt es noch eine ganz gewöhnliche Korbform, für verschiedene Zwecke verwendbar, etwa einen Meter im Quadrat und anderthalb Meter tief – und in solchen Körben standen wir jetzt, als Cernus das Zeichen gab.

Ich spürte, wie mein Korb auf seinen schweren Lederpolstern über das Dach schurrte, dann plötzlich absackte, daß sich einem der Magen umdrehte, um im nächsten Augenblick von den Seilen wieder hochgerissen zu werden. Schließlich hatte sich der mächtige Tarn an seine Last gewöhnt und zog den Korb elegant hinter sich her.

Wir flogen etwa eine Ahn lang und folgten schließlich dem führenden Tarn hinab und landeten einer nach dem anderen auf einem steilen Felsvorsprung, der sich scheinbar in nichts von zahlreichen anderen Plateaus unterschied, die wir bereits passiert hatten. Die Tarns wurden mit ihren Körben unter die vorspringende Felswand gezogen, und wir warteten. Niemand sprach.

Etwa zwei Ahn lang standen wir in der Kälte. Dann hörte ich einen der Bewaffneten sagen: »Dort!«

Die schwarze Scheibe erschien, langsam nur, als müsse sie sich vorantasten. Sie sank zwischen den Gipfeln tiefer und näherte sich anmutig unserem Felsvorsprung.

»Seltsam, daß die Priesterkönige so verstohlen vorgehen müssen«, flüsterte einer der Männer neben mir.

»Du darfst den Willen der Priesterkönige nicht anzweifeln.«

Ich war verblüfft.

Etwa hundert Meter entfernt verhielt das Schiff frei in der Luft fast sechshundert Meter über dem Talgrund und rührte sich nicht mehr vom Fleck.

»Hundertmal habe ich das nun schon gesehen«, sagte Ho-Tu langsam, »und immer wieder kommt es mir seltsam vor. Das Gebilde ist ein Schiff.

Aber, es schwimmt nicht auf dem Wasser. Es schwimmt am Himmel.

Wie ist so etwas möglich?«

»Das ist die Macht der Priesterkönige«, flüsterte einer der Bewaffneten.

Cernus zog nun einen kleinen flachen Kasten unter seinem Umhang hervor und drückte einen Knopf. Ein winziges Licht blitzte zweimal rot, dann grün und noch einmal rot auf. Nach kurzer Pause kam vom Schiff ein Antwortsignal, das mit zwei roten Zeichen abschloß.

Das Schiff begann sich nun dem Felsvorsprung zu nähern und ließ sich darauf nieder, ohne ihn wirklich zu berühren. Es war scheibenförmig wie die Fahrzeuge der Priesterkönige, hatte jedoch Beobachtungsöffnungen, die ich bei den Priesterkönigen noch nie gesehen hatte. Das Fahrzeug maß etwa zehn Meter im Durchmesser und war vielleicht zweieinhalb Meter hoch, Cernus musterte mich. »Wenn du ein Wort von dem verrätst, was du heute abend siehst, bist du des Todes«, sagte er.

Eine Luke in der Flanke des schwarzen Schiffs öffnete sich, und der Kopf eines Mannes erschien.

Ich weiß nicht, was ich zu sehen erwartet hatte – ich war jedenfalls sehr erleichtert. Meine Hand lag schwitzend auf dem Schwertgriff.

»Die Reise war angenehm, hoffe ich«, sagte Cernus und steckte das Signalgerät ein.

Der Mann, der eine einfache Tunika und Sandalen trug, sprang heraus.

Sein Haar war fast schwarz und kurzgeschnitten; sein Gesicht wirkte intelligent, hatte jedoch einen harten Zug. Auf seiner rechten Wange schimmerte das Brandzeichen der Kaste der Diebe aus Port Kar.

»Schau«, sagte der Mann zu Cernus und führte ihn um das Schiff. Dort war ein Stück der Außenhülle seltsam verformt und verfärbt.

»Ein Patrouillenschiff«, sagte der Fremde.

»Ihr habt Glück gehabt«, bemerkte Cernus. »Hast du das Gerät mit?«

»Ja.«

Kaum einer von den Männern auf dem Felsvorsprung reagierte sonderlich überrascht auf die Ankunft des Schiffs; ich nahm an, daß sie es oder andere Schiffe gleichen Typs schon mehrfach gesehen hatten.

Ich nahm auch an, daß außer Cernus – und mir – niemand begriff, was hier in Wirklichkeit vorging.

»Was sagst du jetzt?« wandte sich Cernus plötzlich an mich.

»Die Macht des Hauses Cernus ist wirklich gewaltig«, erwiderte ich.

Der Mann aus dem Schiff, der offenbar schnell weiterfliegen wollte, reichte jetzt einen kleinen, aber offensichtlich schweren Kasten heraus.

Cernus ließ es sich nicht nehmen, den Behälter selbst zu seinem Korb zu tragen, wies Ho-Tu an, einzusteigen, dann flogen sie in Richtung Ar davon.

Ich vermutete, daß das wichtigste Gut, was immer es gewesen sein mochte, bereits entladen war – der kleine Kasten, der nun auf dem Wege zum Haus des Cernus war.

»Beeilt euch!« rief der Mann mit der Diebsnarbe. Die Männer aus Ar bildeten eine Kette vor der Schiffsluke und nahmen Verschiedene Kisten und Pakete in Empfang, die sie in den Körben der Tarns verstauten. Zu meiner Überraschung erkannte ich englische, französische, deutsche, arabische und chinesische oder japanische Aufschriften. Ich nahm jedoch an, daß nicht alle Kisten Waren von der Erde enthielten; manche Güter mochten auch aus Schiffen der Anderen stammen und waren sicher nur über die Erde umgeleitet worden. Auch ein langes Gewehr mit Zielfernrohr befand sich Unter den Gutem.

»Was ist denn das?« fragte einer der Bewaffneten.

»Eine neumodische Armbrust«, sagte der Fremde mit der Diebsnarbe und drehte sich um.

»Ah«, sagte ein anderer Tarnreiter, als der Mann am Schiff nun Goldscheiben auszuladen begann. Solche Fracht kannten die Männer auf dem Felsvorsprung. Es war eine Menge Gold, vielleicht vierzig Barren, die auf die vier verbleibenden Tarnkörbe verteilt wurden.

Vermutlich handelte es sich um irdisches Geld – ein Vermögen, das es dem Haus Cernus ermöglichen sollte, Einfluß in der Stadt zu gewinnen, indem es Spiele und Rennen finanzierte und, wenn nötig, andere Kaufleute in den Preisen unterbieten konnte.

»Wie viele Sklaven?« wurde gefragt.

»Zehn«, sagte der Fremde.

Ich sah zu, wie zehn zylindrische Röhren, die offenbar aus durchsichtigem Plastik bestanden, entluden wurden. Jede enthielt ein bewußtloses Mädchen von aparter Schönheit. Es handelte sich zweifellos um Mädchen, die auf der Erde entführt worden waren, um in Ar als Sklavinnen verkauft zu werden.

Die Zylinder wurden geöffnet, die Mädchen herausgehoben und die Behälter wieder in das Schiff getragen. Der Mann mit der Diebsnarbe näherte sich den bewußtlosen Gestalten und gab jeder eine Injektion.