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Mip ließ seinen Tarn starten und steuerte ihn zwischen die Zylinder; ich folgte ihm.

Als ich zum erstenmal die Zügel betätigen wollte, erlebte ich eine Überraschung. Ich zog zu fest an, und der Tarn bog so plötzlich ab, daß ich in meine Gurte gepreßt wurde; die breiten schnellschlagenden Flügel des Renntarns gestatten Drehungen und Wendungen, die bei den schweren Kriegstarns undenkbar sind. Mit einem kleinen Ruck am zweiten Zügel führte ich den Vogel wieder nach oben und schloß mit Mip auf.

Die Lichter Ars, die Laternen auf den Brücken huschten vorüber, die Zylinderdächer wirbelten aus der Dunkelheit heran und fielen zurück.

Schließlich wendete Mip sein Tier, zog es zur Landung hinab und setzte es auf einer Stange über den höchsten Tribünen des Tarnstadions auf, in dem ich an diesem Nachmittag die Rennen beobachtet hatte.

Das Stadion war leer. Die Menschenmenge hatte sich verlaufen. Die langen, gewundenen Tribünenterrassen schimmerten weiß im Licht der drei Monde. Unrat lag herum, der vor den Rennen des nächsten Tages entfernt werden würde. Das lange Netz unter den Ringen war eingerollt.

Die angemalten hölzernen Tarnköpfe, die die Rennrunden anzeigten, ruhten düster und einsam auf ihren Masten. Der Sand des Stadions schimmerte hell im Mondlicht, ebenso die breite Trennwand. Ich blickte zu Mip hinüber.

»Warte hier«, sagte er.

Mip lenkte sein Tier in das gewaltige Oval hinab. Der Grüne Ubar bildete einen verschwommenen, dunklen Schatten vor dem hellen Sand und den Tribünen. Der Vogel ließ sich auf der ersten Startstange nieder.

Mit mächtigen Flügelschlägen startete der Tarn von seiner Stange – Mip hatte sich tief nach vorn gebeugt – und huschte auf den ersten Ring zu, den ersten der drei riesigen Metallvierecke vor den runden Ringen in der Kurve. Verblüfft sah ich das Tier die Hindernisse elegant nehmen und mit unglaublicher Geschwindigkeit auf der Gegenbahn zurückkommen, den Schnabel weit vorgereckt. Mip hing tief über dem Rücken. Er zog das Tier in einer weiten, ausschwingenden Schleife durch die drei runden Ringe, und es landete mit ausgestreckten Füßen auf der letzten Stange, im Ziel des Siegers.

Mip und der Vogel verhielten einen Augenblick, dann startete der Tarn erneut und hielt auf mich zu. Nach wenigen Sekunden landete Mip neben mir.

Wir schauten noch einige Ehn auf das Stadion hinunter und kehrten schließlich in den Tarnstall zurück.

Als wir die Vögel abgesattelt und angekettet hatten, trat ich noch einmal auf die Tarnstange, die aus der Außenmauer des Zylinders ragte.

»Dieser Abend hat mir Spaß gemacht, Mip«, sagte ich.

»Das freut mich«, sagte er.

Ich drehte mich nicht um. »Ich möchte dir noch eine Frage stellen«, sagte ich. »Aber du brauchst sie nicht zu beantworten, wenn du nicht möchtest.«

»Bitte sehr.«

»Du weißt, daß ich auf der Jagd bin.«

»Angehörige der Schwarzen Kaste jagen meistens. Es ist ihr Beruf.«

»Weiß du, ob in diesem En'Var ein Angehöriger der Grünen in Ko-ro-ba gewesen ist?«

»Ja.«

Ich wandte mich um.

»Ich weiß das nur von einem«, sagte Mip. »Ich war En'Var in Ko-ro-ba.«

In Mips Hand sah ich einen kleinen Dolch, ein Wurfmesser, wie es in Ar hergestellt wird; die Klinge war nur auf einer Seite geschliffen.

»Ein interessantes Messer«, sagte ich.

»Alle Tarnzüchter tragen Messer«, sagte Mip und spielte mit der Klinge.

»Heute nachmittag«, sagte ich, »sah ich bei den Rennen, wie ein Reiter mit einem Messer seine Sicherheitsgurte durchschnitt. Sein Vogel war abgestürzt.«

»Das hat er wahrscheinlich mit einer solchen Klinge getan.«

»Kannst du mit dem Messer umgehen?«

»Ja, ich glaube schon«, sagte Mip. »Ich könnte auf dreißig Schritte das Auge eines Tarn treffen.«

»Dann bist du sehr geschickt.«

»Kennst du dich mit solchen Messern aus?« wollte Mip wissen.

»Nicht besonders.» Ich gab mich gelassen, doch ich war auf das Äußerste angespannt. Ich wußte, er konnte das Messer werfen, ehe ich ihn erreichte, ehe ich das Schwert ziehen konnte. Die Höhe der Tarnstange über dem Boden war mir. bewußt.

»Möchtest du dir das Messer einmal ansehen?« fragte Mip.

»Ja.«

Mip warf mir die Klinge unter der Hand zu, und ich fing sie auf. Fast hätte mein Herzschlag ausgesetzt.

Ich untersuchte das Messer, prüfte seine Balance, den Griff, die schräge Klinge.

»Komm lieber herein«, sagte Mip. »Es ist gefährlich da draußen.«

Ich warf ihm das Messer zurück und balancierte auf der schmalen Stange ins Haus. Wenige Ehn später hatte ich den Zylinder verlassen und kehrte in das Haus des Cernus zurück.

12

Bei meinem Eintritt in das Haus des Cernus kam ich an der schweren verriegelten Tür vorbei, die in den Korridor mit der Luxuszelle führte – zu der Zelle, in der Cernus seine besonderen Gefangenen unterbrachte.

Ich war überrascht, nun vier Wächter vor dem Durchgang zu erblicken.

Als ich in unser Quartier kam, lag Elizabeth schlafend auf der Matte vor der Couch. Der Abendwächter hatte ihr in meiner Abwesenheit den Sklavenkragen umgelegt. Wenn ich im Quartier war, wurde auf diese Maßnahme verzichtet.

Ich trat ein, schloß die Tür und legte die Balken vor.

Kettenrasselnd richtete sich Elizabeth auf. Ich nahm ihr die Fesseln ab.

Sie rümpfte mißtrauisch die Nase. »Du bist wieder in den Bädern gewesen«, sagte sie.

»Stimmt.«

»Am Becken der Blauen Blumen?«

»Ja.«

»Sind die Mädchen dort hübsch?«

»Nicht so hübsch wie du.«

»Du bist ein süßer Lügner«, sagte sie und blickte zu mir auf. »Du nimmst mich doch eines Tages mit zum Becken der Blauen Blumen, ja?«

»Es gibt viele schöne Becken in den Capacischen Bädern.«

»Du Scheusal«, lächelte sie und küßte mich. Dann kniete sie sich auf die Matte, und ich ließ mich ihr gegenüber nieder. »Während du dich am Becken der Blauen Blumen herumgetrieben hast, wurde ich von Caprus angesprochen«, sagte sie.

Ich hob überrascht den Kopf. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte uns der große, knochige Schriftgelehrte, der einen ausgesprochen mürrischen Eindruck machte, keine Informationen gegeben.

»Er hat gesagt«, berichtete Elizabeth, »daß er endlich den Kammersklaven in den Privatgemächern Cernus' bestechen konnte. So hat er dort nun jederzeit Zutritt. Die von uns gesuchten Unterlagen befinden sich natürlich nicht in Caprus' Büro.« »Das ist aber sehr gefährlich«, sagte ich.

»Er sagt, er braucht vielleicht Zeit. Er hat viele Notizen und Landkarten gefunden, aber es dauert Monate, sie zu kopieren. Er will sich auch nicht für lange Zeiträume von seiner Arbeit entfernen.«

»Sind die Landkarten klar?« fragte ich. »Und die Notizen – sind sie auf Goreanisch geschrieben?«

»Er hat beides bejaht.«

»Das ist interessant«, bemerkte ich. Ich sagte Elizabeth nicht, daß ich eigentlich erwartet hatte, die Landkarten und Notizen würden verschlüsselt sein.

»Es ist dann unser Problem, die Kopien ins Sardargebirge zu schaffen.«

»Das dürfte nicht weiter schwierig sein«, sagte ich, »denn wir können uns innerhalb und außerhalb des Hauses frei bewegen, und wenn du nach deinem Training von Zeit zu Zeit bei Caprus arbeitest, kannst du auch gelegentlich verschwinden.«

»Ich hatte mir nicht gedacht, daß es so leicht sein würde.«

»Ich auch nicht.« Der Grund, warum Elizabeth und ich in das Haus des Cernus eingeschleust worden waren, lag in der Annahme, daß Caprus die benötigten Dokumente nicht selbst beschaffen konnte. So hatten wir angenommen, daß ich mir als Söldner und Elizabeth sich als bedienstete Sklavin irgendwie Zugang zu den fraglichen Unterlagen verschaffen würden.

»Trotzdem kommt mir die Zeit sehr lange vor – Monate!«

»Ja.«

»In dieser Zeit können die Anderen ihr Werk fortsetzen, neuen Einfluß gewinnen, neue Stationen errichten, vielleicht auch Waffenlager.«

Sie nickte.