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Ich besuchte die Spiele nur einmal; dabei hatte ich das Glück, Murmilius kämpfen zu sehen. Er war ein außergewöhnlich großer Mann und ein überlegener Schwertkämpfer. Murmilius focht stets allein, niemals in einer Gruppe, und bei über hundertfünfzehn Kämpfen, manchmal drei oder vier Wettbewerbe am Nachmittag, war er noch nie unterlegen gewesen. Mir ist nicht bekannt, ob er ursprünglich Sklave gewesen ist, doch wenn das der Fall gewesen wäre, hätte er sicherlich seine Freiheit inzwischen zehnmal verdient; aber immer wieder kehrte er in den Sand der Arena zurück, das Schwert in der Hand. Wahrscheinlich war es das Gold des Sieges oder die Freudenschreie der Menge, die Murmilius immer wieder ins Sonnenlicht der Arena lockten.

Und doch war er ein Rätsel in Ar, und es schien wenig über ihn bekannt zu sein. Auf die Zuschauer bei den Spielen übte er eine merkwürdige Faszination aus. Vor allem tötete er niemals einen Gegner, obwohl seine Kontrahenten oft so zugerichtet waren, daß sie nie wieder kämpfen konnten. An dem Nachmittag, als ich ihn sah, verlangte die Menge brüllend den Tod seines Opfers, das blutüberströmt im Sand lag und zwischen seinen Beinen um Gnade flehte. Murmilius hatte nur sein Schwert gehoben, als wollte er den Mann töten, die Menge schrie auf, und Murmilius warf den Kopf in den Nacken und lachte, steckte das Schwert in die Scheide und verließ die Arena. Das Publikum hatte enttäuscht gemurmelt, doch als sich Murmilius vor dem Tor nach draußen noch einmal umdrehte, sprangen alle auf und feierten ihn begeistert, denn er hatte sich ihnen widersetzt, der Wille dieses hunderttausendköpfigen Wesens auf den Tribünen hatte ihm nichts bedeutet, und die Menge brüllte ihr Lob, bewunderte ihn, und er verschwand in der Dunkelheit der Räume unter dem Stadion. Sogar das Gesicht Murmilius' war nicht bekannt, denn er setzte nie den großen Helm ab, der seine Züge verbarg; Murmilius war unbestrittener Champion jener, die sich für die Spiele in Ar interessierten.

Claudia Tentia Hinrabia war fast zwei Monate in ihrer Zelle festgehalten worden, eine Zeit, die besonders Cernus genossen hatte. Jetzt war es schon einige Monate her, daß sie nach Tor gebracht worden war, wo sie den Gerüchten zufolge in der neunten Passage-Hand öffentlich verkauft wurde. Man nahm an, daß sie innerhalb von zwei Monaten wieder in Ar auftauchen würde. Ihr Verkauf war ganz offen vor sich gegangen, und es war anzunehmen, daß sie ihre neuen Herren von ihrer hohen Abkunft überzeugen konnte und von der Möglichkeit, in Ar ein hohes Lösegeld zu erzielen. Wenn es nicht dazu kam, wollte ein Agent Cernus' ein gutes Angebot machen, unter dem Vorwand, er sei von ihrer Identität überzeugt, und sie hastig nach Ar zurückbringen.

Die Zeit schien mir mit unglaublicher Langsamkeit zu vergehen. Ar liegt in Gors nördlicher Hemisphäre; die langen kalten Regenfälle des Winters, die Düsterkeit der Tage, der gelegentliche Schnee – das alles bedrückte mich. Jeden Tag ärgerte ich mich über die Zeit, die sinnlos verrann. Ich sprach wieder mit Caprus, der sich nun schon gereizt gab, seinen Standpunkt wiederholte und sich auf kein Gespräch mehr mit mir einlassen wollte.

Aus Langeweile verfolgte ich zuweilen das Training der Mädchen.

Suras Trainingsraum lag direkt neben ihrem Privatquartier. Er war mit Holz ausgeschlagen, hatte in einer Ecke eine Sandarena, ein Musikerpodest und mehrere Wandgeländer wie in einem Ballettraum.

Eine ganze Wand des Raums bestand aus einem einseitig lichtdurchlässigen Spiegel, durch den man das Training unbemerkt verfolgen konnte. Ich setzte mich jedoch meistens ganz offen in eine Ecke. Auch mehrere andere Männer ließen sich mehr oder weniger regelmäßig sehen. Meine Aufmerksamkeit galt besonders zwei jungen Kriegern, die noch nicht lange im Haus waren. Sie hießen Relius und Ho-Sorl. Sie machten einen sehr guten Eindruck und gehörten offenbar zu den Neueinstellungen der letzten Wochen. Das Personal war bewußt verstärkt worden, um für die Belebung des Geschäfts im Frühling gerüstet zu sein.

Höhepunkt des Geschäftsjahres für einen Sklavenhändler sind die fünf Tage der Fünften Passage-Hand, im Spätsommer, die allgemein das Liebesfest genannt werden. Dies ist die beste Zeit für Sklavenverkäufe.

Ich wußte, daß Cernus Elizabeth und die beiden anderen Mädchen bei dieser Gelegenheit verkaufen wollte. Es wird als glücksbringend angesehen, ein Mädchen zu dieser Zeit zu kaufen, die Preise sind also höher. Ich hoffte mich jedoch lange vor dem Ereignis mit Elizabeth und Caprus aus dem Haus Cernus absetzen zu können.

Das Ziel der anstrengenden Ausbildung war die Gewöhnung daran, sich als Sklavenmädchen zu sehen. Das Training erforderte Geduld, Zeitgefühl, Wendigkeit, Urteilsvermögen, Gehorsam, Schnelligkeit, Unterwürfigkeit. Und Sura war eine strenge Lehrerin. Mehr als einmal kam Elizabeth abends weinend in mein Quartier, überzeugt, ihre strenge Lehrerin niemals zufriedenstellen zu können.

In den Stunden, die Virginia und Phyllis nicht im Ausbildungssaal verbrachten – das tägliche Training umfaßte nur fünf Ahn – wurden sie besonders am Anfang intensiv mit der goreanischen Sprache vertraut gemacht. Elizabeth dagegen verbrachte ihre Freizeit bei Caprus im Büro.

Als die beiden Mädchen sprachliche Fortschritte machten, durften sie sich auch frei im Haus bewegen, was sie mit Begeisterung taten. Da Elizabeth die einzige war, die sozusagen ein Privatquartier hatte, kamen die beiden anderen so oft wie möglich in meinen Raum, wo Elizabeth sich mit ihnen auf Goreanisch unterhielt; sie ließ sich nicht anmerken, daß sie und ich Englisch sprachen. Bei diesen Zusammenkünften setzte ich mich oft ab, blieb aber auch einige Male dort. Elizabeth redete den Mädchen ein, daß sie mich nicht zu fürchten brauchten; sie brachte sie zu der Überzeugung, sie, Elizabeth, habe mir so gut gedient, daß sie im gewissen Grade meine Zuneigung gewonnen hatte. Sie wußte wahrscheinlich nicht, wie wahr das war.

Einmal, als die drei Mädchen in meinem Quartier zusammensaßen, hatte mich Virginia scheu angesehen und gefragt, ob ich den Namen des blonden Kriegers wisse, des Mannes mit den blauen Augen, der gelegentlich beim Training zusehe.

»Relius«, sagte ich.

»Oh«, erwiderte sie und senkte den Blick.

»Der Bursche, der ihn oft begleitet«, fügte ich hinzu, »heißt Ho-Sorl.«

»Der Häßliche?« fragte Phyllis. »Der mit dem schwarzen Haar und der Narbe im Gesicht?«

»Ich halte ihn nicht für häßlich«, wandte ich ein. »Aber du meinst sicher denselben. Er hat schwarzes Haar und eine Narbe auf der Wange.«

»Ich kenne ihn«, sagte Phyllis. »Er starrt mich immer so aufdringlich an.

Ich verachte ihn!«

»Ich hatte aber heute morgen den Eindruck«, sagte Elizabeth, »als wolltest du allein für ihn tanzen.«

»Das stimmt nicht!« versetzte Phyllis heftig.

»Und gestern«, sagte Elizabeth lachend und klatschte in die Hände, »als Sura ihn bat, aufzustehen, damit eine von uns ihm den Sklavenkuß geben könnte, bist du zuerst aufgesprungen.«

»Ich habe noch niemanden so schnell laufen sehen«, nickte Virginia.

»Das stimmt nicht!« rief Phyllis ärgerlich.

»Vielleicht kauft er dich«, sagte Elizabeth.

»Nein!« sagte Phyllis entsetzt.

»Glaubst du, daß wir im Curuleum versteigert werden?« wandte sich Virginia an mich.

»Das hat Cernus offenbar vor.«

»Ich möchte wissen«, sagte Virginia versonnen, »ob jemand wie Relius mich kauft.«

»Vielleicht«, sagte Elizabeth.

Das Training der Sklavenmädchen nahm seinen Fortgang. Es hatte nach den ersten Übungen mit Kleinigkeiten begonnen wie die Unterweisung im richtigen Stehen, Gehen, Knien, Vorbeugen, Essen und Trinken. Anmut und Schönheit sind nach Sura – und ich beugte mich gern ihrem Urteil – hauptsächlich eine Sache des Ausdrucks, sowohl des Gesichts als auch des Körpers. Woche für Woche konnte ich verfolgen, wie sich die Mädchen, sogar Elizabeth, veränderten. Manche Dinge, die ihnen beigebracht wurden, kamen mir recht dumm vor, doch ich vermochte keine Einwände zu erheben.

»Paß mal auf«, sagte Elizabeth eines Abends in unserem Quartier. »Hier ist die zwölfte Methode, ein Zimmer zu betreten.«