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»In Ar hat es noch nie ein Sklavenmonopol gegeben«, bemerkte Kuurus.

»Aber das wird nun angestrebt«, erwiderte Portus bekümmert. »Und was das in bezug auf die Ware und die Preise bedeutet, kannst du dir sicher vorstellen. Schon jetzt haben die kleineren Häuser Schwierigkeiten, erstklassige Sklaven zu finden, und wenn wir sie schließlich auftreiben, werden wir unterboten.«

»Wie ist das möglich?«

»Ich habe lange darüber nachgedacht«, sagte Portus. »Ich kenne das Geschäft gut, die Kosten für Informationen, Organisation, Planung, Einkauf, Transport und Absicherung, die Versorgung und die Ausbildung der Ware, die Wächter, die Kosten der Auktionen, die Steuern auf die Verkäufe, die Lieferungen in ferne Städte. Dabei hat dieses andere Haus ein großes Personal und überhaupt die größte Anlage in der Stadt. Nein, diese Leute müssen eine Einkommensquelle haben, die außerhalb des regulären Geschäfts liegt. Und noch etwas ist mir aufgefallen.«

»Ja?«

»Ich finde es seltsam, wie viele Barbarenfrauen von diesem Haus zur Auktion gebracht werden.«

»Aber auf Gor gibt es doch viele Barbarenfrauen.«

»Aber bedenke die Kosten, eine Barbarenfrau einzufangen und ausbilden zu lassen – und gewöhnlich ist dafür auch weniger zu erzielen! Außerdem geht es hier nicht um gewöhnliche Barbarenfrauen.«

Kuurus hob den Kopf.

»Nur wenige von ihnen kennen sich in der goreanischen Sprache aus«, sagte Portus. »Und sie benehmen sich seltsam, als hätten sie noch nie einen Sklavenkragen gesehen. Sie sind schön, aber auch dumm.«

»Ich vermute«, sagte Kuurus, »daß du mein Schwert mieten möchtest, damit du vor den Männern und Absichten dieses anderen Sklavenhauses geschützt bist.«

»Das stimmt«, sagte Portus. »Wenn Gold nichts mehr nützt, kann nur noch der Stahl sprechen.«

»Du sagst, dieses andere Haus sei das größte und reichste und mächtigste Haus an der Straße der Sklaven?«

»Ja.«

»Wie lautet sein Name?« fragte Kuurus.

»Das Haus des Cernus.«

»Ich werde mein Schwert vermieten«, sagte Kuurus.

»Gut!« rief Portus und stützte mit blitzenden Augen die Hände auf den Tisch. »Gut!«

»An das Haus des Cernus«, sagte der Attentäter.

Portus machte große Augen und begann zu zittern. Er stand unsicher auf und taumelte einige Schritte zurück, wobei er den Kopf schüttelte.

Schließlich drehte er sich um und floh aus der Taverne.

Als er ausgetrunken hatte, stand Kuurus auf und ging in die dunkle Ecke des Raums, wo das Mädchen hockte. Er öffnete ihren Kragen und schob sie zur Theke. »Siebenundzwanzig«, sagte der Wirt mit einer Daumenbewegung.

Kuurus gab dem Mädchen ein Zeichen, vorauszugehen, und wie betäubt gehorchte sie, durchquerte das Lokal, drängte sich zwischen den Tischen hindurch und blieb vor der schmalen Leiter an einem Ende der hohen Wand stehen, in der sich die Nischen befanden. Wortlos und mit eckigen Bewegungen stieg sie die Sprossen hinauf und trat auf das Sims vor dem Alkoven 27. Kuurus folgte, schob sie hinein und schloß den Vorhang hinter sich.

Die Nische war nur etwa anderthalb Meter hoch und breit. Eine winzige Lampe in einer Ecke lieferte die Beleuchtung. Der ganze Raum war mit roter Seide und Fellen ausgeschlagen.

Das Verhalten des Mädchens änderte sich plötzlich. Sie ließ sich auf den Rücken rollen und betrachtete den Mann vielsagend. »Ich begreife nun, warum freie Frauen nicht in Pagatavernen gehen.«

»Gefällt es dir hier?« fragte Kuurus.

»Na«, sagte sie schüchtern. »Man fühlt sich hier so ... naja ...«

»Genau«, sagte Kuurus und betastete ihren Sklavenkragen, der über dem Stahlring gelb emailliert war. Er trug die Inschrift: Ich gehöre dem Haus des Cernus.«

»Ich würde gern den Kragen entfernen«, sagte er.

»Leider ruht der Schlüssel im Haus des Cernus.«

»Du hast dich da auf etwas Gefährliches eingelassen, Elizabeth«, sagte Kuurus.

»Du mußt mich Vella nennen, denn mit diesem Namen werde ich gerufen.«

Er umarmte sie, und sie küßte ihn. »Du hast mir gefehlt, Tarl Cabot.«

»Du hast mir ebenfalls gefehlt«, versicherte ich und küßte sie.

»Wir müssen über unsere Arbeit sprechen«, murmelte ich schließ- lieh.

»Über unsere Pläne und wie wir sie verwirklichen wollen.«

»Die Probleme der Priesterkönige sind doch sicher weniger wichtig als das, das wir jetzt gerade tun.«

Ich murmelte etwas, doch sie ließ nicht mit sich reden, sondern preßte sich an mich. Ich suchte ihre Lippen, und in der nächsten! Ahn verloren wir uns in unserem köstlichen Beisammensein.

2

Als ich es für ratsam hielt, mich von Vella zu trennen, knotete ich ihr die gelbe Sklaventunika um den Hals und rief: »Verschwinde, Sklavin!« Im gleichen Augenblick klatschte ich in die Hände, und sie stieß einen spitzen Schrei aus, als sei sie geschlagen worden. Hysterisch weinend krabbelte sie aus der Nische und kletterte zum Vergnügen der Gäste hastig und ungeschickt die Leiter hinab und stürzte schluchzend aus der Pagataverne.

Sekunden später folgte ich ihr nach unten und trat vor den Tresen hin.

Doch der Wirt verlangte keine Bezahlung, sondern senkte nur den Blick.

Also ging auch ich hinaus auf die Straße.

Obwohl es noch hell war, hatte ich keine Sorge, erkannt zu werden.

Immerhin war ich seit einigen Jahren nicht mehr in Ar gewesen und hatte mein Haar schwarz gefärbt. Außerdem trug ich die Toga der Kaste der Attentäter, der Meuchelmörder von Gor.

Ich sah mich um.

Ar hatte mich schon immer sehr beeindruckt, denn es ist die größte, bevölkertste und luxuriöseste Stadt des erforschten Gor.

Ihre Pracht ist unglaublich, besonders wenn sie von der Höhe ihrer Türme oder vom Rücken eines Tarn aus gesehen wird. Ich erinnerte mich an eine Nacht vor vielen, Vielen Jahren, als ich am Abend des Erntefestes zum erstenmal über die Mauern der Stadt schwebte, um den Heimstein des Herrlichen Ar zu erobern. Auch die Erinnerung an ein Mädchen gehörte dazu, an Talena, die Tochter des damaligen Ubar Marlenus. Sie war zur Freien Gefährtin eines einfachen Kriegers der Stadt Ko-ro-ba geworden, Tarl Cabot, der ihr jedoch nach dem Willen der Priesterkönige wieder entrissen worden war. Als ihn nach langen Jahren des Wartens auf der Erde neue Aufgaben wieder nach Gor führten, war das Mädchen verschwunden. Trotz jahrelanger Suche hatte er sie nicht gefunden. Er hatte keine Ahnung, ob sie lebte oder bereits tot war.

»Spiel! Spiel!« hörte ich plötzlich eine Stimme.

Ich drehte mich um. Das Wort ›Kaissa‹, das in der goreanischen Sprache ganz allgemein Spiel bedeutet, bezieht sich meist auf ein ganz bestimmtes Brettspiel. Der Mann, der jetzt rufend die Straße entlangkam, trug eine Robe aus gelb-rot- kariertem Stoff. Das Spielbrett, eine Fläche aus zehn mal zehn gelben und roten Quadraten, hing auf seinem Rücken. Über der Schulter hing ein Lederbeutel mit den Figuren, zwanzig für jeden Spieler, rot und gelb. Steine, die für Speerwerfer, Tarnkämpfer, Tharlarionreiter und so weiter standen. Das Ziel des Spiels ist die Eroberung des gegnerischen Heimsteins. Die Ausschaltung einzelner Figuren ähnelt etwas dem heimatlichen Schach, was vielleicht kein Zufall ist. Wie ich wußte, waren Menschen aus vielen Kulturen und Perioden der irdischen Geschichte auf die Gegenerde Gor verschleppt worden. Es war durchaus denkbar, daß sie Gewohnheiten, Fertigkeiten und Spiele von der Erde mitgebracht hatten, die mit der Zeit auf diesem Planeten dann eine gewisse Wandlung durchmachten. Das Spiel, das sehr wohl aus einem gemeinsamen Vorgänger oder dem Schach selbst hervorgegangen sein mag, ist auf Gor sehr populär; schon Kinder beschäftigen sich damit. Es gibt zahlreiche Clubs und Wettbewerbe zwischen verschiedenen Kasten. Listen mit Turnieren und ihre Sieger werden im Zylinder der Dokumente aufbewahrt; es gibt in den meisten goreanischen Bibliotheken Abteilungen, die sich mit der Technik, Taktik und Strategie des Spiels beschäftigen.

Der Mann, der mir nun entgegenkam, war aber kein Amateur; er war ein professioneller Spieler, der sein Einkommen am Spielbrett gewann.