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»Es geschieht nicht oft, daß man eine Frau findet, die sich für das Spiel interessiert.«

»Aber es ist so schön!«

Wir spielten noch eine Ahn, und schon war zu erkennen, daß ihr Spiel noch präziser, noch intelligenter geworden war, und ich mußte mich schon darauf konzentrieren, meinen Heimstein zu schützen.

»Bist du sicher, daß du noch nie gespielt hast?« fragte ich.

Sie sah mich erfreut an. »Mache ich mich?«

»O ja«, sagte ich.

Ich glaubte ihr, wenn sie sagte, daß sie noch nie gespielt hatte.

Offenbar war ich hier auf einen jener seltenen Menschen gestoßen, die ein bemerkenswertes Talent für das Spiel haben.

»Ich schlage Heimstein« rief sie aufgeregt.

»Ich glaube nicht, daß du mir jetzt noch auf der Kalika vorspielen möchtest«, sagte ich.

»Nein! Nein!« rief sie.

Zu meiner Verblüffung entwickelte sie bei unserem nächsten Spiel ohne Anleitung die Centianische Eröffnung, die Centius aus Cos vor Jahren eingeführt hatte. Ich machte alle klassischen Gegenzüge, doch es nützte mir nichts.

Sie lachte wie ein Kind, als sie wieder gewann, und ich fiel in ihr Lachen ein.

»Du bist großartig«, sagte ich. Ich selbst hatte oft gespielt und galt als guter Taktiker. Nun mußte ich nach wenigen Runden bereits um mein Leben kämpfen gegen diese schöne, aufgeregte Gegnerin. »Du bist einfach unglaublich.«

»Ich habe schon immer spielen wollen«, sagte sie. »Ich hatte das Gefühl, daß ich es vielleicht könnte.«

»Du bist hervorragend«, lobte ich. Ich wußte natürlich, daß sie eine sehr intelligente Frau war, das hatte ich vom ersten Augenblick gespürt. Doch bei dem Spiel ging es um weitaus mehr als nur Intelligenz; sie war ein erstaunliches Naturtalent.

»Den Zug würde ich nicht machen«, sagte sie beim nächsten Spiel, »oder du verlierst deinen Heimstein in sieben Zügen.«

Ich betrachtete das Spielbrett. »Ja«, sagte ich, »du hast recht.« Aber ich fand auch keinen anderen Ausweg mehr.

Während ich die Figuren wieder aufstellte, wechselte ich das Thema: »Du hast davon gesprochen, daß Ho-Tu oft hier ist.«

»Ja«, sagte sie, »er ist ein sehr netter Mann.«

Ich dachte an den mächtigen Ho-Tu mit seiner Hakenklinge und dem Tarnstab.

»Er hat sich mit dem Hakenmesser seine Freiheit erkämpft – doch damals, zu Zeiten von Cernus' Vater, steckten die Messer bei den Kämpfen in der Scheide.«

»Aber die Kämpfe, die ich gesehen habe, fanden auch mit geschützter Klinge statt!«

»Das ist jetzt wieder so, seitdem das Ungeheuer im Hause lebt. Die Verlierer müssen überleben, um ihm zum Fraß vorgeworfen zu werden.«

»Was für ein Ungeheuer ist denn das?«

»Ich weiß es nicht. Ich habe allerdings die Überreste seiner Mahlzeiten gesehen.« Sura erschauderte. »Es bleibt wenig übrig.«

»Und nur die Verlierer beim Hakenklingenkampf werden dem Wesen vorgeworfen?«

»Nein«, sagte sie. »Jeder, der Cernus mißfällt, muß mit diesem Schicksal rechnen.«

»Warum wird das arme Opfer verwundet, ehe das Ungeheuer darüber herfällt?«

»Ich weiß es nicht«, sagte sie und starrte sinnend auf unser Spiel.

»Ho-Tu«, sagte ich, »verläßt selten das Haus.«

»Im letzten Jahr«, sagte Sura, »war er nur einmal fort.«

»Wann war denn das?«

»Im letzten En'Var. Er war unterwegs, um Sklavinnen einzukaufen.«

»Wo?«

»In Ko-ro-ba.«

Ich erstarrte.

Sie hob den Kopf. »Was ist los, Kuurus?« Plötzlich riß sie die Augen auf und hob abwehrend die Hand. »Nein, Ho-Tu!« kreischte sie.

16

Ich warf mich über das Seidenstück mit den Fläschchen und Broschen, drückte Sura zu Boden, warf mich schützend über sie. Im gleichen Augenblick sirrte das geschleuderte Messer in eine Truhe hinter uns. Ich versuchte das Schwert zu ziehen, versuchte Ho-Tu abzuwehren, der sich mit gezogener Hakenklinge auf mich stürzen wollte. Es gelang mir, sein Handgelenk zu umfassen und das Messer zur Seite zu biegen, doch seine ungewöhnlichen Körperkräfte zwangen die Klinge wieder auf meine Kehle zu.

»Hörtauf!« rief Sura. »Ho-Tu, laß das!«

Als ich spürte, daß seine ganze Kraft auf das Messer gerichtet war, wich ich plötzlich zurück, zog ihn über mich. Er stürzte, rappelte sich aber sofort wieder auf, sein Gesicht war eine Maske des Hasses. Er hob den Kopf, sah mich mit gezogenem Schwert vor sich stehen. Er hastete zu der Wand und riß den Sklavenstab herab.

Aus der gleichen Bewegung heraus brachte er ihn auf volle Leistung, schwang die tödliche Waffe und näherte sich vorsichtig.

Aber Sura warf sich zwischen uns. »Du darfst ihn nicht verletzen!« flehte sie.

Doch Ho-Tu kümmerte sich nicht um sie. Rücksichtslos schob er das Mädchen zur Seite. Unbarmherzig rückte er weiter vor, den Stab wie eine hell brennende Fackel in der Hand.

Ich war bis zu der Truhe zurückgewichen, hatte mein Schwert wieder fortgesteckt und sein Wurfmesser aus dem Holz gezogen. Es war ein Jagdmesser, kurz, gut ausbalanciert und nur auf einer Seite geschliffen.

Mit einem Wutschrei schleuderte Ho-Tu den Sklavenstab. Das Ding fegte an meinem Kopf vorbei, prallte funkensprühend gegen die Wand und brannte knisternd am Boden weiter.

Ich betrachtete das Messer, dann den Mann. »Mit einem solchen Messer hast du letztes Jahr den Krieger aus Thentis erstochen – auf einer Brücke in Ko-ro-ba!«

Ho-Tu sah mich ratlos an.

»Du hast ihn von hinten ermordet.«

»Ich habe niemand getötet«, sagte Ho-Tu. »Du bist ja verrückt.«

Kalte Wut durchzuckte mich. »Dreh dich um!«

Mit hölzernen Bewegungen gehorchte der Oberaufseher.

»Töte ihn nicht«, flüsterte Sura. Sie warf sich zwischen uns und schützte den Geliebten mit ihrem Körper. »Zuerst mußt du mich umbringen!« kreischte sie.

»Zur Seite, Sklavin!« sagte Ho-Tu mit geballten Fäusten.

»Nein!« weinte Sura.

»Keine Angst«, sagte ich. »Ich töte dich nicht, solange du mir den Rücken zudrehst.«

Ho-Tu fuhr herum und schob Sura erneut zur Seite.

»Nimm dein Hakenmesser«, sagte ich.

Ohne den Blick von mir zu wenden, ergriff der Oberaufseher seine Waffe und legte sie in seiner Hand zurecht.

»Ihr dürft nicht kämpfen!« schrie Sura.

Ich beugte mich vor, das Wurfmesser in der Hand.

Ho-Tu und ich begannen einander zu umkreisen.

»Hört auf!« rief Sura, eilte zu dem Sklavenstab und nahm ihn auf; er leuchtete noch immer weißglühend. »Die Einstellung des Stabs ist tödlich«, sagte sie. »Legt die Waffen fort!« Sie schloß die Augen. Mit beiden Händen umkrampfte sie den tödlichen Stab, dessen Spitze sich ihrer Kehle näherte.

»Halt !«rief ich.

Ho-Tu warf sein Messer fort und eilte zu ihr, entriß ihr den Sklavenstab.

Er schaltete das Gerät ab, warf es fort und nahm Sura schluchzend in die Arme. Dann wandte er sich um. »Töte mich«, sagte er zu mir.

Ich wollte keinen Menschen töten, der mir unbewaffnet gegenüberstand.

»Du kannst uns beide umbringen«, sagte Sura und drückte Ho-Tu an sich. »Aber er ist unschuldig.«

»Ich bin nicht der Gesuchte«, sagte Ho-Tu.

»Du hast mich eben noch töten wollen«, sagte ich.

»Das stimmt«, entgegnete Ho-Tu. »Und ich würde es auch jetzt noch tun.«

»Du armer Narr«, sagte Sura schluchzend, »du würdest wegen einer einfachen Sklavin einen Mord begehen?«

»Ich liebe dich!« rief Ho-Tu.

»Und ich dich auch, Ho-Tu!«

»Als ich mir vorstellte, wie er bei dir war«, sagte der Oberaufseher stockend, »da kam der Zorn über mich.«

»Er hat mich nicht berührt«, sagte Sura. »Begreifst du das? Er wollte mich schützen und hat mich hergeführt und befreit.«

»Ist das wahr?« fragte Ho-Tu.

Ich schwieg.

»Attentäter«, sagte Ho-Tu, »vergib mir.«

»Er trägt die schwarze Tunika«, sagte Sura, »und ich weiß nicht, wer er ist, aber der schwarzen Kaste gehört er nicht an.«