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Außerdem war sie ihm unmittelbar unterstellt, denn Caprus verließ selten das Haus und brauchte daher Sklaven, die Botengänge für ihn machten.

Da ich im Haus des Cernus eng mit Elizabeth zusammenarbeiten wollte, verließ ich mich etwas auf den unangenehmen Humor, den die meisten Sklavenhändler entwickelten.

»Hast du etwas einzuwenden?« fragte ich.

Cernus lächelte. »Unsere Ärzte haben festgestellt, daß sie nur ein Mädchen für die Rote Seide ist.«

»Ich hatte auch kaum angenommen, daß du ein Mädchen von Weißer Seide allein auf die Straße schicken würdest.«

Durch einen Seiteneingang wurde nun Elizabeth Cardwell, Vella, hereingeschoben.

»Heb den Kopf, Mädchen«, befahl Cernus.

Sie gehorchte, und ich hatte das Gefühl, daß sie wirklich zum erstenmal dem Herrn des Hauses Cernus gegenüberstand. Ihr Gesicht war bleich.

»Wie lange bist du schon bei uns?« fragte Cernus.

»Acht Tage, Herr.«

»Wie heißt du?«

»Vella, wenn es dem Herrn gefällt.«

»Wie ich sehe, trägst du das Brandzeichen der vier Bosk-Hörner.

Kassar, nicht wahr?«

»Nein, Herr, Tuchuk.«

»Aber wo ist der Ring?« Tuchukfrauen tragen in der Nase einen winzigen Goldring, der eine gewisse Ähnlichkeit mit den Eheringen der Erde hat.

»Mein letzter Herr hat ihn entfernen lassen«, erwiderte Elizabeth.

»Außerdem bin ich kein richtiges Tuchukmädchen. Ich stamme von den Inseln nördlich von Cos, wurde von Piraten nach Port Kar gebracht, an einen Tarnkämpfer verkauft und in Turia weiterveräußert an die Tuchuks.«

»Wie bist du dann nach Thentis gelangt?« fragte Cernus.

»Die Kassars haben die Wagen überfallen«, sagte sie. »Ich wurde entführt und später an Turianer verkauft. Ein Jahr später erreichte ich mit dem Sklavenwagen den Jahrmarkt Se'Var am Sardargebirge und wurde an das Haus Clark in Thentis verkauft, wo ich und viele andere das Glück hatten, vom Haus des Cernus aus dem Herrlichen Ar erstanden zu werden.«

Cernus lehnte sich zurück. »Ohne Ring glaubt dir niemand das Brandzeichen mit den vier Boskhörnern. Der Schmied soll dir wieder einen Ring anlegen!«

Elizabeth schwieg, und Cernus wandte sich an Caprus. »Ist sie ausgebildet?«

»Nein.«

Cernus musterte das Mädchen nachdenklich. »Dann soll sie voll trainiert werden.«

Elizabeth starrte ihn verblüfft an.

Damit hatte ich ebensowenig gerechnet wie sie. Wir schienen aber nichts dagegen machen zu können. Die Ausbildung, die für das Mädchen sehr anstrengend werden konnte, würde Monate dauern.

Andererseits fand sie wahrscheinlich im Haus des Cernus statt, so daß wir hoffentlich nebenbei die Zeit fanden, unserer eigentlichen Arbeit nachzugehen.

»Bist du nicht dankbar?« fragte Cernus erstaunt.

Elizabeth ließ sich auf die Knie nieder und sagte mit gesenktem Blick: »Ich bin dieser Ehre unwürdig, Herr.«

Nun deutete Cernus auf mich, zum Zeichen, daß sich das Mädchen umdrehen sollte.

Elizabeth gehorchte, hob die Hände vor den Mund und schrie auf, als hätte für sie plötzlich ein Alptraum Gestalt angenommen. »Er ist es!« rief sie erschaudernd.

»Wer denn?« fragte Cernus unschuldig.

»Das ist der Attentäter, mit dem ich in die Taverne des Spindius gehen mußte. Beschütze mich, Herr!«

»Du bist doch nur eine arme kleine Sklavin! War er grausam zu dir?«

»Ja!« rief sie. »Bitte strafe ihn, Herr!«

Ich mußte zugeben, daß Elizabeth eine vorzügliche Schauspielerin war.

»Gut«, sagte Cernus. »Ich werde ihn strafen, indem ich ihm eine untrainierte Sklavin ins Quartier schicke.« Er wandte sich an Caprus.

»Bis sie voll ausgebildet ist, wohnt 74 673 im Quartier des Attentäters.«

»Nein!« kreischte Elizabeth entsetzt. Gut gespielt.

Ich warf den Kopf in den Nacken und lachte, und Cernus tat es mir nach.

Auch die anwesenden Bewaffneten brachen in brüllendes Gelächter aus.

Ich machte kehrt und folgte dem Krieger, der mich in meine Unterkunft bringen sollte.

4

Nach Art goreanischer Frauen kniete Elizabeth in meinem Quartier, lachte fröhlich und klatschte sich auf die Knie.

Auch ich freute mich.

»Arme Vella, die das Quartier mit dem Attentäter teilen muß!«

»Nicht so laut«, sagte ich lächelnd und sah mich in dem Raum um.

Ich hatte die schwere Holztür geschlossen und mit dem doppelten Türbalken verriegelt. Im unverschlossenen Zustand konnte sie von außen geöffnet werden, wenn die Riegelschnur durch das dafür bestimmte Loch geschoben war. Wenn nicht, konnte man nur das Holz durchsägen. Ich sagte mir, daß ich nicht vergessen durfte, den Faden durchzuziehen, wenn ich den Raum verließ. Der Nachteil einer solchen Tür lag natürlich darin, daß jeder frei eintreten kann, wenn niemand anwesend ist und der Faden heraushängt. Man weiß also nie, wer das Zimmer inzwischen durchsucht hat oder etwa darin lauert.

Wertgegenstände werden in einem solchen Zimmer in einer schweren, eisenbeschlagenen Truhe aufbewahrt, die an der Wand festgemacht und verschließbar ist.

Ich kam zu dem Schluß, daß es sicher nicht klug wäre, ein Schloß für meine Tür anzufordern. Das hätte den Verdacht wecken können, daß ich mehr war, als ich vorgab zu sein. Außerdem würde das Schloß sicherlich von einem hauseigenem Schmied angebracht, so daß Cernus sicherlich leicht ein Duplikat des Schlüssels bekäme. Eine Lösung meines Problems zeichnete sich ab, als ich unter dem Loch für die Riegelschnur ein zweites kleines Loch entdeckte.

»Das gibt uns die Möglichkeit, den Signaturknoten anzubringen.«

»Was ist denn das?« fragte Elizabeth.

Ich sprang auf und sah mich in meinem Quartier um. Außer der metallbeschlagenen Truhe mit dem schweren Schloß standen weitere Kisten und Kasten an den Wänden, auch einige Schrankfächer mit Tellern und Schalen, mit Flaschen voller Paga und Ka-la-na-Wein.

»Was suchst du denn?« fragte sie.

»Bindfaden«, sagte ich. »Irgendeine Art von Schnur.«

Wir begannen die Truhen zu durchwühlen, und Elizabeth entdeckte fünf Paar Schnürbänder für Sandalen.

»Sind die richtig?« fragte sie.

»Ausgezeichnet«, sagte ich und nahm ein Paar.

Sie kniete nieder und beobachtete mich, als ich mich im Schneidersitz hinter die Tür setzte und den Schnürsenkel vorsichtig mit meiner Schwertklinge spaltete. So gewann ich eine schmiegsame dünne Lederschnur. Vorsichtig schlang ich diese Schnur um den Sperrbalken und steckte beide Enden durch das schmale Loch, so daß sie an der Außenseite der Tür herabhingen. Schließlich ließ ich die Tür aufschwingen.

»Nun stell dir vor, ich binde einen ziemlich großen Knoten mit diesen beiden Enden.«

Elizabeth starrte die Schnur einen Augenblick an. »Dann hättest du damit den Sperrbalken arretiert, so daß er mit der Riegelschnur nicht mehr angehoben werden kann.Aber es könnte jemand den Knoten aufmachen und eintreten.«

»Natürlich«, sagte ich und blickte sie von der Seite an. Sie musterte mich einen Augenblick ratlos, ehe sie zu lächeln begann. »Ja!« sagte sie.

»Ausgezeichnet!« Elizabeths Auffassungsgabe war vorzüglich.

»Paß auf«, sagte ich, nahm die beiden herabhängenden Enden und begann einen umfangreichen Knoten zu schlingen. Ich führte die Schnüre in immer komplizierteren Windungen umeinander und bemerkte dabei: »Es handelt sich um einen Knoten mit siebenundfünfzig Windungen. Andreas aus Tor hat ihn mir vor Jahren beigebracht.«

»Du knotest ihn immer gleich?«

»Ja«, sagte ich. »Jeder kann seinen eigenen Knoten haben, so ausgeprägt wie eine Unterschrift, und jeder Knoten ist ein Geheimnis.

Nur der Betreffende kann ihn binden, und – was wichtiger ist – nur er kennt die Bewegungen, mit denen der Knoten – falls er unberührt ist – wieder zu öffnen ist.« »Aber jeder kann doch den Knoten öffnen.«