Nicht halb zumut! Nicht halb war's so Richard dem Dritten!
Höll da! der Galgen da! der Hahnrei in der Mitten!
Er läuft wie unsinnig herum, endlich besinnt er sich.
Ach, des gestohlnen Guts wird keiner jemals froh!
Geh, Memme, Bösewicht! Warum erschrickst du so?
Vielleicht ist's nicht so schlimm. Ich will es schon erfahren.
Er erblickt Alcesten und läuft fort.
O weh! er ist's! er ist's! Er faßt mich bei den Haaren.
Siebenter Auftritt
Alcest.
Solch einen schweren Streit empfand dies Herz noch nie.
Das seltene Geschöpf, in dem die Phantasie
Des zärtlichen Alcests das Bild der Tugend ehrte,
Die ihn den höchsten Grad der süßten Liebe lehrte,
Ihm Gottheit, Mädchen, Freund, in allem alles war —
Jetzt so herabgesetzt! Es überläuft mich! Zwar
Ist sie so ziemlich weg, die Hoheit der Ideen;
Ich laß sie als ein Weib bei andern Weibern stehen;
Allein so tief! so tief! Das treibt zur Raserei.
Mein widerspenstig Herz steht ihr noch immer bei.
Wie klein! Kannst du denn das nicht über dich vermögen?
Ergreif das schöne Glück, es kommt dir ja entgegen.
Ein unvergleichlich Weib, das du begierig liebst,
Braucht Geld. Geschwind, Alcest, der Pfennig, den du gibst,
Trägt seinen Taler. Nun hat sie sich's selbst genommen;
Schon gut, da mag sie noch einmal mit Tugend kommen!
Geh wie ein Débauché, und sag mit kaltem Blut:
Madam, Sie haben doch das Geld genommen; gut,
Es ist mir herzlich lieb, nur ohne Furcht bedienen
Sie sich der wenigen. Was mein ist, ist auch Ihnen.
Dann den vertrauten Ton von halbem Mann und Frau —
Und selbst die Tugend nimmt nicht alles so genau,
Wenn man hübsch sachte geht. Weit eher wird sie weichen.
Sie kommt, du bist bestürzt. Das ist ein schlimmes Zeichen.
Alcest, du schickst dich nicht zur Bosheit, zum Betrug;
Dein Herz ist übrig bös, allein nicht stark genug.
Achter Auftritt
Alcest. Sophie.
Sophie.
Was machen Sie, Alcest! Sie scheinen mich zu fliehen.
Hat denn die Einsamkeit so viel, Sie anzuziehen?
Alcest munter.
Für diesmal weiß ich nichts, was mich besonders zog,
Und ohne viel Raison gibt's manchen Monolog.
Sophie.
Zwar der Verlust ist groß und kann Sie billig schmerzen.
Alcest.
Ei wohl, was will das sein. Es liegt mir nicht am Herzen!
Wir haben's ja; was ist's denn um das bißchen Geld,
Laßt's fallen, wenn es nur in gute Hände fällt.
Sophie.
Die große Gütigkeit wird gerne zum Verschwenden.
Alcest.
Oh, ein Verschwender weiß sein Geld oft anzuwenden.
Sophie.
Wie soll ich das verstehn?
Alcest lächelnd.
Das?
Sophie.
Ja, wie paßt das hier?
Alcest.
Sie kennen mich, Sophie, sein Sie vertraut mit mir!
Das Geld ist einmal fort! Wo's liegt, da mag es liegen!
Hätt ich es eh gewußt, ich hätte stillgeschwiegen;
Da sich die Sache so verhält —
Sophie erstaunt.
So wissen Sie?
Alcest mit Zärtlichkeit, er ergreift ihre Hand und küßt sie.
Ihr Vater! — Ja, ich weiß's, geliebteste Sophie!
Sophie verwundert und beschämt.
Und Sie verzeihn?
Alcest.
Verzeihn? Ist hier denn ein Verbrechen?
Sophie.
Mich dünkt —
Alcest.
Erlaube mir, daß wir von Herzen sprechen.
Du weißt es, daß Alcest noch immer für dich brennt.
Das Glück entriß dich mir, und hat uns nicht getrennt:
Dein Herz ist immer mein, meins immer dein geblieben.
Mein Geld ist alles dein, so gut, als wär's verschrieben;
Du hast ein gleiches Recht an all mein Gut, wie ich.
Nimm, was du gerne hast, Sophie, nur liebe mich!
Er umarmt sie; sie schweigt.
Befiehl! Du findest mich zu allem gleich erbötig.
Sophie stolz, indem sie sich von ihm losreißt.
Respekt vor Ihrem Geld! allein ich hab's nicht nötig.
Was ist das für ein Ton? Ich weiß nicht, faß ich's recht?
Ha! Sie verkennen mich.
Alcest pikiert.
O, Ihr ergebner Knecht
Kennt Sie nur gar zu wohl, und weiß auch, was er fodert,
Und sieht nicht ein, warum Ihr Zorn so heftig lodert.
Wer sich so weit vergeht —
Sophie erstaunt.
Vergeht? wie das?
Alcest.
Madam!
Sophie aufgebracht.
Was soll das heißen, Herr?
Alcest.
Verzeihn Sie meiner Scham:
Ich liebe Sie zu sehr, um so was laut zu sagen.
Sophie mit Zorn.
Alcest!
Alcest.
Belieben Sie nur den Papa zu fragen. Der sagte mir es.
Sophie mit einem Ausbruch von Heftigkeit.
Was? Ich will es wissen! Was?
Der Teufel! Wollen Sie!
Alcest.
Er sagte, daß Sie das —
Sophie wie oben.
Nun! das!
Alcest.
Eh nun! daß Sie — daß Sie das Geld genommen.
Sophie mit Wut und Tränen, indem sie sich wegwendet.
Er darf! Ist es so weit mit seiner Bosheit kommen?
Alcest bittend.
Sophie!
Sophie weggewendet.
Sie sind nicht wert —
Alcest wie oben.
Sophie!
Sophie.
Mir vom Gesicht!
Alcest.
Verzeihn Sie!
Sophie.
Weg von mir! Nein, ich verzeih es nicht!
Mein Vater scheut sich nicht, mir meinen Ruf zu rauben.
Und von Sophien? Wie? Alcest, Sie konnten's glauben?
Ich hätt es nicht gesagt, um alles Gut der Welt;
Allein es muß heraus! Mein Vater hat das Geld.
Eilig ab.
Neunter Auftritt
Alcest, hernach Söller.
Alcest wirft sich in den Sessel.
Nun, Herr Alcest, wie steht's!
Nun wärst du ziemlich klüger.
Der Vater und Sophie, und eins wär der Betrüger.
Sie sind doch beide sonst von allem Vorwurf rein.
Ha, Söller! Still einmal! Doch nein, es kann nicht sein;
Er war die ganze Nacht nicht hier im Haus; vor allen
Wär sicher mein Verdacht auf diesen Kerl gefallen.
Er ist am fähigsten zu Bosheit, Trug und List.
Allein wie kann es sein, daß er der Täter ist?
Söller in gewöhnlicher Kleidung, mit einer Weinlaune.
Da sitzt er. Uh! mir ist kein Mensch verhaßt wie dieser.
Es steht ihm an der Stirn: Hirschapotheksproviser.
Alcest vor sich.
Da kommt er, wie bestellt!
Laut.
Wie steht's, Herr Söller?
Söller.
Dumm!
Es geht mir die Musik noch so im Kopf herum.
Er reibt die Stirn.
Er tut mir greulich weh.
Alcest.
Sie waren auf dem Balle;