Alcest.
Wer selbst mißtrauisch ist, verdient der viel Vertrauen?
Wirt.
Und was verlangen Sie für ein Vertraun von mir?
Alcest.
Wer ist der Dieb? Mein Brief steht gleich zu Diensten. Hier:
Sehr billig ist der Tausch, wozu ich mich erbiete.
Nun, wollen Sie den Brief?
Wirt konfundiert und begierig.
Ach, allzuviele Güte!
Vor sich.
Wär's nur nicht eben das, was er von mir begehrt.
Alcest.
Sie sehen doch, ein Dienst ist wohl des andern wert.
Und ich verrate nichts, ich schwör bei meiner Ehre.
Wirt.
Wenn nur der Brief nicht gar zu appetitlich wäre!
Allein wie? wenn Sophie — Eh nun! das mag sie sehn!
Die Reizung ist zu groß, kein Mensch kann widerstehn!
Er wässert mir das Maul, wie ein gebeizter Hase.
Alcest vor sich.
So stach kein Schinken je dem Windhund in die Nase.
Wirt beschämt, nachgebend und noch zaudernd.
Sie wollen's, gnädger Herr, und Ihre Gütigkeit —
Alcest vor sich.
Jetzt beißt er an.
Wirt.
Zwingt mich auch zur Vertraulichkeit.
Zweifelnd und halb bittend.
Versprechen Sie, soll ich auch gleich den Brief bekommen?
Alcest reicht den Brief hin.
Den Augenblick.
Wirt, der sich langsam dem Alcest, mit unverwandten Augen auf den Brief, nähert.
Der Dieb —
Alcest.
Der Dieb!
Wirt.
Der's weggenommen,
Ist —
Alcest.
Nur heraus!
Wirt.
Ist mei-
Alcest.
Nun?
Wirt mit einem herzhaften Tone, und fährt zugleich zu und reißt Alcesten den Brief aus der Hand.
Meine Tochter!
Alcest erstaunt.
Wie?
Wirt läuft hervor an die Lichter, reißt vor geschwindem Aufmachen das Kuvert in Stücken und fängt an zu lesen.
«Hochwohlgeborner Herr!»
Alcest kriegt ihn bei der Schulter.
Sie wär's? Nein, sagen Sie
Die Wahrheit!
Wirt ungeduldig.
Ja, sie ist's! O, er ist unerträglich!
Er liest.»Insonders«—
Alcest wie oben.
Nein, Herr Wirt! Sophie! das ist unmöglich!
Wirt reißt sich los und fährt, ohne ihm zu antworten, fort.
«Hochzuverehrender«—
Alcest wie oben.
Ich bin ganz stumm davon.
Wirt wie oben.
Ich wollt, er wär es.»Herr«—
Alcest wie oben.
So hören Sie!
Wirt wie oben.
«Patron«—
Alcest.
Sie sind ein dummer Kerl.
Wirt.
Von Herzen gern.
Alcest.
Sie taugen
Zu nichts!
Wirt.
Ja, gnädger Herr.
Alcest im Abgehen für sich.
Das will ich nun schon brauchen.
Vierter Auftritt
Der Wirt liest und spricht dazwischen.
«Und Gönner«— Ist er fort? — »Die viele Gütigkeit,
Die mir so manchen Fehl verziehen hat, verzeiht
Mir, hoff ich, diesmal auch.«— Was gibt's denn zu verzeihen?
«Ich weiß es, gnädger Herr, daß Sie sich mit mir freuen.»
Schon gut! — »Der Himmel hat mir heut ein Glück geschenkt,
Das jeden Bauern freut, und manchen Reichen kränkt,
Er hat vom sechsten Sohn mein liebes Weib entbunden.»
Ich bin des Tods!» Ganz früh hat er sich eingefunden,
Der Knab«— Der Balg! Der —! 0 ersäuft! erdrosselt ihn!
«Nun macht Ihr gütig Hetz mich armen Mann so kühn«—
Ach ich ersticke fast!» Und bitte Ihro Gnaden —!»
An Galgen mit dem Hund, den Schindersknecht zum Paten!
Wie heißt er denn, der Kerl mit seiner Hecke da?
Franz. Ah, nun kommt Latein! Can — Candidatus? Ja.
Ein Kandidat, o ja, die sind sonst wohl bei Blute.
Theologiae; und — wie? Pachter auf dem Gute.
Wart nur, das geht dir nicht so ungenossen aus!
Alcest! Ich will dich schon! Du sollst mir aus dem Haus!
Mich, einen alten Mann, so schändlich anzuführen!
Wie möcht ich ihm an Hals! Ich ließ ihn gern zitieren.
Doch meine Tochter! O! das Henkersding geht schief!
Und ich verrate sie um den Gevatternbrief!
Er faßt sich in die Perücke.
Schweinsaug'ger Ochsenkopf mit wahren Eselsohren!
Der Brief! Das Geld! Der Streich! Ich bin als wie verloren,
So dumm! So voll Begier nach Rach und Prügeln. Ha!
Er erwischt einen Stock und läuft auf dem Theater herum.
Ist denn kein Buckel nicht für meinen Hunger da?
O wär ich doch ein Wind mit ein paar hundert Flügeln,
Ich möcht die ganze Welt, Sonn, Mond und Sterne prügeln.
Ich sterbe, wenn ich nicht — Zerbräch nur eins ein Glas,
So hätt ich doch Raison; beging der Jung nur was!
Er stößt auf seinen Sessel und prügelt ihn aus.
Weh, bist du staubig! Nun komm her, du sollst mich laben.
Alcest! o könnt ich doch so deinen Buckel haben!
Fünfter Auftritt
Der Wirt schlägt immer fort. Söller kommt ganz in der ersten Kulisse heraus und erschrickt; er ist im Domino, die Maske auf den Arm gebunden, und hat ein halbes Räuschchen.
Söller.
Was gibt's? Was? Ist er toll? Nun sei auf deiner Hut,
Das wär ein schön Emploi, des Sessels Substitut!
Was für ein böser Geist mag doch den Alten plagen?
Zum Parterre.
Wer Herz von Ihnen hat, der komm herauf und frag'en!
Wirt ohne Söllern zu sehn.
Ich kann nicht mehr! o weh! es schmerzt mich Rück' und Arm!
Er wirft sich in den geprügelten Sessel.
Ich schwitz am ganzen Leib.
Söller vor sich.
Ja, ja, Motion macht warm.
Er zeigt sich dem Wirt.
Herr Vater!
Wirt.
Ah, Mosje! Er lebt die Nacht beim Sause,
Ich quäle mich zu Tod, und Er läuft aus dem Hause?
Da trägt der Fastnachtsnarr zum Tanz und Spiel sein Geld,
Und lacht, wenn hier im Haus der Teufel Fastnacht hält!
Söller.
So aufgebracht?
Wirt.
O wart, ich will mich nicht mehr quälen.
Söller.
Was gab's?
Wirt zornig.
Alcest, Sophie! Soll ich's Ihm noch erzählen?
Söller. Nein, nein.
Wirt.
Wärt Ihr geholt, so hätt ich endlich Ruh,
Und der verdammte Kerl, der Kandidat, dazu!
Ab.
Sechster Auftritt
Söller mit Karikatur von Angst.
Was gab's? Weh dir! vielleicht in wenig Augenblicken! —
Gib deine Stirne preis! Parier nur deinen Rücken!
Vielleicht ist's 'raus! O weh! O wüßt ihr, wie mir's graust!
Es wird mir siedend heiß. So war's dem Doktor Faust