Pass auf, rief er, er seufzte. So kurz vorher, klagte er.
Helene nahm seine Hände und wollte sie festhalten, aber er machte sich los, warf sie von sich ab, unterwarf sie sich und machte sich erneut über sie her. Wie ein Hammer einen Nagel in die Wand trieb er sein Geschlecht Schlag um Schlag gleichförmig in sie. Kein weiteres Geräusch, nur sein Hammer, die Decke und die Matratze. Ein hohes Fiepen, dann rollte er ab. Helene starrte in die Dunkelheit.
Auf dem Rücken lag er und schmatzte wohlig. Das ist die Liebe, Alice, sagte er.
Sie wusste keine Antwort. Unvermittelt wandte er sich ihr zu, küsste sie auf die Nase und drehte ihr den Rücken zu. Du entschuldigst mich, sagte er, als er die Decke über sich zog, ich kann nicht schlafen, wenn ich den Atem einer Frau in meinem Gesicht habe.
Helene konnte lange nicht einschlafen, es interessierte sie nicht, welche Frauen ihm wann und wo ins Gesicht geatmet hatten, sein Samen lief als Bächlein aus ihr und klebte zwischen ihren Beinen, und dann war es, als hätte sie nur zwei Minuten geschlafen, als sie seine Hände erneut an ihren Hüften spürte.
So ist es gut, ja. Sagte er und drehte sie auf den Bauch. Er kniete hinter ihr, zog sie zu sich heran und stieß in sie.
Es brannte. Er stemmte ihr seine große Hand in den Rücken, dass es weh tat, er drückte sie vor sich auf die Matratze. Ja, beweg dich nur, du entkommst mir nicht.
Helene trat mit aller Kraft gegen seine Knie, dass er aufschrie.
Was soll das? Er nahm sie bei den Schultern, sie kamen zur Ruhe. Gefällt es dir nicht?
Soll ich dir zeigen, wie es mir gefällt? Sie fragte es aus Notwehr, ihr war keine Antwort eingefallen, sie hatte ihn nicht kränken wollen, aber er stimmte zu. Ja, zeig es mir. Sie näherte sich ihm, seinem großen Körper, er kniete auf der Matratze, saß auf den Fersen, das Geschlecht lag ihm schwer und schlaff auf den kräftigen Schenkeln. Soll ich mich etwa hinlegen? Da war ein gewisser Hohn in seiner Stimme, vielleicht war er nur un sicher.
Helene sagte ja, ja, leg dich hin. Sie beugte sich über ihn, sie schnupperte seinen Schweiß, jenseits von Brust und kölnisch Wasser, Schweiß, der etwas fremd roch. Sie nahm das Laken und trocknete seine Brust und seine Stirn, seine Schenkel, erst außen, dann innen. Er lag auf dem Rücken, der Körper steif, als fürchte er sich.
Mit der Zunge leckte sie seine Haut, bis er lachte.
Er bat sie, aufzuhören, es kitzele. So geht das nicht, sagte er.
Sie nahm seine Hände, legte sie auf ihre flache Brust, wo sie unschlüssig liegen blieben, nicht wussten, was sie tun sollten, Helene legte sich auf ihn und bewegte sich, sie presste ihren Körper an seinen, sie tastete mit ihren Lippen nach seiner Haut, ihre Zähne berührten ihn, weiche Fingerkuppen und Nägel, sie rieb ihre Scham und nutzte seine aufkommende Erregung, um sich auf ihn zu setzen. Sie ritt ihn, sie beugte sich vornüber, um ihm näher zu sein, sie lehnte sich nach hinten, um die Luft zu spüren, sie lauschte seinem Atem, seiner Lust und empfand selbst welche.
Was machst du nur mit mir? Wilhelms Frage klang erstaunt, fast misstrauisch. Er wartete nicht auf ihre Antwort. Ein Tier bist du, ein richtiges Tier. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste ihre Stirn. Meine Frau, sagte er. Er sagte es zu sich, bekräftigend und vergewissernd. Meine Frau.
Ob er ihren Mund nicht mochte? Helene fragte sich, warum er sie nicht küsste, er mied ihren Mund. Er stand auf und ging hinaus. Helene hörte das Wasser rauschen, offenbar wusch er sich.
Als er zurückkam und sich schwer und zaghaft neben sie auf die Matratze legte, fragte er heiser: Darf ich das Licht anzünden?
Natürlich. Helene fröstelte angenehm, sie hatte sich die Decke bis unter das Kinn gezogen. Im Licht sah er zerknittert aus, die Schatten zeigten Falten, die Helene noch nicht an ihm kannte. Vermutlich sah auch er an ihr jetzt Furchen, kleine Dellen, Gräben, Krater, die ihm bislang unbekannt gewesen waren.
Ich muss dich etwas fragen. Er hatte die andere Decke über sich gezogen. Ernst blickte er sie an. Forschten seine Augen, hatte er Angst?
Es gibt Methoden, sagte sie, keine Sorge.
Methoden?
Um eine Schwangerschaft zu vermeiden, ergänzte sie.
Das meine ich nicht. Wilhelm war sichtlich verwirrt. Warum sollte ich eine Schwangerschaft vermeiden wollen? Oder du? Nein, ich muss dich etwas anderes fragen.
Was?
Ich war eben draußen und habe mich gewaschen.
Ja?
Nun, wie soll ich es sagen. Normalerweise hätte ich da, wäre da, also hatte ich gedacht, da müsste. Wie um sich selbst zu ermutigen, lüpfte er mit seinem Zeigefinger ihr Kinn. Du hast gar nicht geblutet.
Helene blickte in sein ratlos gespanntes Gesicht. Hatte er erwartet, dass sie ihre Menstruation hatte oder dass sie aus anderen Gründen hätte bluten müssen? Sie zog jetzt ihrerseits fragend eine Augenbraue hoch. Und?
Du weißt selbst, was das bedeutet, er sah sie jetzt verärgert an. Du bist Krankenschwester, tu also bitte nicht so naiv.
Ich habe nicht geblutet, nein. Hätte ich geblutet, wäre ich verletzt.
Ich dachte, du wärst noch Jungfrau. Die Schärfe in Wilhelms Stimme überraschte Helene.
Warum?
Warum? Willst du dich über mich lustig machen? Ich lasse dich seit drei Jahren in Ruhe, besorge dir einen Ahnenpass, verlobe mich, verdammt, warum ich das gedacht habe? Hör mal, woher sollte ich wissen, dass… Wilhelm schrie. Er hatte sich aufgesetzt und schlug mit der Faust vor Helene auf die Matratze, Helene wich unwillkürlich zurück. Sie sah jetzt, dass er sich eine Unterhose angezogen hatte, eine kurze, weiße, er saß da in seiner Unterhose und schlug erneut auf die Matratze. Zwischen Beinsaum und Schenkel erkannte sie sein Geschlecht, das dort wie unbeteiligt auf seinem Schenkel ruhte und nur leicht gehüpft war, als er auf die Matratze geschlagen hatte. Warum ich das gedacht habe, fragst du? Ich frage mich, warum ich das gemacht habe. Was für eine scheinheilige Schmiere, das Ganze hier, was für eine idiotische. Wieder rammte seine Faust die Matratze, hüpfte sein schlaffes Geschlecht in der Unterhose. Was ist, warum schreckst du zurück? Hast du etwa Angst? Er schüttelte den Kopf, seine Stimme wurde leiser und abfälliger. Deine Tränen sind doch ein einziges Theater, Mädel. Bitter schüttelte Wilhelm den Kopf, bitter schnaubte er durch die Nase, ein trockenes Schnauben, eines, das nichts als Verachtung war, mit Verachtung sah er sie an. Wieder schüttelte er den Kopf. Ich Dummkopf, er schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn, Ochse ich. Er zischte durch die Zähne. Was für ein Theater. Er schüttelte den Kopf, schnaubte trocken, schüttelte den Kopf.
Helene wollte verstehen, was ihn so wütend machte. Sie musste mutig sein. Warum…?
Das ist ungeheuer, weißt du das? Wilhelm fiel Helene ins Wort, keinen Satz sollte sie beginnen, keine noch so zaghafte Stimme erheben. Was willst du eigentlich von mir, Helene? Er brüllte sie an, er bellte.
War es das erste Mal, dass er sie Helene nannte? Ihr Name klang wie ein Fremdwort aus seinem Mund. Das Befremden, mit dem er Helene jetzt ansah, machte Helene einsam. Sie lag in seinem Ehebett, die Decke bis unter das Kinn, ihre Finger hatten sich unter der Decke zu kalten Krallen gekrümmt, Klauen, die sie nicht mehr öffnen konnte, selbst wenn sie wollte, sie musste die Decke festhalten, die sie barg, ihren Körper vor ihm verbarg; das leichte Brennen der Schamlippen war nicht schlimm, in seinem Ehebett lag sie, das er sich für die Ehe mit einer Jungfrau gekauft hatte, in dem er einer Jungfrau die Liebe beibringen wollte. Was hatte er gedacht, wer sie war? Welches Missverständnis hatte sie miteinander in dieses Bett gebracht?
Wilhelm stand auf. Er nahm seine Decke, legte sie sich um die Schulter und verließ das Zimmer. Er schloss die Tür hinter sich; sie sollte bleiben, zurück. Helene suchte nach sinnvollen Gedanken. Die kamen ihr nicht gerade leicht. Frau Alice Sehmisch, sagte sie in die Dunkelheit und zu sich selbst. Ihre Füße waren so kalt wie ihre Krallen, Klauen und Krallen, kalt im Mai.