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«Ist das nicht etwas weit hergeholt?», wandte Franklin Clarke ein.

Poirot fuhr aufgeregt mit den Händen durch die Luft.

«Nein! Zugegeben: Die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig, aber die Sache muss zu unseren Gunsten ausgehen! Überlegen Sie doch: Es hätte sein können, dass jemand das Geschäft von Mrs. Ascher in dem Augenblick betreten wollte, als der Mörder herauskam. Diese Person hätte hinter den Ladentisch blicken und die tote Frau entdecken können. Daraufhin hätte er – oder sie – den Mörder entweder auf der Stelle packen oder aber in der Lage sein können, der Polizei eine genaue Personenbeschreibung des Täters zu geben, auf Grund welcher er verhaftet worden wäre.»

«Gewiss, das wäre möglich gewesen», musste Clarke einräumen, «aber mit solchen Möglichkeiten muss ein Mörder immer rechnen.»

«Richtig. Ein Mörder ist immer ein Spieler. Und wie so viele Spieler, weiß auch ein Mörder nie, wann er aufhören muss. Mit jedem Verbrechen steigt sein Selbstbewusstsein. Er verliert das Maß. Er sagt sich nie: ‹Ich war schlau und habe Glück gehabt!› O nein! Er sagt sich nur: ‹Ich war schlau!› Und das gibt seiner Meinung von sich selber neuen Auftrieb… bis – meine Freunde – die Kugel wieder kreiselt und die Farbserie abbricht dann fällt sie auf eine neue Nummer, und der Croupier ruft: ‹Rouge!›»

«Und das, glauben Sie, wird in unserem Fall jetzt eintreten?»

Megan Barnard dachte mit gerunzelter Stirn über Poirots Worte nach.

«Es muss früher oder später eintreten! Bis dahin war das Glück mit dem Verbrecher – früher oder später muss es sich auf unsere Seite schlagen. Ich glaube, dass es das bereits getan hat. Die Sache mit den Strümpfen bedeutet einen Anfang. Anstatt dass ihm alles gut ausgeht, werden sich die Dinge nun gegen ihn stellen. Er wird Fehler begehen und…»

«Sie machen einem wirklich wieder Mut!», fiel Clarke ihm ins Wort. «Das haben wir alle nötig gehabt! Ich jedenfalls hatte ein lähmendes Gefühl der Hilflosigkeit seit heute früh.»

«Ich finde es noch immer äußerst fraglich, ob wir tatsächlich etwas erreichen können», warf Donald Fraser ein.

«Sei doch kein solcher Pessimist, Donald!», zischte Megan ihn an.

Mary Drower meldete sich, errötend, ebenfalls zu Wort.

«Man kann nie wissen, finde ich. Dieser schreckliche Kerl ist hier, und wir sind auch hier – und außerdem trifft man manchmal ganz komisch mit Leuten zusammen.»

Ich schäumte innerlich.

«Wenn wir nur wüssten, was wir eigentlich tun sollten!»

«Vergessen Sie nicht, Hastings, dass die Polizei alles nur Mögliche tut. Es wurden Spezialagenten aufgeboten. Der gute Inspektor Crome mag manchmal eine aufreizende Art haben, aber er ist ein sehr fähiger Beamter, und Colonel Anderson, der Polizeichef, ist ungemein tatkräftig. Die beiden Herren haben alle erdenklichen Maßnahmen ergriffen, damit Stadt und Rennplatz bis ins Kleinste bewacht werden. Die Polizeikräfte werden überall sein. Ferner hatte bestimmt auch die Pressekampagne eine große Wirkung. Das Publikum ist gewarnt.»

Donald Fraser schüttelte den Kopf.

«Wahrscheinlich unterlässt er seinen Mord», sagte er hoffnungsvoll. «Der Mann müsste ja verrückt sein.»

«Unseligerweise», bemerkte Clarke trocken, «ist er das tatsächlich! Was meinen Sie, Monsieur Poirot? Wird er es aufgeben oder seinen Plan durchführen?»

«Meiner Ansicht nach ist seine Besessenheit so groß, dass er versuchen wird, sein Versprechen einzulösen. Dies nicht zu tun, würde in seinen Augen bereits Niederlage bedeuten, und die kann sein unsinniges Selbstgefühl nicht akzeptieren. Das ist übrigens auch Dr. Thompsons Ansicht. Unsere ganze Hoffnung besteht nun darin, dass der Wahnsinnige schon im Mordversuch gefasst wird.»

Wieder weigerte Donald Fraser sich, das zu glauben.

«Er wird diesmal sehr gerissen vorgehen.»

Poirot sah auf seine Uhr. Wir verstanden den Wink. Es war abgemacht worden, dass wir den ganzen Tag unterwegs sein, morgens so viele Gassen und Straßen wie nur möglich durchstreifen und uns später auf verschiedene Beobachtungsposten auf dem Rennplatz verteilen sollten. Ich sage «wir», aber in meinem Fall war natürlich diese Patrouillentätigkeit von geringem Wert, weil ich wissentlich den Mörder nie gesehen hatte; aber da nun einmal beschlossen worden war, dass wir getrennt marschieren sollten, um ein möglichst weites Feld abdecken zu können, hatte ich mich als Begleiter einer der Damen angeboten.

Poirot war auf meinen Vorschlag eingegangen – allerdings mit einem deutlich wahrnehmbaren Zwinkern, wie mir schien.

Die Mädchen waren hinausgegangen, um ihre Hüte aufzusetzen, und Donald Fraser stand, anscheinend tief in Gedanken versunken, am Fenster. Franklin Clarke betrachtete ihn eine Weile. Dann schien er sich davon überzeugt zu haben, dass der andere zu geistesabwesend war, um überhaupt zuzuhören, und wandte sich mit leiser Stimme an Poirot.

«Sie sind nach Churston gefahren, Monsieur Poirot, und haben meine Schwägerin besucht. Hat sie Ihnen gesagt – hat sie angedeutet – ich meine… hat sie darauf angespielt, dass…» Er brach verlegen ab.

Poirot setzte ein derart unschuldiges, ausdrucksloses Gesicht auf, dass ich sofort hellwach und gespannt zuhörte.

«Comment? Hat mir Ihre Schwägerin was gesagt oder angedeutet?»

Franklin Clarke lief rot an.

«Vielleicht denken Sie, dass nun wirklich nicht der Moment sei, um persönliche Dinge zu besprechen…»

«Du tout.»

«Aber mir liegt daran, dass Klarheit herrscht.»

«Ein lobenswertes Bestreben.»

Nun fiel sogar Clarke auf, dass Poirots leeres Gesicht Deckmantel für ein großes inneres Vergnügen war, und er musste sich mühsam durch seine weiteren Erklärungen hindurchackern.

«Sehen Sie, meine Schwägerin ist eine reizende Frau… Ich habe sie immer sehr, sehr gern gemocht… Nur war sie natürlich lange krank und… diese Krankheit bringt es mit sich… die vielen Betäubungsmittel und all das… dass man dazu neigt… dass man sich Sachen einbildet… dass man Menschen verdächtigt…»

«Ja?»

Jetzt tanzten die Lachfältchen ganz unverhohlen um Poirots Augen; aber Franklin Clarke war so mit der diplomatischen Abfassung seiner Gedanken beschäftigt, dass er es nicht bemerkte.

«Es handelt sich um Thora Grey» stellte er eben fest.

«Ach, Sie sprechen von Miss Grey?», Poirot spielte den Erstaunten.

«Ja. Lady Clarke hat in Bezug auf Miss Grey ganz falsche Vorstellungen… Thora – Miss Grey ist sehr hübsch und…»

«Ja, vielleicht», murmelte Poirot halbe Zustimmung.

«Und Frauen, auch die besten unter ihnen, neigen immer ein wenig zu Eifersucht anderen Frauen gegenüber. Thora war meinem Bruder eine unschätzbare Hilfe, das stimmt. Er sagte immer, sie sei die beste Sekretärin gewesen, die er jemals hatte – und er konnte sie wirklich gut leiden. Aber diese Zuneigung hielt sich in einem durchaus korrekten und ehrbaren Rahmen. Ich meine, Thora Grey ist ein Mädchen, das sich nicht…»

«Nicht?», fragte der hilfsbereite Poirot interessiert.

«Nun, meine Schwägerin redete sich ein, Grund zur Eifersucht zu haben. Sie ließ sich zwar nie etwas anmerken. Doch nach Cars Tod, als die Rede davon war, dass Miss Grey bleiben solle – da wurde Charlotte sehr böse. Das bringt natürlich die Krankheit mit sich, ich weiß – das Morphium und all das –, Schwester Capstick hat mir das erklärt und gesagt, man dürfte die Wahnideen Charlottes nicht zu ernst nehmen…»