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Als er sich umwandte, um den Thronsaal zu verlassen, stand Aphris ebenfalls auf, um ihn zu begleiten.

Aber Kamchak sah sie an. Sanft legte er die Hände auf ihre Arme, zog sie an sich und küßte sie lange. Dann öffneten seine Finger das Schloß ihres Sklavenkragens und nahmen ihn ab.

Aphris starrte ihren Herrn sprachlos an.

»Du bist frei«, sagte der Tuchuk. »Hab’ keine Angst, du wirst mit Reichtümern überhäuft. Du wirst wieder die reichste Frau Turias sein.«

Erstarrt beobachteten wir die Szene. Wir alle wußten, unter welchen Gefahren der Tuchuk dieses Mädchen gewonnen, mit welchem Betrag er Aphris zurückgekauft hatte.

Wir verstanden sein Handeln nicht.

Kamchak drehte sich um und trat zu seiner Kaiila. Mit schneller Bewegung stieg er auf und ritt auf den Ausgang zu. Wir folgten ihm; nur Aphris blieb wie betäubt vor dem Thron zurück — eine freie Frau.

Harold ging neben mir, Hereena und Elizabeth folgten in einigen Metern Abstand.

»Warum hat er Turia verschont?« fragte ich Harold.

»Seine Mutter war aus Turia«, sagte Harold. »Wußtest du das nicht?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Erst nach ihrem Tod griff Kutaituchik nach der Kandakette.« Harold sah mich an. »Ja — sie war ein turianisches Mädchen, das Kutaituchik als Sklavin zu sich nahm. Aber er liebte sie und gab ihr die Freiheit. Doch sie blieb freiwillig bei ihm im Wagen bis zu ihrem Tod — als Ubara der Tuchuks.«

Vor dem Haupttor des Administratorenpalastes wartete Kamchak auf uns. Wir holten unsere Kaiila, stiegen auf und folgten Kamchak auf die Straße.

Das Gesicht des Tuchuks war undurchdringlich.

»Wartet!« ertönte hinter uns ein Schrei.

Wir drehten unsere Kaiila. Aphris kam aus dem Palast gerannt.

Sie blieb neben Kamchaks Steigbügel stehen und senkte den Kopf.

»Was soll das?« fragte Kamchak streng.

Das Mädchen rührte sich nicht.

»Du bist frei.«

Sie blickte zu ihm auf und hatte Tränen in den Augen. »Ich habe mich schon viel zu sehr an den Boskgeruch gewöhnt«, sagte sie leise.

Kamchak lächelte. Er streckte seine Hand aus. »Komm zu mir, Aphris aus Turia«, sagte er.

Sie nahm seine Hand, und er zog sie hoch und setzte sie vor sich in den Sattel. Sie lehnte sich an ihn.

»Diese Frau«, sagte Kamchak schroff zu uns, »heißt Aphris — sie ist Ubara der Tuchuks, sie ist Ubara Sana meines Herzens!«

Wir ließen die beiden vorausreiten und folgten erst in einigen hundert Metern Abstand. Langsam ritten wir durch das Tor Turias, verließen die Stadt, die ihren Heimstein und ihre Freiheit bewahrte, kehrten zu den Wagen und in das offene, windgepeitschte Land außerhalb der hohen neuntorigen Mauern zurück.

Ich hob Elizabeth in den Sattel des Tarn und befahl ihr, sich am Sattelknopf festzuhalten. Wenn ich ebenfalls aufsaß, wollte ich sie noch mit einer Schnur festbinden, damit sie nicht herabfiel. Für mich benutzte ich den breiten purpurnen Gurt, der zu jedem Tarnsattel gehört.

Elizabeth schien sich vor dem Tier nicht zu fürchten.

Kamchak war mit Aphris gekommen, und auch Harold und Hereena waren da. »Wie geht es den Bosk?« wandte ich mich an Kamchak.

»Wie man erwarten kann«, erwiderte er.

Ich fragte Harold: »Und sind die Quivas scharf?«

»Man versucht, sie scharf zu halten«, erwiderte der junge Mann.

Und dann sagte ich zu Kamchak: »Es ist wichtig, die Achsen der Wagen gut zu schmieren.«

»Ja«, erwiderte er, »das ist wichtig.«

Ich schüttelte die Hände der beiden Männer.

»Ich wünsche dir alles Gute, Tarl Cabot«, sagte Kamchak.

»Ich wünsche dir alles Gute, Kamchak von den Tuchuks«, sagte ich.

»Du bist gar kein so schlechter Bursche«, sagte Harold, »für einen Korobaner!«

»Und du auch nicht — obwohl du ein Tuchuk bist.«

»Ich wünsche dir alles Gute«, sagte Harold.

»Und ich dir.«

Schnell stieg ich in den Sattel und zog die Strickleiter herauf und band sie fest. Dann nahm ich die Schnur, schlang sie mehrmals um Elizabeths Hüften und band sie am Sattelknopf fest.

Harold und Kamchak blickten zu mir auf. Auf Harolds Gesicht leuchtete rot die frische Mutnarbe.

»Du darfst nie vergessen«, sagte Kamchak, »daß du und ich Gras und Erde zusammen gehalten haben.«

»Das vergesse ich nie«, sagte ich.

»Und wenn du schon dabei bist, mußt du auch immer daran denken, daß wir beide zusammen in Turia die Mutnarbe errungen haben«, fügte Harold hinzu.

»Nein«, sagte ich, »auch das werde ich nie vergessen.«

»Dein Aufenthalt bei den Wagenvölkern«, sagte Kamchak, »fiel in zwei Jahre.«

Ich sah ihn verständnislos an.

»Es waren zwei Jahre«, erklärte Harold. »Das Jahr, in dem Tarl Cabot zu den Wagenvölkern kam, und das Jahr, in dem Tarl Cabot eine Tausendschaft befehligte.«

Ich hielt den Atem an. Das waren Jahresnamen, die bei den Jahresbewahrern hinterlegt wurden, in deren Archiven die Namen von vielen tausend Jahren festgehalten sind.

»Aber in dieser Zeit sind doch viel wichtigere Dinge geschehen — die Belagerung Turias, der Sieg über die Stadt, die Wahl des Ubar San!«

»Wir möchten uns damit an Tarl Cabot erinnern«, sagte Kamchak.

Ich schwieg gerührt.

»Wenn du die Tuchuks je brauchst, Tarl Cabot«, sagte Kamchak, »oder die Kataii oder die Kassars — oder die Paravaci —, brauchst du uns nur Bescheid zu geben — und wir reiten. Wir reiten an deiner Seite, und sei es zu den Städten der Erde.«

»Ihr wißt von der Erde?« fragte ich. Ich erinnerte mich daran, wie vor langer Zeit Kamchak und Kutaituchik Elizabeth und mich über diese Dinge befragten — ein Verhör, das nach meinem Gefühl sehr skeptisch geführt worden war.

Kamchak lächelte. »Wir Tuchuks wissen von vielen Dingen«, sagte er, »von mehr Dingen, als wir andere wissen lassen.« Er grinste. »Möge das Glück dir gewogen bleiben, Tarl Cabot, Kommandant von Tausend Tuchuks, Krieger aus Ko-ro-ba!«

Ich hob die Hand und zog am ersten Zügel. Die Flügel des großen Tarn bewegten sich und peitschten die schwere Luft, und die Tuchuks ringsum fielen zurück, und der Wind fegte durch die mächtigen Federn, und dann sahen wir die Wagen unter uns zurückbleiben, deren Umrisse sich pasangweit in alle Richtungen erstreckten, und wir sahen das winzige Rinnsal des Bachs, das Omental und schließlich die Türme des fernen Turia.

Elizabeth Cardwell weinte, und ich legte meinen Arm um sie, um sie zu trösten und vor dem schneidenden Wind zu schützen. Ärgerlich stellte ich fest, daß die kalte Luft auch mir das Wasser in die Augen steigen ließ.