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»Wir haben sie gefunden!«, rief jemand triumphierend.

Sonea riss einen Schild hoch, um die ersten Schläge abzuwehren. Während Regin seinen Gefährten zuschrie, dass sie sie umzingeln und ihr den Fluchtweg abschneiden sollten, drehte Sonea sich bereits um und rannte los.

Als sie an der verborgenen Tür vorbeikam, wich ihr Entsetzen einem heißen Zorn.

Warum hält er sie nicht auf? Ist das meine Strafe dafür, dass ich an Orte gegangen bin, an denen ich nichts zu suchen hatte? Schlitternd kam sie zum Stehen, als einige Novizen aus einem Seitengang auf sie zustürmten. Sie errichtete einen Schild, um sie aufzuhalten, und lief auf den einzigen anderen Ausgang zu.

Doch auch hier lauerten einige Novizen auf sie. Sie saß in der Falle und konnte nur noch warten, während ihre Widersacher ihre Kräfte erschöpften. Da es so viele waren, dauerte es diesmal nicht lange. Als ihr Schild ins Wanken geriet, trat Regin mit einem breiten Lächeln vor sie hin. Er hielt eine kleine Flasche mit einer dunklen Flüssigkeit in der Hand. Auf sein Zeichen brach der Angriff ab.

»Süße Sonea«, sagte er und sandte einen Energieblitz gegen ihren Schild. »Wie mein Herz hüpft, wenn ich dich sehe.« Ein weiterer Angriff folgte. »Es ist lange her, seit wir uns das letzte Mal begegnet sind.« Ihr Schild drohte, in sich zusammenzubrechen, aber irgendwoher nahm sie noch einmal neue Kraft. »Das ist schade, nicht wahr?« Sein nächster Angriff durchbrach ihren Schild sofort. Sie wappnete sich gegen die Betäubungszauber, die nun kommen mussten.

»Ich habe ein Geschenk für dich«, fuhr Regin fort. »Ein Parfüm von der exotischsten Art.« Er zog den Korken aus der Flasche. »Igitt! Welch süßer Duft. Möchtest du ihn mal probieren?«

Selbst aus der Entfernung von einigen Schritten erkannte sie den Geruch. Ihre Klasse hatte für ein Medizinprojekt Öl aus den Blättern des Kreppa-Busches extrahiert. Der dabei zurückbleibende Blattsaft roch wie verfaulende Vegetation und verursachte brennende Blasen.

Regin wedelte sorglos mit der geöffneten Flasche vor ihrem Gesicht. »Aber ein winziges Fläschchen wäre ein zu geringes Zeichen meiner Wertschätzung. Sieh nur, ich habe noch mehr mitgebracht!«

Jetzt tauchten auch in den Händen der anderen Novizen Flaschen auf. Sie öffneten sie zaghaft, und der Übelkeit erregende Gestank erfüllte den Flur.

»Morgen wird uns der süße Duft deines Parfüms verraten, wo du dich gerade aufhältst.« Regin nickte den anderen zu. »Jetzt!«, rief er.

Etliche Hände schnellten vor und schleuderten ihr den abscheulichen Saft entgegen. Sie riss die Arme hoch, schloss die Augen und brachte es fertig, irgendwoher ein letztes Aufwallen von Kraft zu nehmen.

Keine Flüssigkeit berührte ihre Haut. Nichts. Sie hörte einen Novizen husten, dann einen anderen, dann hallten plötzlich Flüche und Schreie im Flur wider. Als sie die Augen öffnete, blinzelte sie erstaunt. Die Wände, die Decke und die Novizen waren besprenkelt mit feinen, braunen Tröpfchen. Die Novizen wischten sich verzweifelt Hände und Gesicht ab. Einige spuckten aus. Andere rieben sich die Augen, und einer heulte vor Schmerz.

Als sie zu Regin blickte, sah sie, dass er, da er am nächsten gestanden hatte, am schlimmsten betroffen war. Seine Augen tränten, und sein Gesicht war übersät von offenen, roten Stellen.

Ein seltsames Gefühl stieg in ihr auf. Als sie begriff, dass sie drauf und dran war, in Gelächter auszubrechen, hielt sie sich schnell den Mund zu. Taumelnd stieß sie sich von der Wand ab und zwang sich, sich aufzurichten.

Lass dir nicht anmerken, wie müde du bist, dachte sie. Gib ihnen keine Zeit, um auf die Idee zu kommen, sich rächen zu wollen.

Sie bahnte sich langsam einen Weg zwischen den Novizen hindurch. Regin riss den Kopf hoch. »Lasst sie nicht entkommen«, knurrte er.

Einige Novizen blickten auf, aber die übrigen ignorierten ihn.

»Vergiss es. Ich will jetzt nur noch aus dieser Robe raus«, sagte ein Novize. Andere nickten und traten ebenfalls den Rückzug an. Regin, dessen Gesicht dunkel vor Zorn war, funkelte sie wütend an, erhob jedoch keine Einwände.

Sonea kehrte ihnen den Rücken zu und zwang ihre müden Beine, sie an den Novizen vorbeizutragen.

32

Ein kleiner Ausflug

Rothen ging gähnend die Treppe zum Magierquartier hinauf. Nicht einmal ein kaltes Bad hatte ihn erfrischen können. In seinem Empfangszimmer fand er Tania vor, die gerade einige Teller mit Kuchen und Brötchen auf den Tisch stellte.

»Guten Morgen, Tania«, sagte er.

»Ihr seid ein wenig spät dran heute Morgen, Mylord«, erwiderte sie.

»Ja.« Er rieb sich das Gesicht und griff nach dem Krug mit dem Sumi-Pulver. Als ihm bewusst wurde, dass Tania ihn immer noch beobachtete, seufzte er. »Ich habe die Dosis bereits auf ein Zehntel reduziert.«

Sie sagte nichts, sondern nickte nur zustimmend. »Ich habe Neuigkeiten.« Sie hielt inne, und als er ihr bedeutete weiterzusprechen, verzog sie entschuldigend das Gesicht. »Es wird Euch nicht gefallen.«

»Nur zu.«

»Die Reinemachefrauen haben sich heute Morgen darüber beklagt, dass einer der Flure über und über mit irgendeiner abscheulich stinkenden Flüssigkeit bespritzt war. Auf meine Frage, was ihrer Meinung nach geschehen sein könnte, haben sie etwas über Novizen gesagt, die gegeneinander kämpfen. Sie wollten nicht recht heraus mit der Sprache, welche Novizen es gewesen seien - also habe ich eine der Dienstmägde bestochen, die die Geschichte bereits gehört hatte. Regin hatte andere Novizen um sich geschart und lauerte Sonea spätabends auf. Ich habe Viola danach gefragt, und sie hat gesagt, sie habe nichts gesehen, was darauf schließen lasse, dass Sonea in irgendeiner Form Schaden genommen habe.«

Rothen runzelte die Stirn. »Es würde einiges dazugehören, Sonea zu erschöpfen.« Zorn loderte in ihm auf, als ihm klar wurde, was das bedeutete. »Aber sobald sie es geschafft hätten, könnte Regin mit ihr machen, was er will. Sie wäre zu müde, um sich auch nur körperlich gegen ihn wehren zu können.«

Tania sog scharf die Luft ein. »Er würde es doch nicht wagen, sie zu verletzen, oder?«

»Jedenfalls nicht auf eine Weise, die ihr dauerhaften Schaden zufügen oder zu seinem Ausschluss aus der Gilde führen würde.« Rothen blickte mit finsterer Miene auf den Tisch hinab.

»Warum unternimmt der Hohe Lord nichts dagegen - oder weiß er nichts davon? Vielleicht solltet Ihr es ihm erzählen.«

Rothen schüttelte den Kopf. »Er weiß es. Es ist seine Aufgabe, so etwas zu wissen.«

»Aber …« Ein leises Klopfen unterbrach Tania.

Erleichtert über die Unterbrechung gab Rothen der Tür den Befehl, sich zu öffnen. Ein Bote trat ein, verneigte sich und gab Rothen einen Brief, bevor er sich wieder zurückzog.

»Er ist für Sonea.« Rothen drehte den Brief um, und sein Herz setzte einen Schlag aus. »Er kommt von ihrer Tante und ihrem Onkel.«

Tania trat näher. »Wissen sie denn nicht, dass sie nicht mehr in Eurem Quartier lebt?«

»Nein. Sonea dachte, Regin würde ihre Post vielleicht abfangen, wenn sie an das Novizenquartier geschickt würde, und wahrscheinlich hat sie sich nicht mehr bei ihrer Familie gemeldet, seit sie in die Residenz umgezogen ist.«

»Soll ich ihr den Brief bringen?«, fragte Tania.

Rothen sah überrascht auf. Es war leicht zu vergessen, dass andere keinen Grund hatten, Akkarin zu fürchten. »Würdest du das tun?«

»Natürlich. Ich habe schon lange nicht mehr mit ihr gesprochen.«

Akkarin würde jedoch vielleicht Verdacht schöpfen, wenn er sah, dass Rothens Dienerin Sonea eine Nachricht überbrachte. »Sie wird den Brief gewiss so bald wie möglich lesen wollen. Wenn du ihn in ihr Zimmer bringst, wird sie ihn vor heute Abend nicht bekommen. Ich glaube, sie verbringt die Freitage in der Novizenbibliothek. Könntest du den Brief zu Lady Tya bringen?«