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Nach ungefähr zehn Schritten verbreiterte sich der Felsvorsprung zu einer kreisförmigen Plattform. Dannyl ließ seine Lichtkugel heller leuchten und sog scharf die Luft ein, als das Licht von einer glitzernden Kuppel zurückgeworfen wurde. Die Oberfläche funkelte und schimmerte, als sei sie bedeckt von ungezählten Edelsteinen.

»Tayend!«, rief er. »Komm her, und sieh dir das an!« Dannyl drehte sich zu der schwarzen Öffnung des Ganges um, streckte seinen Willen aus und schuf auf der ganzen Länge des Tunnels kleine Lichtkugeln.

Als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm, wandte er sich um. Ein Bereich der Kuppel leuchtete heller als der Rest. Kleine Lichtrinnsale erschienen, die sich zitternd aufeinander zubewegten. Fasziniert beobachtete er, wie sie sich blitzschnell einander näherten. Es sah so aus wie der Schild der Arena, wenn man ihn getroffen hatte, nur dass der Vorgang hier zeitlich umgekehrt abzulaufen schien.

Irgendein Instinkt warnte ihn, und er riss gerade noch rechtzeitig einen Schild hoch, um den Kraftstoß abzuwehren, der von der Kuppel ausgesandt wurde. Die Wucht dieses Stoßes entlockte ihm einen überraschten Aufschrei - und noch einen, als er einen weiteren Angriff von hinten spürte. Als er sich umdrehte, sah er einen zweiten Reigen magischer Macht, der sich wie ein Schwarm von Sternschnuppen im Gestein der Kuppel ausbreitete… und zwei weitere, die sich zu formen begannen.

Er trat einen Schritt auf den Eingang des Tunnels zu und prallte gegen einen Schild, der ihm den Weg versperrte. Was geht hier vor! Wer tut das?

Aber außer ihm war keiner hier. Nur Tayend. Dannyl blickte zu dem Tunnel hinüber, aber dort war niemand. Als weitere Angriffe erfolgten, hob er die Hände vor den Schild und sandte einen magischen Blitzschlag aus. Die undurchdringliche Barriere dieses Schildes hielt jedoch stand. Wenn er all seine Kraft zusammennahm, konnte er vielleicht … Aber er brauchte seine Energie, um den eigenen Schutzschild aufrechtzuerhalten.

Panik stieg in ihm auf. Jeder Zauber ermüdete ihn weiter. Er hatte keine Ahnung, wie lange dieser Angriff andauern würde. Wenn er wartete, würde dieser Ort - diese Falle - ihn vielleicht töten.

Denk nach!, befahl er sich. Die Angriffe von den Wänden zielten auf einen Punkt oberhalb des Zentrums der Plattform. Wenn er sich gegen den Schild presste, der ihm den Rückweg versperrte, würden die Angriffe ihn vielleicht verfehlen, wenn sein Schild zusammenbrach. Und wenn er seinen Schild sinken ließ und all seine Energie darauf verwandte, dieses Hindernis zu durchbrechen, würde es vielleicht fallen, bevor der nächste Angriff kam.

Das war das Einzige, was ihm einfiel. Er hatte keine Zeit, sich eine bessere Strategie zurechtzulegen. Er schloss die Augen und drückte sich gegen den Schild, ohne auf das Brennen der Magie zu achten. Dann holte er tief Luft, senkte seinen Schild und griff im selben Moment mit aller Kraft an.

Er spürte, dass die Barriere ins Wanken geriet. Gleichzeitig wurde ihm bewusst, dass ihn alle Kraft verließ. Er machte sich auf Schmerz gefasst, aber stattdessen fiel er in die Tiefe. Er öffnete die Augen, aber alles, was er sah, war Dunkelheit… eine Dunkelheit, in die er immer tiefer hinabstürzte, selbst nachdem er eigentlich auf dem Boden hätte aufkommen müssen …

»Lady Sonea.«

Sonea blickte auf, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. »Tania!«

Beim Anblick der Dienerin stiegen lieb gewordene Erinnerungen an frühmorgendliches Geplauder in Sonea auf, und ein Stich der Sehnsucht durchzuckte sie. Dann klopfte sie auf den Stuhl neben ihren, und Tania setzte sich.

»Wie geht es Euch?«, fragte Tania. Etwas im Gesichtsausdruck der Dienerin weckte in Sonea den Verdacht, dass sie keine positive Antwort erwartete.

»Gut.« Sonea zwang sich zu einem Lächeln.

»Ihr seht müde aus.«

Sonea zuckte die Achseln. »Ich bin abends zu oft spät ins Bett gekommen. Es gibt so viel zu lernen. Und wie geht es dir? Hält Rothen dich immer noch in Atem?«

Tania kicherte. »Er macht mir keine Mühe, obwohl er Euch schrecklich vermisst.«

»Ich vermisse ihn ebenfalls - und dich auch.«

»Ich habe einen Brief für Euch, Mylady«, sagte Tania. Sie zog ihn aus ihrem Gewand und legte ihn auf den Tisch. »Rothen meinte, er sei von Eurer Tante und Eurem Onkel und Ihr würdet ihn vielleicht gleich lesen wollen, deshalb habe ich mich erboten, ihn hierher zu bringen.«

Sonea griff eifrig nach dem Brief. »Danke.« Sie riss ihn auf und begann zu lesen. Die Schrift war steif und unpersönlich. Da ihre Tante und ihr Onkel nicht schreiben konnten, mussten sie, wenn sie einen Brief schicken wollten, die Dienste eines Schreibers in Anspruch nehmen.

»Meine Tante bekommt noch ein Kind!«, rief Sonea. »Oh, ich wünschte, ich könnte sie sehen.«

»Aber das könnt Ihr doch«, erwiderte Tania. »Die Gilde ist kein Gefängnis, wie Ihr wisst.«

Sonea sah die Frau nachdenklich an. Natürlich wusste Tania nichts über Akkarin. Aber Akkarin hatte nie gesagt, dass sie ihre Familie nicht besuchen dürfe. Und er hatte ihr nie verboten, die Gilde zu verlassen. Die Wachen am Tor würden sie nicht aufhalten. Sie konnte einfach in die Stadt spazieren und gehen, wohin sie wollte. Akkarin würde es nicht gefallen, aber da er sie gezwungen hatte, die geheimen Gänge zu verlassen und sich auf Gedeih und Verderb Regins Bande auszuliefern, verspürte sie keinen allzu großen Drang, sich fügsam zu zeigen.

»Du hast Recht«, sagte Sonea langsam. »Ich werde sie besuchen. Noch heute.«

Tania lächelte. »Sie werden sich bestimmt freuen, Euch wiederzusehen.«

»Ich danke dir, Tania«, erwiderte Sonea und erhob sich. Die Dienerin verbeugte sich, immer noch lächelnd, und ging auf die Bibliothekstür zu.

Mit einem wachsenden Gefühl der Erregung packte Sonea ihre Bücher wieder in ihren Koffer. Sie konnte sich mühelos durch die Stadt bewegen. Niemand würde sich über die Anwesenheit eines Magiers auf den Straßen den Kopf zerbrechen, nicht einmal wenn es sich dabei um einen Novizen handelte. Aber sobald sie die Hüttenviertel erreichte, würde ihre Robe Aufmerksamkeit erregen, wahrscheinlich sogar Feindseligkeit. Das war ein Problem, das sie bei ihren früheren Besuchen nicht hatte bedenken müssen, da sie damals noch keine Novizin gewesen war. Obwohl sie sich natürlich mit Magie gegen Wurfgeschosse oder andere Schikanen schützen konnte, wollte sie nicht, dass irgendjemand ihr folgte, ebenso wenig wie sie den Wunsch hatte, Aufmerksamkeit auf ihre Familie zu lenken.

Das Gesetz besagte jedoch, dass sie zu jeder Zeit die Uniform der Magier tragen müsse. Zwar machte es ihr nicht allzu viel aus, das Gesetz zu brechen, aber wo sollte sie in die schäbigen Kleidungsstücke schlüpfen, die ihr in den Hüttenvierteln als Tarnung dienen konnten - vorausgesetzt, es gelang ihr überhaupt, solche Kleidung zu finden?

Wenn sie ins Nordviertel kam, konnte sie auf dem Markt einen Mantel oder einen Umhang kaufen. Dafür benötigte sie jedoch Geld, und ihre Barschaft befand sich in ihrem Zimmer in der Residenz des Hohen Lords. Sie dachte noch einmal über ihren Plan nach. Wollte sie aus Angst vor Akkarin auf einen Besuch bei ihrer Familie verzichten? Nein. Er hielt sich tagsüber nur selten in der Residenz auf. Wahrscheinlich würde sie ihm überhaupt nicht begegnen.

Entschlossen griff sie nach ihrem Bücherkoffer, verbeugte sich vor Lady Tya und verließ die Bibliothek. Als sie durch die Flure der Universität ging, lächelte sie. Sie würde außerdem auch ein Geschenk für ihre Tante und ihren Onkel kaufen - und vielleicht würde sie anschließend in Gollins Gasthaus vorbeischauen, um Harrin und Donia zu sehen und sich nach Cery zu erkundigen.

Als sie die Residenz des Hohen Lords betrat, beschleunigte sich ihr Herzschlag. Zu ihrer Erleichterung war Akkarin nicht zu Hause, und sein Diener, Takan, erschien nur lange genug, um sich respektvoll vor ihr zu verbeugen und wieder zu verschwinden. Sie stellte ihren Bücherkoffer beiseite, schob sich einen Geldbeutel in ihre Robe und verließ ihr Zimmer. Als die Tür der Residenz hinter ihr zufiel, drückte sie den Rücken durch und ging auf die Tore zu.