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Akkarin kicherte über Lorlens Verwendung ihres gemeinsamen Kosenamens für die Gilde. Er reichte Lorlen ein Weinglas, dann nahm er ebenfalls Platz. »Ah, sie sorgen dafür, dass du beschäftigt bist, und ab und zu darfst du sie für ihr gutes Benehmen belohnen. Lord Dannyl war eine interessante Wahl für den zweiten Botschafter in Elyne.«

Lorlens Herz setzte einen Schlag aus. Er verbarg sein Erschrecken hinter einem besorgten Stirnrunzeln. »Eine Wahl, die du nicht getroffen hättest?«

»Er ist wie geschaffen für diese Rolle. In seinen Verhandlungen mit den Dieben hat er sowohl Initiative als auch Kühnheit bewiesen.«

Lorlen zog eine Augenbraue in die Höhe. »Er hätte sich allerdings zuerst mit uns absprechen sollen.«

Akkarin machte eine wegwerfende Handbewegung. »Die Höheren Magier hätten nur wochenlang darüber debattiert und dann die sicherste Entscheidung getroffen - und es wäre die falsche Entscheidung gewesen. Dannyl hat das vorausgesehen und die Missbilligung seiner Kollegen riskiert, um das Mädchen zu finden, was zeigt, dass er sich nicht von Autoritäten einschüchtern lässt, wenn deren Vorstellungen nicht zum Wohle anderer sind. Dieses Selbstbewusstsein wird er am Hof von Elyne dringend benötigen. Ich war überrascht, dass du mich nicht nach meiner Meinung gefragt hast, aber du wusstest gewiss, dass ich deine Entscheidung billigen würde.«

»Welche Neuigkeiten hast du für mich?«, fragte Lorlen.

»Nichts Aufregendes. Der König hat mich gefragt, ob die ›kleine Wilde‹, wie er Sonea nennt, in diesem Sommer in die Gilde aufgenommen worden sei. Ich habe seine Frage bejaht, und er war zufrieden. Dabei fällt mir übrigens ein anderer amüsanter Zwischenfall ein: Nefin vom Haus Maron hat gefragt, ob Fergun jetzt nach Imardin zurückkehren dürfe.«

»Schon wieder?«

»Es war das erste Mal, dass Nefin mir diese Frage gestellt hat. Der Letzte, der sich danach erkundigt hat, war Ganen, vor ungefähr drei Wochen. Wie es aussieht, hat jeder Mann und jede Frau aus dem Haus Maron die Absicht, mich auf dieses Thema anzusprechen. Es haben mich sogar schon Kinder gefragt, wann sie Onkel Fergun wiedersehen werden.«

»Und was hast du ihnen geantwortet?«

»Dass Onkel Fergun sehr, sehr ungezogen war, dass sie sich aber keine Sorgen machen müssten, da die netten Männer in der Festung aufpassen würden, dass er es während all der Jahre, die er dort bleiben werde, gut bei ihnen habe.«

Lorlen lachte. »Ich meinte, was hast du Nefin gesagt?«

»So ziemlich dasselbe. Nun, nicht mit genau denselben Worten natürlich.« Akkarin seufzte und strich sich über das Haar. »Sie geben mir nicht nur die Befriedigung, ihre Gesuche abzulehnen. Noch erfreulicher ist die Tatsache, dass ich seit Ferguns Abreise keine Heiratsanträge mehr aus dem Haus Maron bekommen habe. Was ein weiterer Grund ist, den Mann in der Festung zu belassen.«

Lorlen nahm einen Schluck von seinem Wein. Er war immer davon ausgegangen, dass Akkarin sich für die frivolen Frauen der Häuser herzlich wenig interessierte und sich irgendwann unter den Frauen der Gilde eine Gemahlin erwählen würde. Aber jetzt fragte er sich, ob Akkarin vielleicht beschlossen hatte, Junggeselle zu bleiben, um sein düsteres Geheimnis zu schützen.

»Sowohl das Haus Arran als auch das Haus Korin haben angefragt, ob wir Heiler für die Pflege ihrer Rennpferde erübrigen könnten«, bemerkte Akkarin nun.

Lorlen stieß einen verärgerten Seufzer aus. »Du hast ihnen natürlich mitgeteilt, dass das unmöglich sei?«

Akkarin zuckte die Achseln. »Ich habe geantwortet, dass ich darüber nachdenken werde. Vielleicht findet sich ja eine Möglichkeit, wie wir eine solche Bitte zu unserem Vorteil nutzen können.«

»Aber wir brauchen jeden Heiler, den wir haben.«

»Das stimmt. Andererseits neigen beide Häuser dazu, ihre Töchter unter Verschluss zu halten, als seien auch sie für Zuchtzwecke wertvoller als für alles andere. Wenn man sie dazu überreden könnte, diejenigen ihrer Mädchen, die Talent haben, zu uns zu schicken, hätten wir am Ende mehr als genug Heiler, um jene zu ersetzen, die uns verlassen, damit sie sich um die Pferde kümmern können.«

»In der Zwischenzeit hätten wir weniger Heiler, und diese wenigen müssten zusätzliche Zeit für die Ausbildung der neuen Mädchen verwenden«, wandte Lorlen ein. »Außerdem besteht die Möglichkeit, dass diese Mädchen sich nach ihrem Abschluss einer anderen Disziplin als der Heilkunst anschließen.«

Akkarin nickte. »Dann ist es eine Frage der Balance. Wir müssen genug Mädchen für die Gilde gewinnen, um sicherzustellen, dass wir die Heiler, die die Pferde versorgen sollen, ersetzen können. Unterm Strich werden wir mehr Heiler zur Verfügung haben, falls ein Unglück geschehen sollte, wie zum Beispiel ein Feuer oder ein Aufstand.« Akkarin klopfte mit seinen langen Fingern auf die Armlehne seines Sessels. »Außerdem hätte ein solches Vorgehen noch einen weiteren Vorteil. Lord Tepo ist vor einigen Monaten mit dem Wunsch an mich herangetreten, unsere Kenntnisse über die Heilkunst bei Tieren zu vergrößern. Seine Argumente waren ziemlich überzeugend. Dies könnte eine Möglichkeit für ihn sein, mit seinen Studien auf diesem Gebiet zu beginnen.«

Lorlen schüttelte den Kopf. »Für mich klingt das so, als würden wir damit nur die Zeit der Heiler verschwenden.«

Akkarin runzelte die Stirn. »Ich werde die Sache mit Lady Vinara besprechen.« Er blickte zu Lorlen auf. »Und, hast du Neuigkeiten für mich?«

»Allerdings«, sagte Lorlen. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und seufzte. »Furchtbare Neuigkeiten. Neuigkeiten, die viele Mitglieder der Gilde erschrecken werden, die dich jedoch von uns allen am meisten betreffen werden.«

»Tatsächlich?« Akkarins Blick wurde schärfer.

»Hast du noch mehr von diesem Wein, den wir gerade trinken?«

»Das ist die letzte Flasche.«

»Oje.« Lorlen schüttelte den Kopf. »Dann ist die Situation schlimmer, als ich gedacht hatte. Ich fürchte, das war der letzte Rest. Ich habe beschlossen, keine neuen Vorräte anzuschaffen. Nach dem heutigen Tag wird es keinen anurenischen Dunkelwein für den Hohen Lord mehr geben.«

»Das sind deine Neuigkeiten?«

»Schrecklich, nicht wahr?« Lorlen beugte sich vor. »Bist du sehr ungehalten darüber?«

Akkarin schnaubte. »Natürlich! Warum hast du keinen Nachschub bestellt?«

»Sie wollten zwanzig Goldmünzen pro Flasche.«

»Pro Flasche!« Akkarin stieß einen Pfiff aus. »Eine weitere gute Entscheidung, obwohl du in dieser Angelegenheit wirklich zuerst mit mir hättest sprechen müssen. Ich hätte bei Hofe hier und da ein paar Worte fallen lassen können… nun, ich kann es immer noch.«

»Dann denkst du also, dass in einigen Wochen ein vernünftigeres Angebot auf meinem Schreibtisch liegen wird?«

Akkarin lächelte. »Ich werde sehen, was sich machen lässt.«

Einen Moment lang schwiegen sie beide, dann leerte Lorlen sein Glas und erhob sich. »Ich sollte mich wohl langsam auf den Weg zum Abendsaal machen. Kommst du mit?«

Akkarins Miene verdüsterte sich. »Nein, ich habe noch eine Verabredung in der Stadt.« Er blickte zu Lorlen auf. »Es war schön, dich wiederzusehen. Du solltest öfter herkommen. Ich möchte keine Zusammenkünfte mit dir vereinbaren, nur um herauszufinden, was in der Gilde gerade geredet wird.«

»Ich werde es versuchen.« Lorlen brachte ein Lächeln zustande. »Vielleicht solltest du häufiger einmal in den Abendsaal kommen. Dann würdest du selbst das eine oder andere Gerücht hören.«

Der Hohe Lord schüttelte den Kopf. »Wenn ich in der Nähe bin, sind alle immer so vorsichtig. Außerdem liegen meine Interessen außerhalb der Grenzen der Gilde. Unsere Familienskandale überlasse ich lieber dir.«

Lorlen stellte sein Weinglas auf den Tisch und ging zur Tür, die sich lautlos öffnete. Als er sich noch einmal zu Akkarin umdrehte, nippte dieser zufrieden an seinem Wein.

»Gute Nacht«, sagte er.

Akkarin hob zur Antwort sein Glas. »Viel Vergnügen.«

Als sich die Tür hinter ihm schloss, holte Lorlen tief Luft und verließ das Gebäude. Er dachte noch einmal darüber nach, was besprochen worden war. Akkarin hatte sich zustimmend über Dannyls Ernennung geäußert - was in Anbetracht der Umstände recht ironisch war. Der Rest des Gesprächs war entspannt und unbefangen gewesen; bei solchen Gelegenheiten konnte man die Wahrheit leicht vergessen. Aber Lorlen hatte schon oft darüber gestaunt, wie gut Akkarin sich darauf verstand, bei ihren Gesprächen Andeutungen über seine geheimen Aktivitäten zu machen. »Meine Interessen liegen außerhalb der Grenzen der Gilde.« Das dürfte, gelinde gesagt, der Wahrheit entsprechen.