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Lorlen schnaubte leise. Zweifellos hatte Akkarin von seinen Besuchen bei Hofe und beim König gesprochen. Ich kann nicht umhin, seine Worte im Lichte dessen zu deuten, was ich weiß.

Die Besuche bei Akkarin hatten ihn vor Soneas Anhörung niemals so viel Kraft gekostet. Als er jetzt die Residenz des Hohen Lords verließ, war er müde und erleichtert, dass er es für diesmal geschafft hatte. Er dachte an sein Bett und schüttelte den Kopf. Er würde im Abendsaal noch endlose Fragen über sich ergehen lassen müssen, bevor er sich in sein Quartier davonstehlen konnte. Seufzend beschleunigte er seine Schritte.

5

Nützliche Fähigkeiten

Während Sonea darauf wartete, dass der Unterricht begann, schlug sie ihr Notizbuch auf, um darin zu lesen. Ein Schatten fiel über ihr Pult, und sie zuckte zusammen, als jemand sich plötzlich vorbeugte und nach einem ihrer Papiere griff. Sie versuchte verzweifelt, das Papier festzuhalten, aber sie war zu langsam.

»Nun, was haben wir denn da?« Regin schlenderte durch den Raum und lehnte sich an das Schreibpult des Lehrers. »Soneas Notizen.«

Sonea sah ihn kalt an. Die anderen Novizen beobachteten ihn voller Interesse. Regin überflog die Seite und lachte begeistert auf.

»Sehr euch nur diese Handschrift an!«, rief er und hielt das Blatt in die Höhe. »Sie schreibt wie ein Kind. Oh, und erst die Rechtschreibfehler!«

Sonea unterdrückte ein Stöhnen, als er zu lesen begann und dabei so tat, als hätte er größte Mühe, die Worte zu entziffern. Nach einigen Sätzen brach er ab und sinnierte laut über deren Bedeutung. Mehrere Novizen kicherten, und Sonea spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Dann machte Regin sich grinsend daran, die Rechtschreibfehler zu betonen, indem er jedes Wort buchstabengetreu vorlas, und schließlich hallte hemmungsloses Lachen durch den Raum.

Sonea stützte einen Ellbogen auf ihren Tisch, legte das Kinn in die Hand und versuchte, unbeeindruckt dreinzublicken, während ihr ganzer Körper abwechselnd heiß und kalt wurde und Wut und Demütigung miteinander wetteiferten.

Plötzlich straffte sich Regin und eilte zu seinem Platz zurück. Als das Gelächter verebbte, konnten sie von draußen Schritte hören. Eine in Purpur gewandete Gestalt erschien in der Tür. Lord Elben blickte auf die Klasse hinab, dann ging er zum Pult und stellte eine hölzerne Schatulle darauf.

»Feuer«, begann er zu sprechen, »ist wie ein lebendiges Geschöpf, und wie ein lebendiges Geschöpf hat es Bedürfnisse.«

Er öffnete die Schatulle und nahm eine Kerze und eine kleine Schale heraus. Mit einer schnellen Handbewegung spießte er die Kerze auf einen Dorn in der Mitte der Schale.

»Feuer braucht Luft und Nahrung, ebenso wie alle Geschöpfe. Glaubt jedoch nicht, es sei ein Geschöpf.« Er kicherte. »Das wäre töricht, aber andererseits dürft ihr nicht vergessen, dass es sich häufig so benimmt, als hätte es einen eigenen Willen.«

Irgendjemand hinter ihr unterdrückte ein Lachen. Sonea drehte sich um. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Kano verstohlen etwas an Vallon weiterreichte, und ihr Magen krampfte sich zusammen. Ohne dass Lord Elben etwas davon bemerkte, diente ihre Handschrift der ganzen Klasse zur Erheiterung.

Sie holte tief Luft und seufzte leise. Die zweite Unterrichtswoche stellte keine Verbesserung gegenüber der ersten dar. Alle Novizen scharten sich inzwischen bei jeder Gelegenheit um Regin. Alle bis auf Shern, der eines Tages behauptet hatte, er könne das Sonnenlicht durch die Decke fallen sehen, und nach diesem Ausbruch war er dann urplötzlich verschwunden. Sonea wusste, dass sie in Regins kleiner Bande nicht willkommen war, ebenso wie sie wusste, dass Regin die Absicht hatte, sie zum Ziel all seiner Scherze und Streiche zu machen.

Sie war die Ausgestoßene. Aber im Gegensatz zu den Jungen, die vergebens versucht hatten, Aufnahme in Harrins Bande zu finden, konnte sie nicht einfach irgendwo anders hingehen. Sie musste es mit den anderen Novizen aushalten.

Also machte sie sich den einzigen Schutz zunutze, der ihr einfieclass="underline" Sie ignorierte sie. Wenn sie Regin und die anderen nicht damit belohnte, dass sie auf ihre kleinen Bosheiten reagierte, würden sie des Spiels schließlich müde werden und sie in Ruhe lassen.

»Sonea.«

Sie zuckte zusammen und stellte fest, dass Lord Elben sie missbilligend betrachtete. Ihr Herz begann zu hämmern. Hatte er mit ihr gesprochen? War sie so mit ihrem Selbstmitleid beschäftigt gewesen, dass sie ihn nicht gehört hatte? Würde er sie vor der Klasse zurechtweisen?

»Ja, Lord Elben?«, sagte sie und machte sich auf eine weitere Demütigung gefasst.

»Du wirst als Erste versuchen, diese Kerze zu entzünden«, sagte er. »Vorher möchte ich dir noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass die Erzeugung von Wärme einfacher ist, wenn…«

Erleichtert konzentrierte Sonea ihren Willen auf die Kerze. Sie konnte beinahe Rothens Stimme hören, als seine Anweisungen sich in ihrem Kopf noch einmal abspulten. »Nimm ein klein wenig Magie zu Hilfe, strecke deinen Willen aus, konzentriere deinen Geist auf den Docht, forme die Magie, und lass sie frei…« Im nächsten Moment spürte sie, wie ein kleiner Splitter ihrer Kraft auf den Docht übersprang, und eine Flamme erwachte zum Leben.

Lord Elben, der den Mund noch immer geöffnet hatte, blinzelte überrascht. »…vielen Dank, Sonea«, beendete er seinen Satz. Dann sah er die übrigen Novizen an. »Ich habe Kerzen für euch alle. Eure Aufgabe heute Morgen besteht darin, zu lernen, wie ihr sie anzünden könnt. Anschließend werdet ihr euch darin üben, die Flammen möglichst schnell und mit so wenig Konzentration wie möglich zu entfachen.«

Er nahm einige Kerzen aus der Schachtel und stellte eine vor jeden der Novizen hin. Sie machten sich sofort ans Werk. Sonea beobachtete sie, und ihre Erheiterung wuchs, als sie sah, dass keine Kerze, nicht einmal die von Regin, zu brennen begann.

Elben kehrte an sein Pult zurück und nahm eine mit blauer Flüssigkeit gefüllte Glaskugel heraus, die er zu Sonea brachte und auf ihren Tisch stellte.

»Das ist eine Übung, die dich Raffinesse lehren wird«, erklärte er ihr. »Die Substanz in diesem Behälter reagiert auf die Temperatur. Wenn du sie langsam und gleichmäßig erwärmst, wird sie rot. Wenn du es nicht tust, werden sich Bläschen bilden, die sich erst nach einigen Minuten wieder auflösen. Ich möchte Rot sehen, keine Bläschen. Ruf mich, wenn du es geschafft hast.«

Sonea nickte und wartete, bis er zu seinem Pult zurückgekehrt war, dann konzentrierte sie sich auf die Kugel. Anders als beim Entzünden einer Kerze brauchte sie hier nur Wärmeenergie. Also holte sie tief Luft und formte ein wenig Magie zu einem sanften Nebel, der das Glas gleichmäßig erhitzen sollte. Die Flüssigkeit darin verdunkelte sich zu einem tiefen Rotton.

Befriedigt blickte sie auf und stellte fest, dass Elben mit Regin redete.

»Ich verstehe das nicht«, sagte der Junge.

»Versuch es noch einmal«, erwiderte Elben.

Regin starrte auf die Kerze in seiner Hand, und seine Augen wurden schmal.

»Lord Elben?«, fragte Sonea vorsichtig. Der Lehrer drehte sich zu ihr um.

»Man muss also praktisch Magie in den Docht hineindenken?«, sprach Regin weiter und zog auf diese Weise Elbens Aufmerksamkeit wieder auf sich.

»Ja«, sagte Elben, in dessen Stimme jetzt eine Spur Ungeduld mitschwang. Als Regin sich wieder seiner Kerze zuwandte, kam der Lehrer zu Sonea und betrachtete ihre Kugel. Dann schüttelte er den Kopf.