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George hatte selbst das Gefühl, eine leere Drohung ausgesprochen zu haben. Aber auf Ingenescu wirkte sie verblüffend.

Er sagte: "Das ist eine unmögliche Bedingung. Ein Novianer während der Olympischen Spiele..."

"Gut, dann lassen Sie mich mit einem Novianer telephonieren, damit ich selbst ein Gespräch vereinbaren kann."

"Glauben Sie, daß Sie das schaffen?"

"Ich weiß es ganz sicher. Warten Sie nur ab."

Ingenescu warf George einen nachdenklichen Blick zu und griff dann nach dem Hörer des Visiphons.

George wartete gespannt. Jetzt konnte nichts mehr schiefgehen. Nichts. Er würde doch noch nach Novia auswandern. Trotz Antonelli und den anderen Trotteln in der Anstalt für Schwachsinnige.

* * *

George beobachtete, wie der Bildschirm aufleuchtete. Jetzt mußten gleich einige Novianer darauf zu sehen sein - ein Stück Novia, das auf die Erde verpflanzt worden war. In nur vierundzwanzig Stunden hatte er das alles geschafft.

Zunächst wurde nur lautes Gelächter hörbar, während auf dem Bildschirm undeutliche Gestalten von Männern und Frauen auftauchten und wieder verschwanden. Dann erklang eine laute Stimme. "Ingenescu? Er will mit mir sprechen?"

Nun erschien ein einzelner Mann auf dem Bildschirm. Ein Novianer. Ein echter Novianer. (George zweifelte nicht einen Augenblick daran, denn der Mann wirkte auf unerklärliche Weise fremdartig.)

Er lächelte. "Ladislaus, das geht zu weit. Wir sind darauf vorbereitet, während unseres Aufenthalts auf der Erde überwacht zu werden, aber Gedankenleserei ist doch etwas unverschämt."

"Gedankenleserei, Ehrenwerter?"

"Geben Sie es lieber gleich zu! Sie haben gewußt, daß ich Sie heute abend anrufen wollte. Sie haben gewußt, daß ich nur noch austrinken wollte." Er hob die Hand und zeigte ein Glas, das mit einer hellvioletten Flüssigkeit gefüllt war. "Leider kann ich Ihnen keinen Drink anbieten."

George saß in einem toten Winkel des Hotelzimmers, wo der Novianer ihn nicht sehen konnte. Er war froh darüber, denn seine Nervosität kannte im Augenblick keine Grenzen. Aber er mußte sich konzentrieren, mußte ruhiger werden...

Er hatte recht gehabt. Er hatte sich nicht verschätzt. Ingenescu war ein bedeutender Mann. Der Novianer hatte ihn mit dem Vornamen angesprochen.

Ausgezeichnet! Alles schien zu klappen. Was George durch Antonelli verloren hatte, würde er durch Ingenescu wieder hereinholen. Und eines Tages würde er wieder auf die Erde zurückkommen, sich von jedermann mit "Ehrenwerter" ansprechen lassen und seine Rechnung mit Antonelli begleichen...

Er war so in Gedanken verloren, daß er erst einige Minuten später bemerkte, daß er das Gespräch zwischen Ingenescu und dem Novianer nicht weiter verfolgt hatte.

"Das ist nicht stichhaltig", sagte der Novianer eben. "Unsere Zivilisation ist ebenso fortgeschritten wie eure. Schließlich sind wir nicht Zeston. Deshalb ist es lächerlich, daß wir einzelne Techniker von hier importieren."

"Nur die letzten Modelle", meinte Ingenescu beruhigend. "Sie müssen berücksichtigen, daß der Bedarf an neuem Material sich nie ganz sicher feststellen läßt. Die Erziehungsbänder würden genauso viel wie tausend Techniker kosten - und woher wollen Sie wissen, daß Sie nicht nur dreihundert brauchen?"

Der Novianer leerte sein Glas und lachte. (George war darüber beunruhigt, daß der Mann schon wieder nach einem gefüllten Glas griff. War er etwa bereits betrunken?)

"Das ist doch nur eine fromme Lüge, Ladislaus", sagte der Novianer. "Sie wissen genau, daß wir jede Menge Techniker brauchen können. Allein heute nachmittag habe ich wieder fünf Metallurgen angeworben..."

"Ich weiß", warf Ingenescu ein. "Ich war dort."

"Aha, Sie spionieren mir also nach!" rief der andere aus. "Hören Sie zu, ich will Ihnen die Sache erklären. Diese neuen Metallurgen unterscheiden sich von den alten nur dadurch, daß sie den Beeman-Spektrographen bedienen können. Im Grunde genommen sind die Bänder also nicht einmal so viel (er drückte Daumen und Zeigefinger zusammen) von denen verschieden, die letztes Jahr benutzt wurden. Ihr bringt nur immer wieder neue Modelle heraus, um uns dazu zu zwingen, mit dem Hut in der Hand auf die Erde zu kommen und sie zu kaufen."

"Wir zwingen euch nicht dazu."

"Nein, aber ihr verkauft die letzten Modelle an Landonum, und wir müssen darauf achten, daß wir den Anschluß nicht verlieren. Das ist vielleicht ein ganz hübsches Karussell, aber eines Tages finden wir doch noch einen Ausweg." Er lachte kurz.

"Das hoffe ich ebenfalls", antwortete Ingenescu ernsthaft. "Aber ich habe eigentlich angerufen, um Sie..."

"Richtig, Sie haben angerufen. Na schön, ich weiß ohnehin, daß wir nächstes Jahr wieder einen Haufen Geld für neue Metallurgen ausgeben werden, weil ihr wieder etwas an ihnen verändert habt, aber... Also, was wollten Sie von mir, Ladislaus?"

"Ich habe einen jungen Mann hier, der Sie sprechen möchte."

"Oh?" Der Novianer schien nicht übermäßig begeistert zu sein. "In welcher Angelegenheit?"

"Das kann ich nicht sagen. Er hat es mir nicht erzählt. Er hat mir nicht einmal seinen Namen und seinen Beruf verraten."

Der Novianer runzelte die Stirn. "Warum soll ich mir dann von ihm meine Zeit stehlen lassen?"

"Er scheint sich ziemlich sicher zu sein, daß Sie an dem Interesse haben werden, was er zu sagen hat."

"Wirklich?"

"Außerdem würden Sie mir damit einen Gefallen erweisen", fügte Ingenescu hinzu.

Der Novianer zuckte mit den Schultern. "Schön, lassen Sie ihn an den Apparat. Aber er soll keine langen Reden schwingen."

Ingenescu trat zur Seite und flüsterte George zu: "Sprechen Sie ihn als ›Ehrenwerter‹ an."

George schluckte trocken. Der entscheidende Augenblick war gekommen.

* * *

George spürte, daß ihm am ganzen Körper der Schweiß ausbrach. Aber trotzdem war er überraschend ruhig und gefaßt, als er seine Gedanken vortrug, die ihm erst in den vergangenen vierundzwanzig Stunden gekommen waren.

George sagte: "Ehrenwerter, ich kann Ihnen einen Ausweg aus dem ewigen Karussell zeigen." Er benutzte absichtlich das gleiche Bild wie zuvor der Novianer.

Der Novianer sah ihn ernst an. "Welches Karussell meinen Sie?"

"Sie haben selbst davon gesprochen, Ehrenwerter. Das Karussell, von dem Novia nicht mehr herunter kann, so daß Ihr Planet jedes Jahr neue Techniker auf der Erde anwerben muß." (Er spürte, daß seine Zähne aufeinanderschlugen - aber vor Aufregung, nicht aus Angst.)

Der Novianer nickte. "Sie behaupten also, einen Ausweg gefunden zu haben, durch den wir vermeiden könnten, in Zukunft unsere Nachwuchskräfte von der Erde zu beziehen. Habe ich Sie richtig verstanden?"

"Genau, Sir. Sie könnten ein eigenes Erziehungssystem aufbauen."

"Hmm. Ohne Bänder?"

"J-ja, Ehrenwerter."

Der Novianer sah weiterhin George an, als er ausrief: "Ingenescu, lassen Sie sich wieder sehen!"

Der Historiker blieb hinter George stehen und sah ihm über die Schulter.

"Was soll das alles?" erkundigte der Novianer sich. "Anscheinend verstehe ich den jungen Mann nicht ganz."

"Ich versichere Ihnen", beteuerte Ingenescu, "daß er alles aus eigenem Antrieb tut. Ehrenwerter. Ich habe ihn nicht dazu angehalten und habe nichts damit zu schaffen."

"Gut, aber weshalb setzen Sie sich dann für ihn ein? Warum rufen Sie mich seinetwegen an?"

"Er ist ein Studienobjekt, Ehrenwerter", erklärte Ingenescu dem Novianer. "Für mich ist er wertvoll, deshalb versuche ich ihn bei guter Laune zu halten."

"In welcher Beziehung ist er wertvoll?"

"Das ist schwer zu erklären; es hängt mit meinem Beruf zusammen."

Der Novianer lachte kurz. "Schön, jeder auf seine eigene Weise." Er wandte sich an die Personen, die hinter ihm zu stehen schienen, obwohl sie im Augenblick nicht sichtbar waren. "Hier ist Ingenescus Protegé, ein junger Mann, der uns erklären will, wie man ein Erziehungssystem ohne Bänder aufbaut." Er ließ sich ein neues Glas geben und wandte sich wieder an George. "Nun, junger Freund?"