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Ich schaltete das Radio ein, während ich durch die engen schattigen Straßen fuhr, die nach Shanklin Village führten. Cat Stevens sang >I'm being followed by a moonshadow<, und ich stimmte ein: »Moonshadow ... moonshadow!«

Die Sonne blitzte grell zwischen den Blättern hindurch.

Der Rattenfänger lebte in einem kleinen blendend weißen Cottage am Rande von Shanklin Old Village. Im Garten blühten überall rote und gelbe Chrysanthemen und leuchtende Geranien, und er war voll gestellt mit braun lackierten Betoneichhörnchen mit Bernsteinaugen, mit Betongartenzwergen, Beton-Katzen, einer Miniaturwindmühle, einem Miniaturwunschbrunnen, einem Schloss und einem Betonspaniel.

Seine Frau saß auf der Veranda in einem Liegestuhl und strickte an etwas Braunem, Konturlosem. Eine korpulente Frau mit rosafarbenen Plastiklockenwicklern und in einem Baumwollkleid, das über und über mit Ankern bedruckt war. Auf den Fliesen neben ihrem Stuhl standen eine leere Teetasse und ein Tablett mit Biskuits. Ich stand am Gartentor und sah in den Garten, der so klein war, dass ich mich fast hätte vorbeugen und ihr das Strickzeug aus der Hand nehmen können. Sie schaute auf und sagte: »Ja?«, als habe sie mich nicht kommen sehen.

»Ich suche Harry Martin.« »Ach ja? Und wer sucht ihn?«

»Der Landrat sagt, dass er noch immer Ratten fängt.«

»Ach ja? Er ist im Ruhestand.«

»Ist er zu Hause?«

»Er macht sein Nickerchen.«

»Bitte?«

»Seinen Mittagsschlaf. Er ist siebenundsechzig, er braucht das.«

»Oh, sicher. Soll ich später wiederkommen?«

Im selben Moment wurde ich vom Erscheinen eines weißhaarigen Mannes in der Tür unterbrochen. Er stopfte gerade ein Hemd in seine braune Hose. Sein Nase war so verdreht, als sei sie in dem Moment gegen eine Glasscheibe gedrückt worden, in dem der Wind gewechselt hatte. Harry Martin, in voller Lebensgröße.

»Ich habe mitgekriegt, dass Sie nach mir gefragt haben«, sagte er. »Mein Schlafzimmerfenster ist gleich hier oben, da konnte ich Sie gar nicht überhören.«

»Tut mir Leid. Ich wollte Sie nicht stören.«

Er öffnete das Gartentor. »Macht doch nichts. Kommen Sie rein.«

Mrs. Martin machte Platz, während Harry Martin mich ins Wohnzimmer schob. Das Zimmer war chronisch zu klein. Velourstapete, Sessel, über die Schondecken gelegt worden waren, ein Sideboard voller Blechnippes und Porzellanballerinas. Ein riesiger Fernseher füllte eine Wand aus, und auf dem Tisch aus den sechziger Jahren, auf dem er stand, stapelten sich monatealte Ausgaben der TV Times.

»Setzen Sie sich«, sagte er, und ich befolgte seine Aufforderung.

»Ich habe Probleme mit Ratten«, erklärte ich. »Besser gesagt, mit einer Ratte. Einer ziemlich großen.«

»Hmm«, sagte er. »Ich schätze, die Gemeindeverwaltung hat Sie direkt an mich verwiesen.«

»Das stimmt.«

»Einen Vollzeitjob wollen sie mir nicht geben, das können sie sich nicht leisten. Das hat alles mit dieser Kopfsteuer zu tun. Ich habe ihnen gesagt, dass ich keine Ratten mehr fange, aber sie schicken die Leute trotzdem zu mir. Ich mache jetzt in Gartenarbeit, das ist sicherer.«

»Ich würde Sie ja auch bezahlen«, sagte ich.

»12,50 Pfund. Außerdem Materialkosten, wenn ich zum Beispiel ein defektes Abflussrohr ersetzen oder ein Loch schließen muss.«

»Klingt akzeptabel.«

Harry Martin nahm eine Tabakdose vom Tisch neben seinem Sessel, öffnete sie und begann, sich eine Zigarette zu drehen, ohne hinzusehen.

»Und wo steckt Ihre Ratte?«

»Auf dem Dachboden.«

»Ja, aber wo? Auf welchem Dachboden?«

»Oh, entschuldigen Sie. Im Fortyfoot House.«

Harry Martin hatte ein Streichholz angerissen, um seine selbst gedrehte Zigarette anzuzünden, doch als er >Fortyfoot House< hörte, hielt er in seiner Bewegung inne und starrte mich an, während das Streichholz weiterbrannte. Die Zigarette hing unangezündet im Mund.

Erst als ich »Achtung!« rief, bemerkte er es, blies das Streichholz aus und öffnete die kleine Schachtel, um ein neues herauszuholen.

»Ich bin den Sommer über in Fortyfoot House«, erklärte ich. »Mr. und Mrs. Tarrant wollen es verkaufen, und ich erledige einige Reparaturen.«

»Ich verstehe ... und ich hatte davon gehört, dass sie es verkaufen wollten. Wenn Sie meine Meinung hören wollen ... es wäre besser, das ganze verdammte Ding einfach abzureißen.«

»Ich möchte nicht behaupten, dass ich da anderer Meinung bin. Aber ich soll es leer räumen und renovieren, und als Erstes möchte ich diese Ratte loswerden.«

Harry Martin zündete die Zigarette an und blies den dicken aromatischen Rauch in die Luft. »Aber Sie haben sie gesehen, diese Ratte?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nur ungenau. Sie sah ziemlich groß aus.«

»Sie ist ziemlich groß«, versicherte er mir.

»Sie wissen davon?«

»Natürlich. Jeder in der Gegend um Bonchurch und Old Shanklin Village weiß davon. Neulinge natürlich ausgenommen.«

Ich war erstaunt. »Jeder weiß davon?«

»Jeder weiß davon, aber niemand redet darüber, das ist alles.«

»Und warum nicht?«

»Wenn man darüber redet, dann muss man auch darüber nachdenken. Und das will keiner.«

»Wie lange ist sie schon da?«, fragte ich beunruhigt.

»Die Ratte war schon da, als ich ein kleiner Junge war«, antwortete Harry Martin schulterzuckend. »Ich bin jetzt siebenundsechzig. Sind Sie gut im Kopfrechnen?«

Ich begann zu vermuten, dass Harry Martin mich auf den Arm nehmen wollte. Bei diesen alten Kerlen muss man auf der Hut sein. Sie lieben es, andere aufzuziehen. Ihre Geschichten werden mit jedem neuen Dreh schräger und schräger, und ehe man sich versieht, grinsen sie einen schelmisch an, bis man erkennt, dass man ihnen auf den Leim gegangen ist.

»Ratten leben normalerweise nicht so lange, oder? Ich bin mal mit einem Freund durch die Londoner Kanalisation gegangen, und er sagte, dass sie meistens nur drei oder vier Jahre alt werden, wenn überhaupt.«

»Fortyfoot House hat nichts mit der Londoner Kanalisation zu tun, stimmt's?«, erwiderte Harry Martin. »Und das hier ist keine normale Ratte. Es gibt sogar einige Leute, die glauben, dass es sich überhaupt nicht um eine Ratte handelt.«

Irgendwie ließ die Normalität des mit Möbeln voll gestellten Salons diese Worte ausgesprochen beunruhigend wirken. Die Sonne schien auf die Oberseite des Fernsehers und beleuchtete ein Schiffssteuerrad mit einem imitierten Aquarium in der Mitte. Bienen flogen durch die geöffneten Fenster ein und aus. »Keine Ratte?<, wunderte ich mich. Wie meinte er das? Möglicherweise nahm er mich auf den Arm. Aber sein von tiefen Falten durchzogenes Gesicht machte einen völlig ernsten Eindruck. Und wenn es ein Witz sein sollte, dann entging mir die Pointe.

»Was ist es dann?«

Harry Martin schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Ich habe mir auch noch nie die Mühe gemacht, es herauszufinden.«

»Haben die Tarrants Sie nie gebeten, die ... das Ding fortzuschaffen?«

»Die Tarrants waren dafür gar nicht lange genug dort. Sie haben es spottbillig gekauft, weil es so lange Zeit leer gestanden hatte. Sie hatten große Pläne. Ein Swimmingpool, Anbauten, was Sie wollen. Dann erlebten sie einige schlechte Nächte, danach blieben sie nicht mehr so oft da. Und dann gab es eine richtig üble Nacht, und seitdem sind sie nie wieder dort geblieben.«

»Was meinen Sie mit einer »richtig üblen Nacht<?«

Harry Martin blies Zigarettenrauch in die Luft, während sein Gesichtsausdruck nichts davon verriet, was er dachte. »Lichter und Lärm. Grelles Licht. Und Geräusche, die man nicht beschreiben kann. Und Stimmen, die viel lauter waren als normale Stimmen.«