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Ich schaltete die Nachttischlampe an. »Leute, die sich verstecken, machen für gewöhnlich nicht einen derartigen Lärm.«

»Vielleicht will er dir Angst einjagen«, überlegte Liz.

»Ich bin oben gewesen«, erklärte ich. »Ich habe etwas gesehen, das wie eine Ratte aussah. Es hat eindeutig nicht wie ein Mensch ausgesehen.«

»Also, ich finde, dass es nach einem Menschen klingt.«

Wir warteten wieder. Ich war frustriert und beunruhigt zugleich. Ich verspürte den Wunsch, einen Schürhaken oder einen Cricketschläger zu nehmen und diesen verdammten Brown Johnson totzuschlagen. Ich fragte mich bloß, ob ich das auch wirklich konnte, wenn wir uns von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden. Was, wenn es keine Ratte war? Wenn es ein Hausbesetzer, ein Landstreicher oder sogar ein Psychopath war, der sich vor dem Licht oder vielleicht vor dem Gesetz versteckte? Was, wenn es nichts in dieser Art war, sondern etwas völlig anderes? Etwas so Entsetzliches, dass niemand es beschreiben konnte?

Was immer es war, es musste verschwinden. Ich war mir bloß nicht sicher, ob ich in der Lage war, dieses Etwas aus dem Haus zu jagen. Wenn die Menschen in Bonchurch seit so vielen Jahren davon wussten, warum hatte sich nicht früher jemand darum gekümmert? Warum hatten die Tarrants nicht versucht, das Ding loszuwerden?

Fünf Minuten lang war nichts mehr zu hören, und schließlich nahm ich Liz an der Hand und sagte: »Komm wieder ins Bett. Wir sollten versuchen, ein wenig zu schlafen.«

»Ich gehe besser wieder in mein Zimmer«, sagte sie. »Wir wollen doch nicht, dass Danny mich hier antrifft.«

»Ich glaube nicht, dass es Danny stören würde.«

»Nein, aber es würde mich stören. Ich bin weder seine Mutter noch deine Geliebte. Wir sind einfach nur beim Vögeln gestört worden.«

Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Ich hatte gehofft, dass wir da weitermachen würden, wo wir aufgehört hatten. Oder dass wir vielleicht einen Teil wiederholen würden. Aber offenbar war Liz nicht in der Stimmung dazu. Ich hatte mindestens fünf freche Antworten auf der Zunge, aber ich biss mir auf die Lippen. Vielleicht war sie ja morgen Abend wieder in der richtigen Stimmung.

Sie kletterte aus dem Bett und zog ihr T-Shirt nach unten, aber ich konnte einen kurzen Blick auf ihre glänzenden dunkelroten Schamlippen werfen. Es war eines von diesen Bildern, die nur einen Sekundenbruchteil währen-, die man aber sein Leben lang nicht vergisst.

»Höschen«, sagte ich und hielt ihren Slip hoch.

»Danke«, erwiderte sie lächelnd. »Schlaf gut.«

Sie hauchte mir einen Kuss zu, dann ging sie aus dem Schlafzimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Ich blieb, wo ich war, auf einen Ellbogen gestützt, und hatte das Gefühl, dass ich die Frauen niemals verstehen würde. Mein Freund Chris Pert hatte mal gesagt, Frauen seien das einzige unlösbare Problem, das einen sexuell stimulieren könne.

Ich wollte gerade das Licht ausmachen, als sie wieder ins Zimmer zurückkehrte.

»Was ist los?«, fragte ich. Sie sah zutiefst beunruhigt aus, ihre Augen waren weit aufgerissen.

»Vom Dachboden kommt Licht, ein sehr grelles Licht.«

»Da oben gibt es kein Licht. Die Leitungen sind marode.«

»Komm mit und sieh es dir an.«

Ich erhob mich aus dem Bett und griff nach meinen Boxershorts, die so gestreift waren wie Zahnpasta.

»Ich wollte gerade die Tür zumachen, als ich etwas flackern sah. Es sieht so aus, als stimme mit der Elektrik etwas nicht.«

Ich trat in den Korridor, und Liz folgte mir. Es war völlig finster. »Ich kann nichts entdecken«, sagte ich zu ihr. »Wahrscheinlich hat sich nur was gespiegelt, als du die Tür zu deinem Schlafzimmer geöffnet hast. Auf dem Treppenabsatz befindet sich ein Spiegel.«

»Da hat sich nichts gespiegelt«, beteuerte Liz. »Es war blau, wie Elektrizität.«

Ich tastete mich an der Wand entlang bis zum Treppenabsatz. Es war so dunkel, dass es einfacher für mich war, die Augen zu schließen und mich wie ein Blinder vorzutasten. Liz war weiter dicht hinter mir, ihre Hand lag auf meiner Schulter. »Es war nur ein paar Sekunden lang zu sehen. Aber es schien so grell.«

Wir hatten fast den Absatz erreicht, als wir einen schrillen Schrei hörten, wie von einem Kind, das sich in größter Gefahr befand. Meine Nackenhaare richteten sich auf, und ich sagte: »Scheiße, was zum Teufel ist das?« Liz griff verängstigt nach meiner Hand, und ich hielt sie genauso fest.

Das Schreien wurde schriller, während es sich uns näherte, und war so durchdringend wie das Gellen der Pfeife eines herannahenden Zuges. Dann verhallte es allmählich.

Im nächsten Augenblick hörten wir beide ein Geräusch, das an ein tiefes, dröhnendes Grollen erinnerte. Allerdings hörte es sich nicht wie irgendein mir vertrautes Geräusch von einem Tier an, das ich jemals gehört hatte, weder im Zoo noch in einer Tiersendung. Vielmehr klang es wie eine zu langsam abgespielte Aufnahme einer menschlichen Stimme. Tief und verzerrt - und so laut, dass die Fenster vibrierten.

Dann flackerte das Licht und drang durch die Spalten rings um die Tür zum Speicher. Ein grelles blaues Licht, das für einen Augenblick den gesamten Korridor und den Treppenabsatz erhellte. Ich sah Liz' bleiches, entsetztes Gesicht. An der Wand des Flurs entdeckte ich ein Bild des gekreuzigten Jesus.

»Allmächtiger«, flüsterte Liz. »Was ist das?«

Ich nahm eine wenig überzeugende heldenhafte Haltung an und strich ihr über die Hand. »Es gibt eine vernünftige Erklärung dafür«, sagte ich, während mir schauderte. Noch immer trieben die Lichtformen vor meinen Augen umher. »Ein Kurzschluss oder etwas Ähnliches. Vielleicht auch Statik. Das Meer ist nicht weit entfernt, es könnte ein Elmsfeuer sein.«

»Was?«

»Du weißt schon, Elmsfeuer. Manchmal sieht man es an den Schiffsmasten oder an den Spitzen von Tragflächen. Die Seeleute nannten es Elmsfeuer. Nach dem Schutzheiligen der Seeleute im Mittelmeerraum, St. Erasmus.«

Ich hielt inne und sah sie an. Ganz offensichtlich fragte sie sich, woher ich das alles wusste. »Ich hab davon im Eagle Annual Comic gelesen, als ich zwölf war.«

»Oh.« Sie war zu jung, um sich an den Eagle zu erinnern, wie ich ihn noch kannte. »Und die Schreie?«

»Frag mich nicht. Vielleicht war es Luft in den Wasserleitungen. Vielleicht hat sich eine Taube in den Speicher verirrt, und die Ratte hat sich auf sie gestürzt.«

»Tauben schreien nicht. Jedenfalls nicht so.«

»Ich weiß. Aber vielleicht war sie eine Ausnahme.«

Wir warteten in der Dunkelheit. Ich hatte mich noch nie so beunruhigt und wehrlos gefühlt. Liz drückte meine Hand, ich drückte ihre, aber ich wusste nicht, was ich machen sollte. Nicht eine Sekunde lang glaubte ich daran, dass sich auf dem Speicher irgendetwas abspielen könnte, das nicht irdischen

Ursprungs war. Es hatte einen Kurzschluss gegeben, die riesige Ratte schrie und tobte. Noch immer glaubte ich nicht, dass dort oben irgendetwas Übernatürliches vorgehen könnte. Ich fand es so schon unheimlich genug, ohne mir auch noch Gedanken darüber zu machen, dass sich die Geschehnisse jeder natürlichen oder vernünftigen Erklärung entziehen könnten.

»Vielleicht solltest du mal nachsehen«, schlug Liz vor.

»Vielleicht sollte ich mal nachsehen?«

»Du bist der Mann.«

»Das liebe ich«, gab ich zurück, während ich noch immer zitterte. »Du bist wie all die anderen Frauen auch, die ich kenne. Du willst nur dann gleichberechtigt sein, wenn es dir gefällt.«

Trotzdem wusste ich, dass ich auf den Speicher gehen musste, um mich dem zu stellen, das oben wütete. Ich konnte angesichts dieser Lichter, der Schreie und des Gepolters nicht einfach zurück ins Bett gehen. Nicht etwa, weil ich nicht hätte schlafen können, sondern weil diese riesige Ratte meine gesamte Arbeit für diesen Sommer gefährdete. Und auch meine Männlichkeit, meine Glaubwürdigkeit als Mann. Liz sollte nicht glauben, dass ich mich fürchtete. Gerade sie sollte das nicht glauben.