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Danny zertrat die Schindeln mit einem Geräusch, das so klang wie der Knorpel, der von Harrys Knochen gerissen wurde.

»Aber ...«, sagte ich dann, »falls du wirklich gehen möchtest.«

Lange Zeit sagte sie nichts. Dann schließlich: »Nein, nein, ich bleibe. Ich kann nicht mein Leben lang vor allem davonlaufen, das mir nicht passt.«

»Hör zu. Ich möchte nicht, dass du hier gezwungenermaßen bleibst. Oder aus Mitleid. Harry Martin wurde das komplette Gesicht weggerissen, also ist irgendetwas da oben auf dem Speicher. Egal, ob es real ist oder nur Einbildung oder was auch immer. Also bleib nicht, weil du Mitleid mit mir hast. Die Welt ist voll von allein stehenden Männern mit siebenjährigen Söhnen.«

»Ich möchte bleiben«, beteuerte sie.

»Nein, das sagst du jetzt nur. Geh! Es ist besser für dich!«

»Hör mal, nur weil ich mit dir letzte Nacht ins Bett gegangen bin ...«

»Das hat damit überhaupt nichts zu tun! Das schwöre ich! Wir waren beide fertig mit der Welt, wir waren müde und wir hatten beide etwas zu viel getrunken.«

»Also, mir hat es gefallen«, sagte sie spitz. »Mir hat es gefallen, und ich möchte mehr. Und darum werde ich bleiben.«

Trotz allem Schrecklichen, das geschehen war, schüttelte ich den Kopf und begann zu lachen. Worüber streiten Menschen, wenn es wirklich darauf ankommt? Liebe, Lust, Unsicherheit, Frustration und Angst. Mein alter Freund

Chris Pert sagte mal, dass ein Mann und eine Frau, die den gleichen Geschmack bei TV-Komödien und bei chinesischem Essen haben, in einer himmlischen Beziehung leben.

»Guck mal, Daddy. Blut«, sagte Danny.

Ich hörte sofort auf zu lachen. Danny stand auf der anderen Seite der Kapelle vor dem Wandgemälde der Frau mit dem roten wallenden Haar. Ich ging zu ihm, Liz folgte mir.

Die Frau zeigte ein exzentrisches Lächeln - freudig erregt, erotisch und eine ganz kleine Spur verrückt. Ihre Augen erschienen mir strahlender als zuvor. Doch das rattenähnliche Ding, das sie wie eine Stola um ihren Hals gelegt trug, machte mir Angst. Die Augen dieses Dings waren hämisch und triumphierend, und aus seinem Maul tropfte Blut.

Vorsichtig berührte ich das Blut mit meiner Fingerspitze.

»liihh«, sagte Liz und rümpfte die Nase.

Ich hob meinen Finger. »Es ist nicht frisch. Es ist nicht mal Blut, es ist bloß Farbe.«

»Die ist aber zuletzt nicht da gewesen«, sagte Danny.

»Nein«, musste ich ihm zustimmen. »Das war sie auch nicht. Vielleicht haben irgendwelche Kinder es aus Spaß hingemalt.«

Liz konnte ihren Blick nicht von der an die Wand gemalten Frau lösen. »Toller Spaß«, gab sie von sich. »Wen stellt das dar?«

»Ich weiß nicht, wir haben es erst gestern entdeckt. Es muss seit Urzeiten von dem Efeu verdeckt gewesen sein.«

Liz näherte sich dem Wandgemälde. »Wie bösartig diese Frau blickt«, flüsterte sie.

Ich schaute sie an. »Wieso sagst du das?«

»Keine Ahnung. Sieh sie dir doch an, sie ist so bösartig! Und dieses entsetzliche Rattending da um ihre Schultern!«

Wir betrachteten das Gemälde und gingen im Kreis durch die Kapelle, weil wir keine Ahnung hatten, was wir machen sollten. Irgendein unwirkliches Phänomen bedrohte uns, das uns im Grunde überhaupt nichts anging. Ich wusste, dass es für uns alle am besten gewesen wäre, unsere Sachen zu packen und mich von den Maklern vor Gericht zerren zu lassen, damit sie das Geld einklagen konnten, das sie mir im Voraus gegeben hatten. Die Tarrants hatten offensichtlich erkannt, dass das Fortyfoot House verflucht war oder dass zumindest irgendetwas mit ihm nicht stimmte. Sie hätten mich nicht einfach mit der Renovierung beauftragen, sondern mich warnen sollen, dass hier Leute verschwanden, dass Leute wahnsinnig geworden waren und dass hier Leute ihr Leben verloren hatten.

Zum Teufel mit ihnen, dachte ich. Ich haue ab.

In dem Moment rief Danny: »Sie ist da, Daddy! Sie ist da! Sweet Emmeline ist da!«

Er stand an dem Fenster der Kapelle und zeigte hinüber in den Garten. Ich lief zu ihm und stellte mich neben ihn.

Er hatte Recht. Das kleine Mädchen in dem langen weiten Kleid lief durch den Garten, nahe der Sonnenuhr. Das Mädchen näherte sich dem Haus, die Küchentür öffnete sich wie aus eigener Kraft. Es war zu weit entfernt, als das ich hätte Einzelheiten hätte erkennen können, doch ich könnte schwören, dass ich etwas Dunkles, Haariges von der Tür forteilen sah, als sich Sweet Emmeline näherte. Vielleicht hatte ich mich aber auch geirrt, vielleicht war es nur Sweet Emmelines Schatten gewesen. Doch Danny stand da und starrte mit offenem Mund aus dem Fenster, und ich wusste, dass er mehr gesehen hatte, als jeder Siebenjährige sehen sollte.

»Jetzt reicht's«, sagte ich zu Liz. »Wir reisen ab. Tut mir Leid, tut mir wirklich Leid. Aber ich weiß nicht, was hier los ist, und ich will es auch gar nicht wissen. Glaubst du, dass du irgendwo unterkommst?«

»Ich schätze schon. Ich werde mich umhören. Aber was werdet ihr machen?«

»Zurück nach Brighton vermutlich. Ich habe Freunde, bei denen wir eine Weile bleiben können. Ich gebe dir meine Adresse.«

»Ich dachte, der Polizeibeamte wollte nicht, dass du die Insel verlässt.«

»Sein Problem. Ich reise ab. Kann ich dich ein Stück mitnehmen? Wie lange brauchst du, um zu packen?«

Wir verließen den Friedhof und ließen das Tor hinter uns offen stehen. Wir überquerten den Bach und gingen zurück zum Haus. Die Wolken zogen sich zusammen, und wenn ihre Schatten über die Spitzen des Dachs und die Schlafzimmerfenster hinwegglitten, wirkte das Haus fast so, als verziehe es missbilligend das Gesicht. Ich spürte, wie mein Herz immer heftiger zu schlagen begann, je näher wir dem Haus kamen. Es verströmte eine solch bösartige Atmosphäre, dass ich kaum noch rational denken konnte. Ich wollte nur unsere Kleidung in den Koffer werfen, in den Wagen steigen und so viel Abstand zwischen das Fortyfoot House und uns bringen, wie es nur möglich war.

Danny zögerte und sah hinüber zum Meer. »Der Strand hat mir gefallen«, sagte er traurig.

Ich legte meine Hände auf seine Schultern. »Ich weiß. Mir auch. Aber wir müssen fort von hier, ich mag diese Geräusche nicht. Und ich mag keine Mädchen mit Würmern im Haar.«

»Was ist mit dem Mann passiert, der Ratten fängt?«, fragte Danny.

»Er hat sich oben auf dem Speicher verletzt. Das ist noch ein Grund, warum ich abreisen möchte. Ich will nicht, dass dir oder Liz oder mir etwas zustößt.«

»Kann ich meine Krebse mitnehmen?«, wollte Danny wissen. Er hatte ein halbes Dutzend kleiner grüner Taschenkrebse in einem Eimer gesammelt, der vor der Küchentür stand.

»Nein, leider nicht. Wir werden bei Mike und Yolanda wohnen, da ist kein Platz für Krebse. Warum bringst du sie nicht zurück zum Strand und veranstaltest ein Wettrennen, welcher von ihnen zuerst das Meer erreicht?«

»Darf ich wenigstens zwei mitnehmen?«

»Nein, die paaren sich und dann hast du tausende von ihnen.«

»Einen? Bitte!«

»Nein, er würde sich einsam fühlen.«

Widerstrebend nahm Danny den Eimer und marschierte in Richtung Strand davon. Mir war es lieber, wenn er nicht im Haus war, während wir packten. Ich hatte in letzter Zeit so häufig Koffer gepackt, dass es zu einem festen Bestandteil meines fehlgeschlagenen Lebens geworden war. Wenn man erst einmal mit dem Packen angefangen hat, findet man kein Ende mehr.