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»Sie und Kezia Mason haben ihn ermordet«, sagte ich mit etwas zittriger Stimme. »Er hatte etwas Besseres verdient, als unter dem Fußboden begraben zu werden.«

»Oh ... etwas Besseres, sagen Sie? Sie meinen, von Taschenkrebsen gefressen zu werden?«

»Taschenkrebse, Würmer, was macht das schon? Wenigstens habe ich für ihn gebetet.«

»Gut für Sie«, sagte der junge Mr. Billings, während er langsam um mich herumging und mich von oben bis unten ansah. »Natürlich hat Ihre barmherzige Tat nichts damit zu tun, dass die Polizei nicht die Leiche von Reverend Pickering in dem Haus finden soll, in dem Sie der einzige denkbare Verdächtige wären.«

»Das vielleicht auch.«

Der junge Mr. Billings hielt inne und sah mich an. »Ich habe zwar meine Seele verkauft, Sir, aber ich bin kein Narr.«

»Das habe ich auch nicht gesagt.«

Eine Weile dachte er nach, dann sagte er: »Was soll ich Ihrer Meinung nach mit Ihnen machen?«

»Mein Sohn wartet auf mich«, erwiderte ich.

»Natürlich. Und Charity wartet auch auf Sie.«

»Brown Jenkin wollte sie töten.«

»Sie müssen mir nicht sagen, was Brown Jenkin will.«

»Haben Sie sich deswegen mit ihm im Garten gestritten?«

Er senkte den Blick. »Sie haben schon so viele genommen. Vermutlich werden Sie es mir nicht glauben, aber es bricht mir das Herz.«

Dieses plötzliche Bedauern kam für mich völlig überraschend. Bislang hatte ich geglaubt, dass der junge Mr. Billings und Brown Jenkin - auch wenn sie vielleicht gar nicht miteinander verwandt waren - Hand in Hand gearbeitet hatten.

»Was haben Sie mit den Kindern gemacht?«, fragte ich ihn. »Doch sicher nicht einfach nur getötet?«

»Natürlich nicht«, entgegnete Billings. »Aber es ist nicht so einfach zu erklären. Es hat mit Dingen zu tun, die die meisten Menschen nur schwer verstehen können. Wie Zeit und Realität. Und auch Moral. Und ob ein Menschenleben mehr wert ist als ein anderes.«

Ich warf einen Blick in Richtung Fortyfoot House. »Kann uns Brown Jenkin hier nicht finden?«

»Warum? Beunruhigt er Sie so sehr?«

»Es wäre eine Untertreibung, wenn ich sagen würde, er verfolgt mich in meinen schlimmsten Albträumen.«

»Nun, vielleicht wird er uns hier finden. Vielleicht auch nicht. Vielleicht muss ich auch nach ihm pfeifen.«

»Was ist er?«, fragte ich.

»Brown Jenkin ist alles, was er zu sein scheint. Ein boshafter kleiner Kerl, ein von Ungeziefer geplagter Nager, ein entsetzlicherjunge. Was Sie in ihm sehen, ist er auch.«

»Woher kommt er? Jemand hat mir erzählt, er sei Ihr Sohn.«

»Mein Sohn? Brown Jenkin? Ich würde mich gekränkt fühlen, wenn es nicht so albern wäre. Nein, Sir, er ist nicht mein Sohn. Er ist irgendwie Kezias Nachkomme, nachdem sie zurückgegangen war zu dieser ... dieser Kreatur Mazurewicz.« Nach dem letzten Wort spuckte er aus und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.

»Was um alles in der Welt geht in diesem Haus vor sich?«, wollte ich wissen. »Seit meiner Ankunft habe ich Geräusche gehört und Lichter gesehen, ich habe Stöhnen gehört, ich habe Brown Jenkin herumlaufen gesehen, zwei unschuldige Menschen sind ermordet worden.«

Billings dachte einen Augenblick lang nach, dann sagte er: »Nein, Sie würden es nicht verstehen.«

»Versuchen Sie es.«

Er begann, hin und her zu laufen. »Ich soll es versuchen? Na gut, wie Sie wollen.« Er blieb abrupt stehen, holte eine Taschenuhr hervor und hielt sie dicht vor sein linkes Auge, um in der Dunkelheit die Zeit erkennen zu können. Auf der Uhr konnte ich für einen Moment eine Gravur sehen, die an einen Tintenfisch erinnerte. »Es ist schon spät. Für den Fall, dass wir gestört werden, möchte ich Ihnen zuerst eine Warnung mit auf den Weg geben.«

»Eine Warnung?«

»Es geht um Ihre Liz. Ihr Mädchen ... das Mädchen, das einmal Ihr Mädchen war.«

»Erzählen Sie«, forderte ich ihn auf. »Was ist mit ihr?«

»Wenn Sie nicht aufpassen, Sir, wird Ihre Liz Ihnen drei Söhne schenken, einen vom Blut, einen von der Saat und einen vom Speichel.«

»Was?«, sagte ich ungläubig. »Wovon reden Sie? Wir wollen überhaupt keine Kinder haben, außerdem nimmt sie die Pille. Sie wissen, was die Pille ist?«

Billings nickte: »Ich weiß einiges über Ihre Zeit.«

»Zumindest hoffe ich, dass sie die Pille nimmt. Ich habe gesehen, wie sie sie schluckt.«

»Es würde nichts ändern«, sagte Billings. »Keine Pille auf der ganzen Welt kann die Zeugung dieser drei Söhne verhindern, mein Freund. Denn diese drei Söhne werden drei in einem sein, die verkehrten drei in einem, die Unselige Dreifaltigkeit. Wenn sie gewachsen sind, werden sie gemeinsam die große Bestie zeugen, und dann wird die Tür zu der Welt geöffnet werden, die einmal war. Alle Vorstellungen der Menschheit von der Hölle werden dann Wirklichkeit werden , hier auf der Erde. In unseren Städten, in unseren Meeren.«

Er klammerte sich an das Geländer, das entlang des Pfads verlief, während ich zu glauben begann, sodass er völlig wahnsinnig sei. Aber er sprach ganz ruhig und gleichmäßig, ohne ein Anzeichen für Hysterie. Außerdem hatte ich schon genug Wahnsinniges in Fortyfoot House erlebt, dass ich wenigstens an ein gewisses Maß Wahrheit in seinen Worten glauben konnte. Wenn ich mit Kindern sprechen konnte, die seit hundert Jahren tot waren, wenn ich eine Ratte gesehen hatte, die sich benahm wie ein Mensch, wenn ich eine Erscheinung sehen konnte, die in den Körper einer schlafenden Frau eindringen konnte - dann konnte ich mir auch anhören, was der junge Mr. Billings zu sagen hatte.

»Was wissen Sie über Frauen, die man Hexen nennt?«, fragte er.

»Hexen?« Ich schüttelte den Kopf. »Nicht viel. Nur das, was ich aus Märchen kenne. Ich glaube, ich habe mal auf BBC 2 eine Sendung zu dem Thema gesehen. Es ging um weiße Hexen, die Torten schweben lassen und Warzen heilen konnten. Aber das ist auch schon alles. Sie konnten nicht auf einem Besen reiten.«

»Ich möchte Ihnen etwas sagen, was Sie glauben können, wenn Sie wollen«, sagte Billings. »Kezia Mason ist das, was Sie als Hexe bezeichnen würden.«

»Ich schätze, dass ich Ihnen das ohne weiteres glauben kann. Ich habe gesehen, wie sie die Wohnzimmertür geschlossen hat, ohne sie anzufassen. Und ich habe gesehen, wie sie Reverend Pickering das Augenlicht geraubt hat.«

»Das war nur ein Bruchteil dessen, wozu sie fähig ist«, erklärte Billings. »Sie ist kein lebendes Wesen so wie wir. Sie ist nicht mal ein Mensch. So wie alle Hexen ist sie ein Wesen aus einer Zeit lange vor der Existenz der Menschheit. Aus den lagen, als die Erde von einer anderen Zivilisation bevölkert wurde. Sie ist ein uralter Geist, wenn das verständlicher ist.«

»Ein Geist? Ein Gespenst?«

»Nein, nein, kein Gespenst. Nicht in dem Sinn, wie Sie es meinen. Mehr wie eine ... eine Seele.«

»Aber ich habe sie gesehen und gespürt. Sie war aus Fleisch und Blut.«

»Das ist richtig. Aber es ist nicht ihr Fleisch und Blut. Nicht mal der Name Kezia Mason gehört ihr. Sie lebt im Körper von Kezia Mason, aber sie ist so etwas wie ein Kuckuck, sie sitzt in einem angenehm warmen Nest aus menschlichem Fleisch. Alles, was einmal Kezia Mason war - ihre Erinnerungen, ihre Gedanken, ihre Persönlichkeit -, wurde aus dem Nest geschmissen wie ein junger Vogel. Wenn Kezia Mason stirbt oder zu alt wird, wird sie sie töten und einen anderen Körper übernehmen. Sie ist ein Parasit, wenn man so will.«

»Wissen Sie was?«, sagte ich kopfschüttelnd. »Ich glaube, einer von uns beiden ist verrückt.«